HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 201
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 303/18, Beschluss v. 18.12.2018, HRRS 2019 Nr. 201
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 3. April 2018 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner allgemein auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2. Hingegen hat der Strafausspruch keinen Bestand.
Das Landgericht hat bei der Prüfung eines minder schweren Falls der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB zum Nachteil des Angeklagten in Ansatz gebracht, er habe das Tatwerkzeug - ein Hackebeil - bewusst aus seiner Wohnung geholt, um mit diesem bewaffnet die Auseinandersetzung mit dem Geschädigten fortzusetzen. Damit hat die Strafkammer zu seinen Ungunsten einen Umstand - die Begehung der Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs - berücksichtigt, der Merkmal des gesetzlichen Tatbestands der von ihr angenommenen Strafvorschrift nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist; dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB.
Zwar ist die Strafkammer letztlich vom Vorliegen eines minder schweren Falls nach § 224 Abs. 1 Hs. 2 StGB ausgegangen, dies aber nur unter zusätzlicher Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler bereits aufgrund der allgemeinen Strafzumessungserwägungen zur Annahme eines minder schweren Falls gekommen wäre; in diesem Fall hätte der vertypte Strafmilderungsgrund des § 21 StGB noch für eine mögliche Strafrahmenverschiebung gemäß § 49 Abs. 1 StGB zur Verfügung gestanden.
Da es sich lediglich um einen Wertungsfehler handelt, können die dem Strafausspruch zugrunde liegenden Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die zu den bereits getroffenen nicht in Widerspruch treten dürfen, sind möglich.
3. Die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus weist keinen Rechtsfehler auf.
4. Auch die Einziehungsentscheidung hat im Ergebnis Bestand. Zwar ist das Tatgericht grundsätzlich gehalten, den einzuziehenden Gegenstand in der Entscheidungsformel konkret zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - 1 StR 474/14, StraFo 2015, 22 mwN), woran es hier fehlt, da das Landgericht lediglich die Einziehung des „Tatwerkzeugs“ angeordnet hat. Vorliegend lässt sich aber den Gründen des angefochtenen Urteils eindeutig entnehmen, dass es sich bei dem Einziehungsgegenstand um das von dem Angeklagten bei der Tat verwendete Hackebeil handelt.
5. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass in Fällen, in denen aufgrund besonderer Umstände - etwa verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB - sowohl eine Strafrahmenverschiebung als auch die Annahme eines minder schweren Falls möglich ist, die Urteilsgründe erkennen lassen müssen, dass sich das Tatgericht zweier unterschiedlicher Strafrahmen bewusst war (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 1987 - 3 StR 341/87, StV 1988, 385; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 50 Rn. 5).
HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 201
Bearbeiter: Karsten Gaede/Marc-Philipp Bittner