HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 177
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 224/20, Beschluss v. 08.12.2021, HRRS 2022 Nr. 177
1. Die Revisionen der Nebenkläger gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22. November 2019 werden verworfen, soweit sie zuungunsten des Angeklagten eingelegt worden sind.
2. Auf die Revisionen der Nebenkläger wird das vorbezeichnete Urteil zugunsten des Angeklagten
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung in drei Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt wird;
b) im Ausspruch über die im Fall B.V.-VI. verhängte Einzelstrafe und im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die Nebenkläger haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Teilnahme an einem unerlaubten Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge und schwerer Gesundheitsbeschädigung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Ferner hat es ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von drei Jahren und sechs Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen streben die Nebenkläger unter anderem eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts an. Die zuungunsten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel bleiben insoweit erfolglos. Sie führen jedoch zugunsten des Angeklagten zu einer Änderung des Schuldspruchs und zu einer Teilaufhebung des Strafausspruchs.
Das Landgericht hat, soweit hier von Bedeutung, die folgenden Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte S. war Eigentümer eines Motorrades mit einer Leistung von 100 kW; der Mitangeklagte R. verfügte über einen Pkw mit einer Leistung von 400 PS und einem speziellen Sportfahrwerk. Am 14. Juli 2018 trafen sich beide, um mit ihren Fahrzeugen gemeinsam einen Straßenabschnitt zu befahren, der durch ein abwechslungsreiches Gefälle und einen großen Kurvenreichtum gekennzeichnet ist. Auf der gesamten Strecke existiert nur eine Fahrspur für jede Fahrtrichtung. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 100 km/h, teilweise aber auch auf 60 km/h beschränkt. Beide Angeklagte kamen überein, gemeinsam zwei „Durchgänge“ zu fahren, bei denen dieser Straßenabschnitt jeweils in beide Richtungen (Berg- und Talfahrt) befahren werden sollte. Bei dem ersten „Durchgang“ sollte der Angeklagte mit seinem Motorrad als Führungsfahrzeug vorausfahren und der Mitangeklagte mit seinem Fahrzeug nachfolgen. Der zweite „Durchgang“ sollte in umgekehrter Reihenfolge stattfinden. Ein gegenseitiges Überholen sollte ausgeschlossen sein. Überholungen anderer Verkehrsteilnehmer waren eigenverantwortlich vorzunehmen. Den Angeklagten kam es bei den im Verbund durchzuführenden gemeinsamen Fahrten darauf an, ihre Fahrzeuge auf der anspruchsvollen Strecke in ihrem Fahr- und Beschleunigungsverhalten, insbesondere in Kurven und aus Kurven heraus, zu testen und miteinander zu vergleichen. Zu diesem Zweck sollte das nachfolgende Fahrzeug dicht an dem jeweiligen Führungsfahrzeug bleiben, das die Geschwindigkeit vorgeben sollte. Dabei ging es den Angeklagten darum, gemeinsam möglichst hohe Geschwindigkeiten zu erzielen.
Bei dem ersten „Durchgang“ fuhr der Angeklagte mit seinem Motorrad absprachegemäß voraus und beschleunigte teilweise auf bis zu 160 km/h. Der Mitangeklagte folgte ihm mit seinem Pkw in geringem Abstand nach und versuchte insbesondere in Kurven an dem Angeklagten „dranzubleiben“. Auf der Talfahrt kam es aufgrund des Fahrverhaltens des Mitangeklagten bei einem Überholmanöver und bei der Durchfahrt einer Kurve, in der er aufgrund der von ihm gefahrenen hohen Geschwindigkeit sein Fahrzeug nicht mehr vollständig auf seiner Fahrspur halten konnte, zu kritischen Verkehrssituationen. Ob der Angeklagte diese wahrnahm, hat das Landgericht nicht festzustellen vermocht.
Bei dem sich anschließenden zweiten „Durchgang“ übernahm der Mitangeklagte mit seinem Pkw die Führungsrolle. Auf der Bergfahrt überholte er - dicht gefolgt von dem Angeklagten - mit hoher Geschwindigkeit ein anderes Fahrzeug. Als er an einer Einmündung wiederum auf die Überholspur wechselte, musste der Fahrer eines einbiegenden Fahrzeugs den Einfahrvorgang ruckartig abbrechen, um eine Kollision zu vermeiden. Der mit seinem Motorrad nachfolgende Angeklagte nahm diese Situation als gefährlich wahr. Auch sah er die Möglichkeit, dass sich der Mitangeklagte im weiteren Verlauf des zweiten „Durchgangs“ zu riskanten Überholmanövern und hohen Geschwindigkeiten, insbesondere in Kurven veranlasst sehen würde, um seiner Rolle als Führungsfahrzeug gerecht zu werden. Zudem erkannte er die Möglichkeit, dass es dadurch zu kritischen Verkehrssituationen kommen könnte, in denen sich andere Verkehrsteilnehmer zu Abbrems- und Ausweichmanövern veranlasst sehen, die zu Beschädigungen an den beteiligten Fahrzeugen führen. Hiermit fand er sich ab. Gleichzeitig vertraute er darauf, dass es nicht zu Kollisionen kommen würde. Der Angeklagte und der Mitangeklagte setzten ihre Fahrt in unveränderter Reihenfolge im Verbund fahrend fort.
Bei der Talfahrt des zweiten „Durchgangs“ fuhr der Mitangeklagte erneut mit überhöhter Geschwindigkeit (125,5 km/h) in die Rechtskurve ein, in der er schon im ersten „Durchgang“ die rechte Fahrspur nicht zu halten vermochte. Es kam zu einer Streifkollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug und einer Frontalkollision mit einem weiteren Fahrzeug. Der Fahrer des zweiten Fahrzeugs wurde dadurch getötet; sein mitfahrender Sohn schwer verletzt. Er ist seitdem zu 100 % behindert. Zwei der drei Insassen des ersten Fahrzeugs erlitten ebenfalls Verletzungen. Der Angeklagte erreichte erst wenige Sekunden nach der Kollision die Unfallstelle.
Dem Angeklagten war bei Antritt der Rückfahrt im zweiten „Durchgang“ bekannt, dass ihnen andere Verkehrsteilnehmer mit ihren Fahrzeugen entgegenkommen könnten. Dass es im Fall einer Kollision mit dem Gegenverkehr zu schweren Verletzungen oder zum Tod der Insassen dieser Fahrzeuge kommen könnte, war für ihn vorhersehbar. Der Angeklagte hätte die Kollisionen vermeiden können, wenn er vor Antritt der zweiten Talfahrt dem Mitangeklagten unmissverständlich zu verstehen gegeben hätte, dass man von der gemeinsamen Zielsetzung, Fahrten mit möglichst hohen Geschwindigkeiten durchzuführen, Abstand nehmen und sich wieder an die Regeln des Straßenverkehrs halten solle.
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revisionen der Nebenkläger, mit denen sie eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts bzw. Körperverletzung mit Todesfolge anstreben, bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift angeführten Gründen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Revisionen der Nebenkläger führen jedoch nach § 301 StPO zugunsten des Angeklagten zum Wegfall der Verurteilung wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und schwerer Gesundheitsbeschädigung gemäß § 315d Abs. 2 und Abs. 5 StGB und zu einer sich daraus ergebenden Änderung des Schuldspruchs. Dies hat die Aufhebung der für diese Tat verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe zur Folge.
1. Die Verurteilung wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und schwerer Gesundheitsbeschädigung gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 5 Alt. 1 und 2 StGB hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Allerdings ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte zusammen mit dem Mitangeklagten an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB teilnahm.
(1) Ein Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kraftfahrzeug über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten (BGH, Urteil vom 11. November 2021 - 4 StR 511/20 Rn. 17 mwN). Die besondere Gefährlichkeit von Kraftfahrzeugrennen in all diesen Konstellationen liegt darin, dass es zwischen den konkurrierenden Kraftfahrzeugführern zu einem Kräftemessen im Sinne eines Übertreffenwollens gerade in Bezug auf die gefahrene Geschwindigkeit kommt. Gerade diese Verknüpfung trägt die Gefahr in sich, dass dabei die Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht gelassen, der Verlust von Kontrolle in Kauf genommen und die Aufmerksamkeit auf das Verhalten des Konkurrenten gerichtet wird (BGH, Urteil vom 11. November 2021 - 4 StR 511/20 Rn. 19 mwN).
(2) Diese Voraussetzungen sind nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erfüllt. Sie ergeben in ausreichendem Umfang, dass der Angeklagte und der Mitangeklagte ihre Fahrzeuge auf der dafür ausersehenen Strecke in ihrem Fahr- und Beschleunigungsverhalten, insbesondere in Kurven und aus Kurven heraus, miteinander vergleichen und damit in Bezug hierauf zueinander in Konkurrenz treten wollten. Auch die Durchführung von zwei „Durchgängen“ mit wechselnder Rollenverteilung, wobei das jeweils nachfolgende Fahrzeug dicht an dem die Geschwindigkeit vorgebenden Führungsfahrzeug bleiben sollte, lässt erkennen, dass ein Kräftemessen im Sinne eines Übertreffenwollens auch in Bezug auf die gefahrene Geschwindigkeit ins Auge gefasst war. Das dieser Abrede entsprechende Fahrverhalten, insbesondere des Mitangeklagten bei seinen Versuchen an dem vorausfahrenden Angeklagten „dranzubleiben“, lässt erkennen, dass der Verlust von Kontrolle in Kauf genommen und die Aufmerksamkeit auf das Verhalten des Konkurrenten gerichtet war. Schließlich wollten beide dabei möglichst hohe Geschwindigkeiten erzielen.
b) Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass der Angeklagte den objektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 StGB verwirklicht hat, sodass es für die Annahme der hieran anknüpfenden Erfolgsqualifikation des § 315d Abs. 5 StGB (vgl. dazu Ernemann in SSW-StGB, 5. Aufl., § 315d Rn. 20 mwN) bereits an der Grundlage fehlt.
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats erfüllt ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB den als eigenhändiges Delikt ausgestalteten Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Eine mittäterschaftliche Zurechnung des Rennverhaltens der anderen Rennteilnehmer und sich allein daraus ergebender konkreter Gefahren scheidet aus. Allerdings kann eine Nebentäterschaft vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt aber voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (BGH, Urteil vom 11. November 2021 - 4 StR 511/20 Rn. 26 mwN).
(2) Diese (objektiven) Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
(a) Die Strafkammer, der die neuere Rechtsprechung des Senats noch nicht bekannt sein konnte, hat angenommen, dass der Angeklagte als „mittelbarer Verursacher“ für die eingetretenen objektiven Gefährdungserfolge einstehen müsse, weil er durch die mit dem Mitangeklagten vorab getroffene Rennabrede und deren Umsetzung bei den nachfolgenden Fahrten eine Ursache hierfür gesetzt habe. Da sich der Mitangeklagte als Lenker des Führungsfahrzeugs im zweiten „Durchgang“ an den Tempovorgaben des Angeklagten im ersten „Durchgang“ orientiert habe, habe die von ihm im ersten „Durchgang“ an den Tag gelegte Fahrweise bis zum Eintritt der beiden Kollisionen im zweiten „Durchgang“ fortgewirkt.
(b) Mit diesen Erwägungen lässt sich eine Erfüllung des objektiven Tatbestands des § 315d Abs. 2 StGB nicht begründen. Die Beteiligung an der Rennabrede reicht dafür schon deshalb nicht aus, weil darin noch kein Fahrverhalten im Sinne dieser Vorschrift liegt. Das dem Angeklagten darüber hinaus angelastete Verhalten als Fahrzeugführer während des ersten „Durchgangs“ fand in einer anderen Rennsituation statt und kommt deshalb als Tathandlung des Qualifikationstatbestands ebenfalls nicht in Betracht. Dass der Angeklagte ? worauf es allein ankommt ? auch in der konkreten riskanten Rennsituation durch sein eigenes Fahrverhalten einen Verursachungsbeitrag zu der von dem Mitangeklagten herbeigeführten Kollision mit den Fahrzeugen der Geschädigten leistete, kann den Urteilsgründen dagegen nicht entnommen werden. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass er den Mitangeklagten vor dessen Einfahrt in die Kurve durch ein bedrängendes Auffahren angetrieben hat. Vielmehr erreichte er die Unfallstelle nach den Feststellungen erst „wenige Sekunden nach der Kollision“.
c) Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Erfolgsqualifikation des § 315d Abs. 5 StGB in allen ihren Varianten überhaupt in Betracht kommen kann, wenn der Täter bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 315d Abs. 2 StGB - wie hier von der Strafkammer angenommen - nur in Bezug auf die Gefährdung von fremden Sachen von bedeutendem Wert, nicht aber hinsichtlich der Gefährdung von Leib und Leben anderer Menschen mit einem entsprechenden Gefährdungsvorsatz gehandelt hat. Der Senat neigt zu der Annahme, dass der Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen § 315d Abs. 2 und 5 StGB verlangt, dass sich im qualifizierenden Erfolg auch gerade der vorsätzlich herbeigeführte konkrete Gefahrerfolg niederschlägt (vgl. dazu Rengier in Festschrift für Kindhäuser, 2019, S. 779, 786 ff.). Dies ist aber in Bezug auf die Erfolgsqualifikation des Todes eines anderen Menschen gemäß § 315d Abs. 5 Var. 1 StGB nur dann der Fall, wenn der Täter bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 315d Abs. 2 StGB auch im Hinblick auf die Gefährdung des Lebens anderer Menschen vorsätzlich gehandelt hat. Die Erfolgsqualifikationen der schweren Gesundheitsbeschädigung und der Gesundheitsbeschädigung einer großen Zahl von Menschen (§ 315d Abs. 5 Alt. 2 und 3 StGB) kommen danach nur dann in Betracht, wenn ein Vorsatz wenigstens in Bezug auf die Herbeiführung einer Leibesgefahr im Sinne des § 315d Abs. 2 StGB festgestellt ist.
2. Der Senat ändert den Schuldspruch in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst ab, weil auszuschließen ist, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die in objektiver Hinsicht eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 315d Abs. 2 StGB durch den Angeklagten belegen.
Der Wegfall der Verurteilung nach § 315d Abs. 2 und 5 StGB hat zur Folge, dass die durch die von der Strafkammer angenommenen Tatbestandsvarianten Tod eines anderen Menschen und schwere Gesundheitsbeschädigung eines anderen Menschen verdrängten Tatbestände der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) und der fahrlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB) zum Nachteil der Insassen des zweiten Fahrzeugs in den Schuldspruch aufzunehmen sind. Die entsprechenden tatbestandlichen Voraussetzungen hat die Strafkammer auch in Bezug auf den Angeklagten zu Recht bejaht, denn bereits seine Rennteilnahme verstieß gegen § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB und war damit objektiv pflichtwidrig. Durch diese Pflichtverletzung sind auch der Tod und die schweren Verletzungen der beiden Insassen verursacht worden, da bereits die Durchführung des Rennens hierfür kausal war. Der erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Rennteilnahme als der pflichtwidrigen Tathandlung und dem tatbestandlichen Erfolg wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die tödliche Kollision unmittelbar durch das Fahrverhalten des Mitangeklagten herbeigeführt worden ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. November 2021 - 4 StR 511/20 Rn. 58; Urteil vom 20. November 2008 ? 4 StR 328/08, BGHSt 53, 55 Rn. 19).
3. Die Schuldspruchänderung hat die Aufhebung der für diese Tat verhängten Einzelstrafe von vier Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe und der Gesamtstrafe zur Folge. Insoweit bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird auch die Frage einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung im Revisionsverfahren in den Blick zu nehmen sein. Der Maßregelausspruch kann bestehen bleiben.
4. Der Senat kann die gebotene Schuldspruchänderung und die Teilaufhebung des Strafausspruchs im Beschlusswege nach § 349 Abs. 4, § 354 Abs. 1 StPO analog auch auf die Revision der Nebenkläger hin vornehmen, denn der Angeklagte wird dadurch nicht beschwert (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 1995 - 2 StR 394/95, NStZ-RR 1996, 130; Wiedner in BeckOK-StPO, 41. Edition, § 349 Rn. 52 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 20. Juli 2021 - 4 StR 31/21 Rn. 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und 3 StPO. Da das Urteil nach § 301 StPO zugunsten des Angeklagten abgeändert worden ist, steht fest, dass die Revision der Nebenkläger erfolglos im Sinne des § 473 Abs. 1 StPO bleibt. Es besteht deshalb kein Anlass, die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels dem Tatgericht zu überlassen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1987 - 1 StR 731/86; BayObLG, Urteil vom 11. März 1959 ? RReg. 1 St 842/58, NJW 1959, 1236, 1237).
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 177
Externe Fundstellen: StV 2022, 446
Bearbeiter: Karsten Gaede/Julia Heß