HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 457
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 493/21, Beschluss v. 02.03.2022, HRRS 2022 Nr. 457
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 1. Juli 2021 im Adhäsionsausspruch aufgehoben, soweit festgestellt ist, dass der Angeklagte der Adhäsionsklägerin jedweden ihr entstandenen und noch entstehenden immateriellen Schaden aus den abgeurteilten Taten zu ersetzen hat; insoweit und im Umfang, in dem das Landgericht den Adhäsionsanträgen nicht entsprochen hat, wird von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abgesehen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es im Adhäsionsverfahren der Nebenklägerin ein Schmerzensgeld zuerkannt und Einstandspflichten des Angeklagten für weitere Schäden festgestellt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 20. Dezember 2021 genannten Gründen keinen Erfolg.
1. Der Adhäsionsausspruch weist einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Der Generalbundesanwalt hat insoweit ausgeführt:
„Hingegen hat die Verpflichtung des Angeklagten, der Adhäsionsklägerin sämtlichen weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, insgesamt zu entfallen. Insoweit genügt das Urteil den bestehenden Begründungsanforderungen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2019 - 3 StR 436/19) nicht. Verlangt der Geschädigte für erlittene Verletzungen ein Schmerzensgeld, so werden nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes davon alle Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden können (st. Rspr; vgl. BGH, aaO; Beschlüsse vom 23. April 2019 - 2 StR 79/19; vom 6. Oktober 2021 - 6 StR 389/21). Die Möglichkeit immaterieller Schäden, die nicht bereits von dem Ausspruch über das Schmerzensgeld umfasst sind, erschließt sich hiernach nicht. Dies gilt nicht nur - wie die Kammer zutreffend erkannt hat (UA S. 21) - für bereits entstandene, sondern auch für künftige immaterielle Schäden. Soweit die Kammer auf die Verstärkung der psychischen Probleme und die konkret geplante weitere Behandlung verwiesen hat (UA S. 21), ist nicht dargetan, dass hierdurch immaterielle Schäden drohen, die nicht bereits von dem Schmerzensgeldausspruch erfasst sind (vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2021 - 4 StR 433/20).“
Dem schließt sich der Senat an. Im Umfang der Aufhebung des Adhäsionsausspruchs ist von einer Entscheidung im Adhäsionsverfahren abzusehen (§ 406 Abs. 1 Satz 3 StPO). Eine Zurückverweisung der Sache nur zur teilweisen Erneuerung des Adhäsionsverfahrens scheidet aus (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 2021 - 4 StR 433/20 Rn. 5 mwN). Soweit bereits das Landgericht hinter den gestellten Adhäsionsanträgen zurückgeblieben ist, holt der Senat zudem die auch insoweit gebotene Entscheidung gemäß § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO nach.
2. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 457
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß