HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 68
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 246/20, Beschluss v. 01.12.2020, HRRS 2021 Nr. 68
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 7. Februar 2020 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
1. Die Verfahrensrüge, mit welcher die Revision als Verletzung des § 261 StPO beanstandet, die Strafkammer habe im Rahmen ihrer Feststellungen zum Nachtatgeschehen den Wortlaut der Niederschriften der polizeilichen Zeugenvernehmungen der Geschädigten am 24. November 2018 und 20. Februar 2019 verwertet, ohne diese Vernehmungsniederschriften durch Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt zu haben, bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
Der Verstoß gegen § 261 StPO liegt zwar vor. Insbesondere ist entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts sicher auszuschließen, dass der genaue Wortlaut der jeweils mehrseitigen Vernehmungsniederschriften auf Vorhalt durch Bekundungen der Vernehmungsbeamtinnen oder der Geschädigten bei ihren jeweiligen Zeugenvernehmungen zum Gegenstand der Hauptverhandlung geworden sind. Der Senat kann aber ausschließen, dass das Urteil auf dieser Verfahrensverletzung beruht. Das Landgericht hat für seine Konstanzanalyse bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Geschädigten den Inhalt ihrer jeweiligen Aussagen anlässlich der beiden polizeilichen Vernehmungen herangezogen, den es ausweislich der Urteilsgründe durch die glaubhaften Bekundungen der jeweiligen Vernehmungsbeamtinnen in der Hauptverhandlung festgestellt hat. Dem genauen Wortlaut der Vernehmungsniederschriften hat die Strafkammer bei ihrer Überzeugungsbildung an keiner Stelle Bedeutung beigemessen.
2. Die Beweiswürdigung begegnet keinen sachlich-rechtlichen Bedenken. Der Beschwerdeführer führt allerdings zutreffend aus, dass das Landgericht sich mit dem Umstand, dass die Geschädigte bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 24. November 2018 auf Nachfrage ? anders als bei ihrer zweiten polizeilichen Vernehmung und der Aussage in der Hauptverhandlung ? angab, auch der zweite Geschlechtsverkehr sei in „Missionarsstellung“ erfolgt, im Rahmen seiner Beweiserwägungen nicht auseinandergesetzt hat. Darin liegt aber vor dem Hintergrund der Einlassung des Angeklagten, wonach es zweimal zum Geschlechtsverkehr gekommen sei und er die Geschädigte beim zweiten Mal „hart rangenommen“ habe, und angesichts der sorgfältigen Beweiswürdigung der Strafkammer zur Widerlegung der vom Angeklagten behaupteten Einvernehmlichkeit der Sexualkontakte kein durchgreifender Erörterungsmangel.
3. Der Strafausspruch ist ebenfalls rechtsfehlerfrei. Dass das Landgericht das Vortatverhalten des Angeklagten als Ausdruck seiner in der Tat deutlich gewordenen Gesinnung straferschwerend gewertet hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ebenso durfte die Strafkammer die zweimalige ungeschützte Durchführung des Beischlafs strafschärfend berücksichtigen. Dass der Samenerguss in die Scheide der Geschädigten erfolgte, hat das Landgericht weder festgestellt noch ausweislich seiner in den Zumessungserwägungen gewählten Formulierung zum Nachteil des Angeklagten der Strafzumessung zugrunde gelegt.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 68
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner