HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 221
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 253/07, Beschluss v. 22.01.2008, HRRS 2008 Nr. 221
1. Die Revision des Angeklagten K. gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 12. September 2006 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) verworfen, dass
a) der Angeklagte im Tatkomplex II. 2. 6 der Urteilsgründe des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen schuldig ist und
b) er in diesen Fällen jeweils zu Einzelstrafen von einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wird.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freispruch im Übrigen - wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 28 Fällen, wegen unerlaubter Veranstaltung eines Glücksspiels in acht Fällen, wegen Vorteilsgewährung in vier Fällen und wegen Bestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.
Daneben hat es im Hinblick auf die Rauschgifterlöse den Verfall von Wertersatz in Höhe von 76.290 Euro angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts beanstandet, ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts überwiegend unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO und hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg.
1. In den sechs Fällen des Tatkomplexes II. 2. 6 der Urteilsgründe, der sich auf den Tatzeitraum von April bis September 2003 bezieht, hält die Verurteilung des Angeklagten jeweils wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Urteilsfeststellungen belegen lediglich, dass sich der Angeklagte in diesen Fällen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) strafbar gemacht hat.
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass sich der Angeklagte im Februar 1999 mit mindestens zwei weiteren Personen mit dem Ziel des fortgesetzten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Bande verbunden hatte. Nach den Feststellungen bestand diese Bande zunächst aus dem Angeklagten, dem Mitangeklagten O. sowie aus einer weiteren, namentlich nicht benannten Person. Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es einer namentlichen Bestimmung des dritten "Gründungsmitglieds" der Bande nicht. Die im Wesentlichen auf die geständige Einlassung des Angeklagten gestützte Überzeugung des Landgerichts, dass die Bandenabrede mit einer weiteren Person getroffen wurde, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellt es keinen Widerspruch dar, dass sich das Landgericht zwar davon überzeugt hat, dass das dritte Mitglied der Bande aus dem Kreis der Angeklagten stammte, sich auf eine bestimmte Person aus dieser Gruppe aber gleichwohl nicht festlegen konnte.
Spätestens Mitte April 2000 schloss sich der Mitangeklagte D. der Bande an; im März 2001 kam der Mitangeklagte G. als Bandenmitglied hinzu. G. schied jedoch aufgrund seiner Verhaftung am 20. Februar 2002 wieder aus der Bande aus. Auch der Mitangeklagte O. war im Jahr 2003 nicht mehr Bandenmitglied. Das Landgericht hat insoweit aufgrund der durch andere Beweismittel nicht in Frage gestellten Einlassung O. s festgestellt, dass sich O. nach der Festnahme der "Potsdamer Abnehmer" im Jahr 2000 "aus dem Geschäft zurückgezogen hatte" (UA S. 104). Ob es sich bei ihm um das dritte "Gründungsmitglied" der Bande handelte oder ob der Bande eine weitere Person als Mitglied angehörte, blieb ungeklärt.
Für die Zeit ab Februar 2002 belegen die Urteilsgründe damit nur noch eine Bandenabrede zwischen dem Angeklagten und dem Mitangeklagten D. Dies genügt für die Annahme einer Bande, die den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraussetzt (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt [GS] 46, 321, 329 f.), jedoch nicht. Der Angeklagte durfte daher insoweit lediglich wegen sechs Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verurteilt werden.
b) Demgegenüber begegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens in nicht geringer Menge im Fall II. 2. 4 der Urteilsgründe keinen rechtlichen Bedenken. Zwar erstreckte sich auch in diesem Fall das Tatgeschehen, das vom Landgericht rechtsfehlerfrei zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst wurde, über einen Zeitraum, der weit über das Ausscheiden des Mitangeklagten G. - und damit über das Zerfallen der Bande - hinausreichte. Indes wurde der Tatbestand des § 30a BtMG verwirklicht, indem der Rauschgiftvorrat von 3 kg Kokain für die anschließende sukzessive Belieferung des Zeugen B. in Mengen von 50 g noch vor dem Ausscheiden des Mitangeklagten G. angelegt wurde.
2. Der Senat ändert den Schuldspruch im Tatkomplex II. 2. 6 der Urteilsgründe auf unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) in sechs Fällen ab. Er schließt aus, dass ein neuer Tatrichter aufgrund einer erneuten Hauptverhandlung eine Bandenmitgliedschaft des Angeklagten O. oder einer anderen Person im Jahr 2003 noch feststellen könnte. Selbst aus den Angaben des seit September 2000 eingesetzten verdeckten Ermittlers "A. N." ergaben sich keine Hinweise auf eine Bandenmitgliedschaft des Mitangeklagten O. über das Jahr 2000 hinaus (UA S. 204 ff.).
3. Zugleich setzt der Senat die im Tatkomplex II. 2. 6 verhängten Einzelstrafen jeweils auf Freiheitsstrafe von einem Jahr fest; dies entspricht der Untergrenze des Strafrahmens des § 29a Abs. 1 BtMG. Die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Annahme minder schwerer Fälle im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG verneint hat, gelten auch für § 29a Abs. 2 BtMG.
4. Die vom Landgericht gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren bleibt von der Herabsetzung der Einzelfreiheitsstrafen im Tatkomplex II. 2. 6 der Urteilsgründe unberührt. Der Senat schließt ausgehend von der rechtsfehlerfrei gebildeten Einsatzstrafe von acht Jahren Freiheitsstrafe und angesichts des straffen Strafzusammenzugs aus, dass ein neuer Tatrichter eine Gesamtfreiheitsstrafe von unter zwölf Jahren verhängen könnte. Das Landgericht hat in die Gesamtfreiheitsstrafe neben weiteren Freiheitsstrafen allein 21 rechtsfehlerfrei gebildete Einzelfreiheitsstrafen zwischen sieben Jahren sechs Monaten und fünf Jahren fünf Monaten einbezogen.
HRRS-Nummer: HRRS 2008 Nr. 221
Bearbeiter: Karsten Gaede