HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1141
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 340/22, Beschluss v. 10.05.2023, HRRS 2023 Nr. 1141
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 28. April 2022 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen II. 5-13 und II. 20 der Urteilsgründe wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und in den Fällen II. 21-28 der Urteilsgründe wegen Verstoßes gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) in Höhe eines Betrages von 210 € mit Zustimmung des Generalbundesanwalts von der Einziehung abgesehen;
c) das vorbezeichnete Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen sowie der besonders schweren räuberischen Erpressung tateinheitlich begangen mit bewaffnetem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit unerlaubtem Waffenbesitz schuldig ist;
bb) jeweils mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 15 der Urteilsgründe, im Ausspruch über die Gesamtstrafe und im Maßregelausspruch;
cc) im Ausspruch über die Einziehung dahingehend geändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.090 € angeordnet ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „besonders schwerer räuberischer Erpressung, bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Waffenbesitz, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition, und wegen Verstoßes gegen eine Gewaltschutzanordnung in acht Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Zudem hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und einen Vorwegvollzug von zwei Jahren bestimmt. Außerdem hat es die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 8.700 € angeordnet.
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen (Fälle II. 5-13 und Fall II. 20 der Urteilsgründe) sowie hinsichtlich des Verstoßes gegen eine Gewaltschutzanordnung in acht Fällen (Fälle II. 21-28 der Urteilsgründe) aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein.
Aus verfahrensökonomischen Gründen sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts zudem gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO in Höhe von 210 € (Fälle II. 2-4, 17 und 19 der Urteilsgründe) von der Einziehung ab.
2. Die Schuldsprüche in den verbleibenden Fällen II. 1-4, 14 und 17-19 der Urteilsgründe halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Jedoch begegnet die konkurrenzrechtliche Bewertung in den Fällen II. 15 und 16 der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Entgegen der Annahme der Strafkammer liegt nur eine Tat vor.
Insoweit hat das Landgericht folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
a) Am 8. Mai 2021 erwartete der Angeklagte den Geschädigten in seiner Wohnung, um von ihm offene Schulden aus Betäubungsmittelgeschäften in Höhe von 480 € einzutreiben. In Vorbereitung dieses Plans legte er im Wohnzimmer eine Plane, eine Akkusäge, eine Axt, ein „Katanamesser mit stumpfer Klinge“, einen Hammer, einen Teleskopschlagstock sowie eine halbautomatische Kurzwaffe „Walther PPK“, Kal. 7,65 mm, Nr. 873750 bereit, um seiner Geldforderung durch den Einsatz dieser Gegenstände Nachdruck zu verleihen. Als der Geschädigte erschien, leuchtete der Angeklagte ihm im verdunkelten Wohnzimmer mit einer Taschenlampe ins Gesicht und teilte ihm mit, dass er nun „fällig“ sei. Dann fragte er, was mit seinem Geld sei. Der Geschädigte bekundete unter dem Eindruck der Drohung, dass er sofort 200 € zahlen könne, die restlichen 280 € aber erst nach Auszahlung seines nächsten Lohns, wobei er 200 € auf entsprechende Aufforderung des Angeklagten auf den Wohnzimmertisch legte. Der Angeklagte verlangte daraufhin von dem Geschädigten, ihm anstelle der 280 € sein Mobiltelefon „iPhone XS“ auszuhändigen. Dann forderte er den Geschädigten auf, die vorbereitete Plane auszubreiten, sich darauf hinzuknien und seine Zunge herauszustrecken. Sodann packte der Angeklagte die Zunge des Geschädigten mit einer Zange und zog diese noch ein Stück weiter heraus. Dabei nahm er die vorbereitete Säge in Betrieb und kündigte dem Geschädigten zunächst an, ihm die Zunge abzuschneiden. Dann entschloss er sich spontan dazu, dem Geschädigten stattdessen einen Finger abzutrennen. Hierzu zwang er den Zeugen, seine rechte Hand auf einer Platte abzulegen, holte die Axt und setzte zum Schlag an, woraufhin der Geschädigte seine Hand wegzog. Der Angeklagte versetzte ihm daraufhin einen Faustschlag in das Gesicht.
Sodann nahm der Angeklagte das „Katanaschwert“ und hielt dessen Spitze an die Kehle des immer noch auf dem Boden knienden Geschädigten. Als der ebenfalls in der Wohnung anwesende Zeuge Ö. den Angeklagten aufforderte, von dem Geschädigten abzulassen, schlug dieser unbeeindruckt mindestens zwei Mal mit dem Schwert mit voller Kraft auf Rücken und Schulter des Geschädigten ein, wodurch dieser starke Schmerzen und faustgroße Hämatome erlitt. Anschließend holte er die Pistole, zog den Verschluss zurück und hielt sie dem Geschädigten an die rechte Schläfe. Dabei äußerte er nochmals, dass er sein Geld wolle. Nach einer nochmaligen Aufforderung des Zeugen Ö. ließ der Angeklagte von dem Geschädigten ab, der sich sodann aus der Wohnung entfernte und dem Angeklagten wenige Tage später das geforderte Mobiltelefon „iPhone XS“ aushändigte (Fall II. 15 der Urteilsgründe).
Nachdem der Geschädigte die Wohnung des Angeklagten verlassen hatte, befürchtete der Angeklagte Strafverfolgungsmaßnahmen. Um die noch bei ihm vorhandenen Betäubungsmittel und die bei der Tat verwendeten Gegenstände dem von ihm erwarteten Zugriff der Polizei zu entziehen, begab er sich zu den Mülltonnen des gegenüberliegenden Wohnhauses, um Betäubungsmittel und die zur Einschüchterung des Zeugen verwendeten Gegenstände darin zu verstecken. Diese wurden am Folgetag durch Polizeikräfte dort aufgefunden und sichergestellt (Fall II. 16 der Urteilsgründe).
Die Strafkammer hat das Geschehen im Fall II. 15 der Urteilsgründe als besonders schwere räuberische Erpressung, im Fall II. 16 als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Waffenbesitz bewertet.
b) Diese rechtliche Wertung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen liegt neben der von der Strafkammer angenommenen besonders schweren räuberischen Erpressung tateinheitlich nur ein bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie ein unerlaubter Waffenbesitz vor.
Die Beitreibung des Kaufpreises aus einem vorausgegangenen Betäubungsmittelgeschäft unterfällt dem Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2019 - 4 StR 298/19, juris Rn. 3; Beschluss vom 9. September 2015 ? 4 StR 347/15 Rn. 11; Urteil vom 17. Juli 1997 ? 1 StR 791/96, BGHSt 43, 158, 161 f.; Beschluss vom 17. Mai 1996 ? 5 StR 119/96, NStZ-RR 1997, 85, 86). Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG reicht es aus, wenn dem Täter die Schusswaffe oder der gefährliche Gegenstand bei einem Teilakt der auf den Umsatz einer nicht geringen Betäubungsmittelmenge gerichteten Tätigkeit zur Verfügung steht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 ? 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; Urteil vom 12. Januar 2017 ? 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714, 715; Beschluss vom 8. Mai 2019 ? 4 StR 203/19, NStZ-RR 2019, 220, 221). Nicht erforderlich ist, dass der Täter zugleich auf die Schusswaffe oder den gefährlichen Gegenstand und die Betäubungsmittel zugreifen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 1999 ? 3 StR 372/98, NJW 1999, 3206, 3207). Tatbestandlich erfasst werden vielmehr das Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes auch bei Teilakten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, die dem eigentlichen Güterumsatz vorausgehen oder nachfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 - 4 StR 303/19, juris Rn. 5; Beschluss vom 25. Juni 1999 ? 3 StR 372/98 Rn. 12). Die hier vorliegende Teilidentität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und der besonders schweren räuberischen Erpressung führt zur Annahme von Tateinheit gemäß § 52 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2019 - 4 StR 298/19, juris Rn. 3; Beschluss vom 5. Dezember 2017 ? 4 StR 562/17 Rn. 4; Beschluss vom 14. Januar 2015 ? 4 StR 440/14, NStZ-RR 2015, 113 mwN). Danach hat der Angeklagte im Fall II. 15 der Urteilsgründe sich tateinheitlich wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht.
3. Im Hinblick hierauf und mit Blick auf die erfolgten Einstellungen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ändert der Senat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Dies führt zum Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II. 5-13, 20 und 21-28 sowie im Fall II. 16 der Urteilsgründe.
Zudem war der Schuldspruch dahingehend zu berichtigen, dass der Zusatz „unerlaubt“ hinsichtlich sämtlicher abgeurteilter Betäubungsmitteldelikte zu entfallen hatte, da Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ausschließlich den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln betreffen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2021 - 3 StR 19/21, NStZ 2022, 301 mwN).
