HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 340
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 2/06, Beschluss v. 21.02.2006, HRRS 2006 Nr. 340
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm einen weiteren Pflichtverteidiger beizuordnen, wird zurückgewiesen.
2. Unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Augsburg vom 27. Juni 2005 und des Beschlusses des Oberlandesgerichts München vom 11. Oktober 2005 wird der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 26. April 2005 als unzulässig verworfen.
3. Die Revision des Angeklagten gegen das genannte Urteil wird als unzulässig verworfen.
4. Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision zu tragen.
Zu 1.: Umstände, die einen Wechsel in der Pflichtverteidigung oder die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers begründen könnten, sind nicht dargetan.
Zu 2. bis 4.: Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 10. Januar 2006 zutreffend ausgeführt:
"Das Landgericht hat den Angeklagten durch Urteil vom 26. April 2005 wegen Untreue und Umsatzsteuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen diese Verurteilung wandte sich der Angeklagte mit seinem am 9. Mai 2005 beim Landgericht eingegangenen Schreiben vom 4. Mai 2005, welches als Revisionseinlegung anzusehen ist. Den mit weiterem Schriftsatz vom 20. Mai 2005 vom Angeklagten gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Revision hat das Landgericht durch Beschluss vom 27. Juni 2005 als unzulässig verworfen. Seine hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist vom Oberlandesgericht München durch Beschluss vom 11. Oktober 2005 als unzulässig, weil nicht fristgerecht angebracht, verworfen worden.
Die Revision ist unzulässig, weil der Angeklagte nach der Urteilsverkündung wirksam auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Dem Urteil war eine Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung mit dem Ziel einer Verfahrensbeendigung vorausgegangen (Bd. VI Bl. 899 d. SA). Ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung hat der Angeklagte nach Urteilsverkündung und Belehrung, dass es ihm - ungeachtet der Verfahrensabsprache - freistehe, Rechtsmittel einzulegen (vgl. Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005, NJW 2005, 1440), nach Rücksprache mit seinem Verteidiger erklärt, er 'nehme das Urteil an und verzichte auf Rechtsmittel'. Diese Erklärung wurde gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt (Bd. VI Bl. 905 d. SA).
Umstände, die Zweifel an der Wirksamkeit des Verzichts begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Ein solcher wirksamer Verzicht kann grundsätzlich weder widerrufen, wegen Irrtums angefochten noch sonst zurückgenommen werden (vgl. BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 1 m.w.N.; Meyer-Goßner, StPO, 48. Aufl., § 302 Rdn. 21)."
Der unter dem Datum vom 20. Mai 2005 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision ist schon deshalb unzulässig, weil er verspätet (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StPO) gestellt worden ist. Im Übrigen wäre er unbegründet, weil Gründe für eine Wiedereinsetzung nicht vorliegen, wie sich auch aus dem Schriftsatz des Verteidigers vom 9. Februar 2006 ergibt. Zur Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist das Revisionsgericht berufen (§ 46 Abs. 1 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 340
Bearbeiter: Karsten Gaede