HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 222
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 467/06, Beschluss v. 01.02.2007, HRRS 2007 Nr. 222
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 10. Juli 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte B. des Subventionsbetrugs in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung schuldig ist;
b) auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 354 Abs. 1a Satz 2, Abs. 1b StPO im Gesamtstrafausspruch dahin geändert, dass der Angeklagte B. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird;
c) die zu den Ziffern 2, 4, 6, 8 und 10 der Anklage verhängten Einzelstrafen entfallen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten B. und die Revision des Angeklagten K. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Jedoch wird die Gebühr, soweit es die Revision des Angeklagten B. betrifft, um ein Viertel ermäßigt. Jeweils ein Viertel der in diesem Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten B. trägt die Staatskasse.
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen "vorsätzlichen Subventionsbetrugs im besonders schweren Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung in jeweils 10 Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten K. und den früheren Mitangeklagten D., der keine Revision eingelegt hat, hat es jeweils wegen leichtfertig begangenen Subventionsbetrugs in zwei Fällen eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verhängt.
Die Revision des Angeklagten B. hat den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Seine weitergehende Revision und die Revision des Angeklagten K. insgesamt sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erlangte der Angeklagte B. unberechtigt Subventionen, wobei er gefälschte Belege für angeblich getätigte Investitionen vorlegte.
Im Zeitraum von November 2001 bis April 2004 stellte der Angeklagte B., um Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erlangen, bei der Bezirksregierung Braunschweig bzw. der Bank in Hannover für fünf verschiedene Firmen jeweils einen sogenannten Finanzierungshilfeantrag, in dem die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter nach Art, Anzahl und Preis detailliert aufgeführt waren. Tatsächlich wollte der Angeklagte B. entgegen seinen Angaben in den Finanzierungshilfeanträgen jedoch keine neuen Wirtschaftsgüter anschaffen, sondern mit den Zuschüssen Finanzierungslücken in den Firmen schließen. Nach Prüfung der Förderungsfähigkeit der angemeldeten Investitionen wurden fünf Bewilligungsbescheide erlassen, in denen Zuschüsse bis zu einer bestimmten Höhe bewilligt wurden. In der Folgezeit reichte der Angeklagte B., um die Finanzierungsmittel abzurufen, sogenannte Mittelanforderungsanträge ein. Diesen Anträgen fügte er, um die angeblich getätigten Investitionen zu belegen, gefälschte Steuerberatertestate bzw. gefälschte Eingangsrechnungen bei. Auf diese Weise erlangte der Angeklagte aufgrund von insgesamt zehn Mittelanforderungsanträgen (jeweils zwei pro Firma) fast 1,28 Mio. Euro an Zuschüssen.
Das Landgericht hat auf die Mittelanforderungsanträge abgestellt und dementsprechend zehn Fälle des Subventionsbetrugs ausgeurteilt, für die es Einzelfreiheitsstrafen von einmal neun Monaten, siebenmal einem Jahr und zweimal einem Jahr neun Monaten verhängt hat.
1. Auf die Sachrüge des Angeklagten B. war der Schuldspruch auf fünf Fälle des Subventionsbetrugs, jeweils in Tateinheit mit Urkundenfälschung abzuändern. Die Annahme von zehn zueinander in Tatmehrheit stehenden Einzeltaten durch das Landgericht ist rechtsfehlerhaft. Der jeweilige Finanzierungshilfeantrag und die dazugehörigen beiden Mittelanforderungsanträge sind eine Tat (§ 52 Abs. 1 StGB) des Subventionsbetrugs (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
a) Ein Anwendungsfall der Bewertungseinheit (sogenannte rechtliche Handlungseinheit) ist auch dann gegeben, wenn mehrere Handlungen im natürlichen Sinn eine sukzessive (fortlaufende) Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen Erfolges darstellen (vgl. dazu Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. Vor § 52 Rdn. 36; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 10 ff.; 18). So liegt es hier. Der Bewilligungsbescheid ist im zweistufigen Subventionsvergabeverfahren die notwendige Zwischenstufe, um die Auszahlung der Geldmittel (regelmäßig das eigentlich vom Antragsteller erstrebte Tatziel) zu erreichen. Auch die einzelnen Handlungsakte, d. h. der auf den Bewilligungsbescheid gerichtete Antrag und derjenige auf Abrufen der Geldmittel, gehören inhaltlich zusammen. Insoweit ist die Rechtslage dem Verhältnis zwischen Eingehungs- und Erfüllungsbetrug vergleichbar, bei dem in bestimmten Konstellationen ebenfalls von einer einheitlichen Tat auszugehen ist (vgl. dazu BGH NStZ 1997, 542, 543 m.w.N.; vgl. auch BGH wistra 2007, 21, 22).
b) Dass der Subventionsbetrug ein verselbstständigtes Tätigkeitsdelikt im Vorfeld des Betrugs ist, der unter anderem in der Vorschrift des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB keinen tatbestandlichen Erfolg voraussetzt (vgl. dazu auch BGHSt 34, 265, 267 f.), steht der Annahme einer Bewertungseinheit nicht entgegen. Denn mit dem Eingang des Finanzierungshilfeantrags bei der Subventionsstelle ist der Subventionsbetrug zwar vollendet, aber noch nicht beendet (Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 264 Rdn. 38; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder aaO § 264 Rdn. 66; Wohlers in MünchKomm-StGB 2003 § 264 Rdn. 116, 117). Dies bedeutet, dass mit dem Eingang des Mittelanforderungsantrags in der Phase zwischen Vollendung und Beendigung der Angriff auf das öffentliche Vermögen als das von § 264 StGB geschützte Rechtsgut lediglich fortgesetzt wird.
Soweit das Oberlandesgericht München (wistra 2006, 275, 276) für die Frage des Beginns der Verjährungsfrist (§ 78a Satz 1 StGB) eine hiervon abweichende Auffassung vertreten hat, ist dem nicht zu folgen. Dass der Subventionsbetrugstatbestand keinen Vermögensschaden voraussetzt, bedeutet nicht zwangsläufig den Abschluss des Subventionsbetrugs mit Eingang der ersten unrichtigen oder unvollständigen Angaben in tatsächlicher Hinsicht. Der Antragsteller hat vor den Auszahlungen auf der Grundlage des ungerechtfertigten Subventionsbescheids sein Vorhaben, Subventionen zu erschleichen, nicht erfolgreich abgeschlossen (vgl. auch § 78a Satz 2 StGB).
Schließlich findet die hiesige Auffassung eine Bestätigung durch die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses des Subventionsbetrugs zum Betrug. Der Tatbestand des § 264 StGB verdrängt auch dann den des § 263 StGB, wenn die ungerechtfertige Subvention tatsächlich gewährt wird und damit das Vermögen der öffentlichen Hand geschädigt ist (BGHSt 44, 233, 243; BGHSt 32, 203, 206 f.). Sollten die Voraussetzungen des Subventionsbetrugs im Einzelfall aber nicht vorliegen, kommt § 263 StGB wieder zur Anwendung (BGHSt 44, 233, 243). Dann kann das Vorliegen von Bewertungseinheit bei mehreren Anträgen in einem einheitlichen Subventionsvergabeverfahren aber nicht anders beurteilt werden als bei dem verdrängten Betrug.
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall von fünf Einzelstrafen.
Indes können die innerhalb eines Subventionsvergabeverfahrens, hier also in Bezug auf die einzelnen Firmen, verhängten jeweils höheren Einzelstrafen bestehen bleiben (§ 354 Abs. 1 StPO).
3. Die nunmehr aus den verbliebenen Einzelfreiheitsstrafen von dreimal einem Jahr und zweimal einem Jahr und neun Monaten zu bildende Gesamtfreiheitsstrafe setzt der Senat, dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend, auf zwei Jahre und sechs Monate herab. Mehr als eine solche geringfügige Sanktionsreduzierung ist bei unverändertem Gesamtschuldgehalt nicht gerechtfertigt.
Der Senat sieht von einer Schuldspruchänderung beim Nichtrevidenten D. ab, dem zwar auch nur eine Subvention, aber mit dem etwas anders gelagerten Vorwurf nur leichtfertiger Begehungsweise angelastet wird.
Eine andere als die verhängte Gesamtstrafe käme bei ihm angesichts des unverändert gebliebenen Schuld- und Unrechtsgehalts der Tat und der Höhe der verhängten beiden Einzelstrafen als Strafe nicht in Betracht.
HRRS-Nummer: HRRS 2007 Nr. 222
Externe Fundstellen: NStZ 2007, 578; StV 2007, 297
Bearbeiter: Karsten Gaede