4. Die Prüfung der Strafaussprüche in den Fällen II. 1-4, 14 und 17-19 der Urteilsgründe hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dagegen kann der Strafausspruch im Fall II. 15 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. Die Ausführungen zur Schuldfähigkeit sind widersprüchlich.
a) Zur Frage der Schuldfähigkeit hat die sachverständig beratene Kammer ausgeführt, dass die Sachverständige zu dem Schluss gekommen sei, dass sich der von dem Angeklagten betriebene schädliche Gebrauch von Amphetamin im Jahr 2020/2021 „in den Bereich einer Abhängigkeit“ entwickelt habe. Diese habe allerdings nicht zu einer schweren sozialen Desintegration geführt. Allerdings lägen im Fall II. 15 der Urteilsgründe Anhaltspunkte für eine Intoxikation zum Tatzeitpunkt vor, die als krankhafte seelische Störung i.S.d. § 20 StGB einzuordnen sein könne. So habe der Zeuge R. angegeben, dass der Angeklagte aggressiv und „psycho“ drauf gewesen sei. Auch der Angeklagte habe angegeben, bereits mehrere Tage wach und unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln gewesen zu sein. Daher habe sich die Frage gestellt, ob eine solche Intoxikation zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit geführt habe. Hiergegen sprächen jedoch die Vorbereitungshandlungen des Angeklagten, die eine gewisse Planungskompetenz voraussetzten. Ihrer Einschätzung nach sei die Steuerungsfähigkeit voll erhalten gewesen. Im Zweifel könne allenfalls von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden. Die Strafkammer ist den „nachvollziehbaren und in sich stimmigen Ausführungen der Sachverständigen nach eingehender Prüfung gefolgt“ und ist auf deren Grundlage zu dem Ergebnis gelangt, dass die „Steuerungsfähigkeit nicht im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war.“
b) Wie die Strafkammer angesichts der Ausführungen der Sachverständigen, wonach im Zweifel von einer verminderten Steuerungsfähigkeit auszugehen sei, den „in sich stimmigen Ausführungen der Sachverständigen nach eingehender Prüfung“ folgend zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass „die Steuerungsfähigkeit nicht im Sinne von § 21 StGB erheblich vermindert war“, erschließt sich nicht.
c) Zudem stützt sich die Strafkammer - wiederum der Sachverständigen folgend ? bei ihrer Ablehnung maßgeblich auf Erwägungen, die bezogen auf die Frage der Steuerungsfähigkeit keine oder nur geringe Aussagekraft besitzen. Soweit für den Erhalt vollständiger Steuerungsfähigkeit angeführt ist, dass der Angeklagte Vorbereitungshandlungen ausgeführt habe, die eine „gewisse Planungskompetenz“ voraussetzten, ist dieser Umstand für die Beeinträchtigung des Steuerungsvermögens von untergeordneter Relevanz (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2022 - 2 StR 378/22, juris Rn. 10 ff.; Beschluss vom 10. Januar 2019 - 1 StR 574/18, NStZ-RR 2019, 168, 169; Beschluss vom 14. Mai 2002 - 5 StR 138/02, NStZ-RR 2002, 230). Denn auch bei geplantem und geordnetem Vorgehen kann die Fähigkeit erheblich eingeschränkt sein, Anreize zu einem bestimmten Verhalten und Hemmungsvermögen gegeneinander abzuwägen und danach den Willensentschluss zu bilden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2022 - 2 StR 378/22, juris Rn. 8; Beschluss vom 30. September 2021 - 5 StR 325/21, NStZ-RR 2022, 7, 8). So lassen sich aus planvollem oder situationsgerechtem Vorgehen, das lediglich die Verwirklichung des Tatvorsatzes darstellt, für sich genommen regelmäßig keine tragfähigen Schlüsse in Bezug auf die Steuerungsfähigkeit des Täters ziehen (BGH, Beschluss vom 23. November 2022 - 2 StR 378/22, juris Rn. 8; Beschluss vom 22. Juni 2021 - 2 StR 168/21, juris Rn. 11). Dieser Umstand belegt nur, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten nicht völlig aufgehoben war; dass die Steuerungsfähigkeit nicht erheblich vermindert gewesen ist, ist hieraus hingegen nicht mit genügender Sicherheit abzuleiten.
