HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 63
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 214/20, Beschluss v. 20.10.2020, HRRS 2021 Nr. 63
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 5. Februar 2020
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des schweren Raubes und des versuchten Diebstahls schuldig ist;
b) aufgehoben im Ausspruch über aa) die Strafe im Fall II.1. der Urteilsgründe, bb) die Gesamtstrafe, cc) die Einziehung des Kraftfahrzeugs Mercedes Benz CLS; die jeweils zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlichen schweren Raubes in Tatmehrheit mit gemeinschaftlichen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall“ unter Einbeziehung der Strafen aus drei Vorverurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es in der Schweiz vollzogene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 angerechnet und neben weiteren Gegenständen einen PKW Mercedes Benz CLS eingezogen. Schließlich hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 9.804,84 € bei gesamtschuldnerischer Haftung angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Der Senat hat den Schuldspruch berichtigt; in die Urteilsformel ist nicht aufzunehmen, ob der Angeklagte als Alleintäter oder als Mittäter gehandelt hat und ob die Tat wegen Vorliegens eines gesetzlichen Regelbeispiels als besonders schwerer Fall einzuordnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2009 - 3 StR 128/09, NStZ-RR 2009, 248; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 260 Rn. 24 mwN).
2. Die Einzelstrafe im Fall II.1. der Urteilsgründe und die Gesamtstrafe können nicht bestehen bleiben. Denn das Landgericht hat nicht bedacht, dass dem Angeklagten mit der Einziehung des Mercedes Benz CLS möglicherweise ein ihm gehörender Gegenstand von erheblichem Wert entzogen worden und dies bei Festsetzung der Einzelstrafe sowie der Gesamtstrafe strafmildernd zu berücksichtigen ist. Dies entzieht auch der Gesamtstrafe sowie der Einziehungsentscheidung die Grundlage.
a) Das Landgericht hat die Einziehung des zur Tatbegehung im Fall II.1. der Urteilsgründe verwendeten Kraftfahrzeugs rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 StGB gestützt. Eine Maßnahme nach dieser Vorschrift hat indes den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526 und vom 12. März 2013 - 2 StR 43/13, StV 2013, 565). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb als ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege der Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2020 - 4 StR 525/19, NStZ 2020, 407, 408; vom 5. November 2019 - 2 StR 447/19, StV 2020, 232; vom 3. Mai 2018 - 3 StR 8/18, NStZ 2018, 526). Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Den Wert des Fahrzeugs hat es nicht festgestellt. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Beachtung dieser Grundsätze die Einzelstrafe im Fall II.1. der Urteilsgründe und die Gesamtstrafe milder bemessen hätte.
b) Dies zieht auch die Aufhebung der für sich genommen rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung nach sich, denn diese steht mit der Bemessung der Strafe in einem untrennbaren inneren Zusammenhang (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2018 - 4 StR 332/18, NStZ-RR 2019, 88).
c) Die den aufgehobenen Aussprüchen jeweils zugrundeliegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs zu treffen haben.
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Die Urteilsgründe ergeben nicht, ob die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Duderstadt vom 19. März 2019 gemäß § 55 StGB zu Recht in die Gesamtstrafe einbezogen worden ist, weil Feststellungen zum Zeitpunkt der Tat, des Eintritts der Rechtskraft und zum Vollstreckungsstand fehlen. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird Gelegenheit haben, dies nachzuholen. Dabei wird auch das Verbot der reformatio in peius zu beachten sein; dem Angeklagten darf ein in der nachträglichen Gesamtstrafenbildung des angegriffenen Urteils liegender Vorteil nicht mehr genommen werden (§ 358 Nr. 2 StPO). Eine auf § 55 Abs. 2 StGB gestützte Anordnung der Aufrechterhaltung der im Urteil des Amtsgerichts Göttingen vom 28. Dezember 2018 angeordneten Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, die im Zeitpunkt des Urteils noch nicht abgelaufen war, kommt daher nicht mehr in Betracht.
4. Der Senat sieht mit Blick auf die in den Urteilsgründen enthaltene Beweiserwägung, am Tatfahrzeug habe sich „DNA des Angeklagten sicherstellen“ lassen, Anlass zu dem Hinweis, dass dies den Anforderungen, die an die Darlegung der Ergebnisse von DNA-Gutachten zu stellen sind (vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. November 2019 - 4 StR 318/19, NJW 2020, 350), nicht genügt.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 63
Externe Fundstellen: StV 2021, 714
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner