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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 100

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 323/21, Beschluss v. 25.11.2021, HRRS 2022 Nr. 100


BGH 4 StR 323/21 - Beschluss vom 25. November 2021 (LG Paderborn)

Strafrahmenwahl (Bewährungszeit: Beginn der Bewährungszeit); nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe (dem Angeklagten erwachsener Vorteil).

§ 46 StGB; § 56a Abs. 2 Satz 1 StGB; § 55 Abs. 2 StGB

Entscheidungstenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 29. März 2021 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lippstadt vom 8. August 2017 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.

2. Jedoch kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben, weil die Feststellungen den sowohl bei der Rahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne berücksichtigten Strafschärfungsgrund des Bewährungsbruchs nicht tragen. Danach wurde der Angeklagte am 21. Januar 2015 wegen Hausfriedensbruchs unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Lippstadt vom 7. Mai 2014 zu einer Jugendstrafe von acht Monaten mit Bewährung verurteilt; die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, wann das Erkenntnis in Rechtskraft erwuchs mit der Folge, dass die auf zwei Jahre bemessene Bewährungszeit zu laufen begann (vgl. § 56a Abs. 2 Satz 1 StGB). Angesichts der kurz bemessenen Bewährungszeit von zwei Jahren bleibt damit offen, ob der Angeklagte die am 13. März 2017 begangene verfahrensgegenständliche Tat innerhalb der Bewährungszeit begangen hat oder ob diese bereits abgelaufen war.

Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich die Berücksichtigung des Strafschärfungsgrunds des Bewährungsbruchs bei der Rahmenwahl oder der Strafzumessung im engeren Sinne zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2021 ? 4 StR 468/20 Rn. 5; vom 4. März 2003 ? 4 StR 27/03; vom 6. September 2016 ? 3 StR 283/16). Dies zieht die Aufhebung der Strafe sowie die Aufhebung der nachträglich gebildeten Gesamtstrafe nach sich.

3. Der Senat hebt auch die tatsächlichen Feststellungen auf, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatgericht eine in sich stimmige Strafzumessungsentscheidung zu ermöglichen.

Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Dem Angeklagten darf der Vorteil, der ihm durch die entgegen der zwingenden Vorschrift des § 55 Abs. 2 StGB unterbliebene Aufrechterhaltung der in dem einbezogenen Strafbefehl des Amtsgerichts Lippstadt vom 8. August 2017 angeordneten und zum Zeitpunkt der Urteilsfällung noch nicht abgelaufenen Sperrfrist erwachsen ist, nicht mehr genommen werden, da nur er Revision eingelegt hat (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 100

Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß