HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 578
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 475/19, Beschluss v. 07.04.2020, HRRS 2020 Nr. 578
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 22. März 2019 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Im Hinblick auf die vom Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt T. aus I., erhobene Beweisantragsrüge kann der Senat offenlassen, ob er der Begründung des Generalbundesanwalts zur Frage der Zulässigkeit der Verfahrensrüge in jeder Hinsicht folgen könnte und die zur Begründung der Verfahrensrüge vorgelegten Unterlagen aus den in der Antragsschrift genannten Gründen einem Beweisverwendungs- und Verwertungsverbot unterliegen. Allerdings erscheint die Vorlage des vollständigen Akteninhalts anderer Strafverfahren einschließlich der vollständigen Gutachten zur Glaubhaftigkeitsbeurteilung der jeweiligen Tatopfer mit Blick auf § 203 StGB bedenklich. Die Frage bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil die Verfahrensrüge aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen jedenfalls offensichtlich unbegründet ist.
Auch der Strafausspruch begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar hat das Schwurgericht im Rahmen der Strafzumessung sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der Strafzumessung im engeren Sinne strafschärfend berücksichtigt, dass der bereits wegen Körperverletzungsdelikten vorbestrafte Angeklagte eine längere Jugendhaft verbüßt hat, aus der er „erst am 25.01.2018 und damit gut vier Monate vor der verfahrensgegenständlichen Tat entlassen“ worden sei. Tatsächlich wurde der Angeklagte - worauf die Revision zutreffend hinweist - nach den Feststellungen am 25. Januar 2016 aus dem Strafvollzug entlassen und stand nach Vollverbüßung der Freiheitsstrafe unter Führungsaufsicht, die am 25. Januar 2018 und damit wenige Monate vor der verfahrensgegenständlichen Tat endete. Der Senat vermag jedoch angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls - der Angeklagte beging die Tat wenige Monate nach dem Ende der Führungsaufsicht und nur wenige Wochen nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft in einem neuen Strafverfahren mit einer Pistole, die er bei einem Verwandtenbesuch ersichtlich unerlaubt bei sich führte, um sie dem von ihm befürchteten Zugriff der ermittelnden Beamten in diesem Verfahren zu entziehen - auszuschließen, dass das Schwurgericht dem strafschärfenden Gesichtspunkt der Rückfallgeschwindigkeit (zur Bedeutung hoher Rückfallgeschwindigkeit als Strafschärfungsgrund vgl. nur BGH, Urteil vom 4. April 2019 - 3 StR 31/19, NStZ-RR 2019, 227, 228; Schäfer/Sander/ van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 657) ein geringeres Gewicht beigemessen und auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte.
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 578
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner