HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 60
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 118/20, Beschluss v. 18.11.2020, HRRS 2021 Nr. 60
1. Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 26. Juli 2019 mit (weiteren) Verfahrensrügen durch Rechtsanwalt W. wird als unzulässig verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
1. Der von Rechtsanwalt W. gestellte Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten vom 14. Januar 2020 ist unzulässig, da die Nachholung der versäumten Handlung entgegen § 45 Abs. 2 Satz 2 StPO unterblieben ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 45 Rn. 11). Der Antragsteller macht geltend, gehindert gewesen zu sein, rechtzeitig (weitere) Verfahrensrügen zu erheben, weil das Landgericht Rechtsanwalt W. vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist keine Einsicht in das Hauptverhandlungsprotokoll gewährt habe. Ausweislich der Akten wurde Rechtsanwalt W. nach Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags vom 14. Januar 2020 gemäß Verfügung der Strafkammervorsitzenden vom 20. Januar 2020 antragsgemäß eine Abschrift des Protokolls übersandt. Indes hat der Antragsteller die versäumte Handlung nach Wegfall des Hindernisses nicht nachgeholt, denn er hat weder die bereits erhobenen Verfahrensrügen ergänzt noch weitere Verfahrensrügen angebracht.
Soweit sich der Wiedereinsetzungsantrag auch auf den verspäteten Eingang der Revisionsbegründungsschrift vom 13. Januar 2020 beziehen sollte, sind zu den Umständen ihrer verzögerten Übermittlung durch Telefax keine näheren Tatsachen mitgeteilt, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten. Auch dies führt zur Unzulässigkeit des Antrags (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2017 - 2 StR 129/17).
2. Die durch den weiteren Verteidiger, Rechtsanwalt K., erhobene Verfahrensrüge, eine beisitzende Richterin habe an der Hauptverhandlung mitgewirkt, obwohl sie an mehreren Tagen hierzu aufgrund einer Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, ist nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Denn bereits nähere Tatsachen zu einer Verhandlungsunfähigkeit der Richterin (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1971 - 3 StR 337/68) teilt die Revision nicht mit; die bloße Dienstunfähigkeit erfüllt das Merkmal nicht. Überdies hat es die Revision versäumt, die dienstliche Stellungnahme der Richterin vom 10. Dezember 2018 vorzulegen, derzufolge sie trotz Dienstunfähigkeit jedenfalls einen Verhandlungstag wöchentlich wahrnehmen konnte.
3. Die weitere Verfahrensrüge Rechtsanwalt K. s, die sich zu den Unterbrechungen der Hauptverhandlung verhält, ist ebenfalls gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig, da sie nicht erkennen lässt, welcher Rechtsfehler (Überschreitung der Unterbrechungsfristen des § 229 StPO, Verletzung des strafprozessualen Konzentrationsgrundsatzes unabhängig von Fristüberschreitungen, Verletzung des Beschleunigungsgebots) gerügt werden soll.
HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 60
Externe Fundstellen: BGHSt 65, 198; NJW 2021, 959; StV 2021, 771
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner