HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 800
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 364/06, Beschluss v. 07.09.2006, HRRS 2006 Nr. 800
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 30. März 2006 nach § 349 Abs. 4 StPO im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die tateinheitlichen Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen entfallen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägerinnen entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 49 Fällen, davon in 47 Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch bedarf in den Fällen II.3 bis II.49 der Urteilsgründe der Änderung dahin, dass der Angeklagte in diesen Fällen allein des sexuellen Missbrauchs eines Kindes (§ 176 Abs. 1 StGB) schuldig ist.
Die Verurteilung wegen jeweils tateinheitlich verwirklichten sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB) muss entfallen, weil insoweit Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Auch für die letzte vom Angeklagten an seiner jüngeren Tochter begangene Tat ist hinsichtlich des Vergehens eines Missbrauchs von Schutzbefohlenen die fünfjährige Verjährungsfrist (§ 174 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) bereits im März 2002 abgelaufen. Die vom Landgericht vorgenommene Anwendung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3007) geänderten Fassung, nach der die Verjährung auch bei Straftaten nach § 174 StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers ruht, kommt nicht in Betracht, denn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Änderungsgesetzes war die Verjährung bereits eingetreten (vgl. BGHR StGB § 78b Abs. 1 Ruhen 12).
2. Darüber hinaus hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungsschrift keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift der Bundesanwaltschaft Bezug. Mit ihrer Gegenerklärung vom 29. August 2006 deckt die Revision ebenfalls keinen weiteren Rechtsfehler auf.
Auch der Strafausspruch in den Fällen II.3 bis II.49 der Urteilsgründe hat Bestand. Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter in diesen Fällen auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte, wenn er die Verfolgungsverjährung hinsichtlich der Strafbarkeit nach § 174 StGB beachtet hätte. Das Landgericht hat jeweils moderate Strafen verhängt und dabei den Umstand der gleichzeitigen Verwirklichung zweier Delikte nicht strafschärfend herangezogen.
Die Einzelstrafen in den ersten beiden Fällen zum Nachteil der älteren Tochter des Angeklagten sind nicht anders bemessen worden als die Einzelstrafen für die Vergehen zum Nachteil der jüngeren Tochter mit ähnlicher Begehungsweise. Schließlich darf auch die Verwirklichung teilverjährter idealkonkurrierender Delikte strafschärfend berücksichtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2001 - 2 StR 75/01).
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 800
Bearbeiter: Karsten Gaede