Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 118/02, Beschluss v. 14.05.2002, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26. November 2001 nach § 349 Abs, 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist,
b) soweit eine Aussetzung der Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung abgelehnt worden ist.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im übrigen - wegen sieben Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, davon zweimal in nicht geringer Menge, sechsmal in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, in einem Verbrechensfall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Revision, des Angeklagten - die im übrigen unbegründet ist (§ 349 Abs. 2 StPO) - führt zur Urteilsaufhebung, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist. Dies zieht die Aufhebung der negativen Entscheidung über die Strafaussetzung nach sich.
Nach den Urteilsfeststellungen hat der wegen seiner Kokainabhängigkeit möglicherweise erheblich vermindert steuerungsfähige Angeklagte die Taten zur fortdauernden Befriedigung und Finanzierung seiner Sucht begangen. Der Tatrichter hat die negative Prognose des Angeklagten maßgeblich damit begründet, daß dieser seinen Drogenkonsum während laufender Bewährungszeit nicht ernsthaft bekämpft habe; die Strafkammer "ist der Auffassung, daß es bei seinem bisherigen Konsumverhalten allein mit dem Aufhören nicht getan ist, sondern eine ernsthafte Therapie erforderlich wäre" (UA S. 13). Angesichts dieser für sich rechtsfehlerfreien Beurteilung war eine Prüfung und Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB vorlagen, unerläßlich. Dies ist unterblieben, was das Revisionsgericht auch auf die alleinige Revision des Angeklagten - der das Rechtsmittel auch nach entsprechender Rückfrage nicht beschränkt hat - zu beanstanden hat (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO).
Der Strafausspruch bleibt von dem Rechtsfehler unberührt; der Senat kann ausschließen, daß die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe im Falle entsprechender Unterbringung noch milder bemessen worden wären. Indes zieht die Beanstandung der unterbliebenen Unterbringungsentscheidung die Aufhebung der für sich fehlerfrei begründeten negativen Entscheidung zur Strafaussetzung gemäß § 56 StGB nach sich. Die vom neuen Tatrichter mit Hilfe eines Sachverständigen (§ 246a StPO) zu treffende Maßregelentscheidung hängt im vorliegenden Fall wegen der gleichermaßen maßgeblichen Prognose über das künftige Sucht- und Legalverhalten des Angeklagten mit der Bewährungsentscheidung sachlich so eng zusammen, daß eine einheitliche Entscheidungsfindung hierüber zu gewährleisten ist.
Bearbeiter: Karsten Gaede