d) Zudem hat das Landgericht im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung nicht die Frage erörtert, ob eine Kombinationswirkung des konsumierten Amphetamins mit der narzisstischen Persönlichkeitsstörung die Fähigkeit des Angeklagten, sich in der Tatsituation normgerecht zu verhalten, im Vergleich zu einem voll schuldfähigen Menschen in erheblichem Maße eingeschränkt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2022 - 2 StR 378/22, juris Rn. 11; Beschluss vom 25. Februar 1987 - 2 StR 29/87 und vom 14. Oktober 1987 - 2 StR 511/87, BGHR StGB § 21 Ursachen, mehrere 3 und 5). Vor dem Hintergrund der bei dem Angeklagten festgestellten narzisstischen Persönlichkeitsstörung einerseits und der enthemmenden bzw. stimulierenden Wirkung des Amphetamins andererseits waren nähere Erörterungen zu möglichen Wechselwirkungen hier angezeigt, zumal die Kammer - wiederum der Sachverständigen folgend - an anderer Stelle das Zusammenwirken von Amphetaminkonsum und Persönlichkeitsstörung ausdrücklich gerade für den Bereich zukünftig zu erwartender Gewaltdelinquenz als bedeutsam bewertet hat. Zu etwaigen Auswirkungen auf die Steuerungsfähigkeit verhalten sich die Urteilsgründe nicht, weshalb die Ausführungen insoweit an einem Erörterungsmangel leiden (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2022 - 2 StR 378/22, juris Rn. 12; Beschluss vom 18. Januar 2017 - 2 StR 436/16, NStZ-RR 2017, 167).
e) Der Wegfall der Einsatzstrafe von sechs Jahren Freiheitsstrafe im Fall II. 15 der Urteilsgründe, der Einzelstrafe im Fall II. 16 und der Einzelstrafen in den Fällen II. 5-13 und 20-28 (§ 154 Abs. 2 StPO) entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.
5. Schließlich hält die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Ausführungen sind lückenhaft. Denn das Landgericht hat etwaige prognoseungünstige Faktoren nicht in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2023 - 5 StR 525/22, juris Rn. 19).
a) Nach § 64 Satz 2 StGB darf eine Unterbringungsanordnung nur ergehen, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3 StGB zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. Die Beurteilung der konkreten Erfolgsaussichten bedarf einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände. Dabei sind neben der hier von der Strafkammer herangezogenen Therapiebereitschaft auch etwaige prognoseungünstige Faktoren einzubeziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2021 - 4 StR 506/20 Rn. 10 mwN). Die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung vermag die Prognose eines hinreichend konkreten Therapieerfolgs nicht zu stützen. Notwendig, aber auch ausreichend, ist eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs; einer sicheren oder unbedingten Gewähr bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 2019 - 4 StR 147/19, NStZ-RR 2020, 38 mwN).
b) Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Denn das Landgericht hat prognoseungünstige Umstände nicht erkennbar einbezogen. Insbesondere legt die Strafkammer nicht dar, wie sich die von der Sachverständigen diagnostizierte narzisstische Persönlichkeitsstörung konkret auf die Therapie der Suchterkrankung im Rahmen einer Unterbringung in der Entziehungsanstalt auswirkt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2023 - 5 StR 525/22, juris Rn. 19). Zudem hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten während des Vollzugs der Untersuchungshaft im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussicht der Maßregel nicht in den Blick genommen, wozu vorliegend nach den Urteilsgründen Anlass bestand. Denn der Angeklagte verhielt sich danach im Vollzugsalltag der Untersuchungshaft „manipulativ, betrügerisch und stets bestrebt, sich Vorteile zu verschaffen“. Zudem kam es zu „wiederholten Verstößen gegen die Hausregeln“, die disziplinarisch sanktioniert wurden. Bei Belehrungen habe er sich „unwissend“ gezeigt und habe Ausreden vorgetragen. Diese Umstände hätte das Landgericht im Rahmen der Prognoseentscheidung berücksichtigen müssen. Die Sache bedarf daher auch insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
6. Der Senat hat den Einziehungsbetrag unter Berücksichtigung der Verfahrenseinstellungen nach § 154 Abs. 2 StPO und nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO hinsichtlich der verbleibenden und rechtsfehlerfrei festgestellten Erlöse (Tat II. 1: 1.330 €; Tat II. 14: 1.500 €; Tat II. 15: 200 €, Tat II. 18: 60 €) auf 3.090 € festgesetzt.
HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1141
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede