HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 405
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 421/13, Beschluss v. 14.01.2014, HRRS 2014 Nr. 405
1. Auf die Revision des Angeklagten S. gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 16. Mai 2013 wird das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall III. 67 der Urteilsgründe wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
2. Die Urteilsformel wird für beide Angeklagten dahin klargestellt und neu gefasst:
Der Angeklagte S. wird wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, erpresserischem Menschenraub und schwerer räuberischer Erpressung, sowie wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 7. September 2012 (31 Ns 99/12), nach Auflösung der dortigen Gesamtstrafe, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten und wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Der Angeklagte F. wird wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 49 Fällen, davon in 17 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in einem Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, erpresserischem Menschenraub und schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verurteilt.
Die Unterbringung der Angeklagten F. und S. in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet.
Insoweit wird betreffend den Angeklagten F. ein Vorwegvollzug von einem Jahr und acht Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe und betreffend den Angeklagten S. ein Vorwegvollzug von einem Jahr und elf Monaten der Gesamtfreiheitsstrafe angeordnet.
Gegen den Angeklagten F. wird wegen eines Betrages von 55.000 € und gegen den Angeklagten S. wegen eines Betrages von 15.000 € der Verfall von Wertersatz angeordnet.
3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
4. Der Angeklagte F. hat die Kosten, der Angeklagte S. die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen, wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, erpresserischem Menschenraub und schwerer räuberischer Erpressung sowie wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 7. September 2012, Az. 31 Ns 99/12, nach Auflösung der dortigen Gesamtfreiheitsstrafe, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten und ferner wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten F. hat es wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 48 Fällen, davon in 17 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge "sowie in einem Fall davon" in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, erpresserischem Menschenraub und schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verurteilt. Es hat ferner die Unterbringung beider Angeklagter in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass beim Angeklagten 1 F. ein Jahr und acht Monate und beim Angeklagten S. ein Jahr und elf Monate der verhängten Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen sind. Außerdem hat das Landgericht den Verfall von Wertersatz angeordnet, gegen den Angeklagten F. wegen eines Betrages von 55.000 € und gegen den Angeklagten S. wegen eines Betrages von 15.000 €.
Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
Zur Revision des Angeklagten S. :
1. Der Senat hat das Verfahren im Fall III. 67 der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die vom Landgericht insoweit getroffenen Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte unerlaubt Betäubungsmittel in nicht geringer Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG besessen hat. Danach warf der Angeklagte die von einer Haschischplantage abgeernteten und zum Eigenkonsum bestimmten 800 g Marihuana in den Müll, nachdem er deren schlechte Qualität festgestellt hatte. Die Wertung der Strafkammer, bei der Ernte von insgesamt 800 g Marihuana sei trotz der schlechten Qualität die Grenze zur nicht geringen Menge von 7,5 g THC "ohne Weiteres überschritten", ist nicht mit ausreichenden Tatsachen belegt. Eine Zurückverweisung zu weiterer Sachaufklärung ist mit Rücksicht darauf, dass die Betäubungsmittel nicht mehr für eine Untersuchung zur Verfügung stehen, und auf die nur geringe Bedeutung dieser Einzeltat nicht veranlasst.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten S. ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. In Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt vermag der Senat auch auszuschließen, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der Vielzahl und der Summe der verbleibenden Einzelstrafen eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte, wenn die durch die Verfahrensbeschränkung in Wegfall geratene Einzelstrafe bei der Bildung der Gesamtstrafe nicht einzubeziehen gewesen wäre.
Zur Revision des Angeklagten F. :
Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer geringfügigen, aus der Beschlussformel ersichtlichen Richtigstellung des Schuldspruchs hinsichtlich der Zahl der abgeurteilten Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Soweit die Strafkammer in der rechtlichen Würdigung ausgeführt hat, der Angeklagte F. habe sich im Fall III. 60 der Urteilsgründe u.a. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht, handelt es sich unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe und im Hinblick darauf, dass die Strafkammer bei der rechtlichen Würdigung dieses Tatgeschehens die Vorschrift des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (und nicht § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) zitiert, ersichtlich um ein Versehen. Nach den Feststellungen zu den Fällen III. 44 - 59 der Urteilsgründe verbrachte der gesondert verfolgte I. u.a. "am 23. Juni 2012 oder unmittelbar davor" 10 kg Marihuana aus den Niederlanden in die Wohnung des Angeklagten F. (UA 34 unten). Im Rahmen der Feststellungen zum Fall III. 60 nimmt die Strafkammer auf diese Lieferung Bezug, indem sie ausführt, am 23. Juni 2012 sei der Angeklagte F. im Besitz von unmittelbar zuvor durch I. eingeführten 10 kg Marihuana gewesen (UA 36). Den Angeklagten S. hat es insoweit wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt und damit ersichtlich dessen Mithilfe bei der Wiederbeschaffung dieser später entwendeten Betäubungsmittel abgeurteilt. Im Hinblick auf den Angeklagten F. stellt sich die Tat im Fall III. 60 daher als - im Verhältnis zur vorherigen Einfuhr aus den Niederlanden rechtlich selbständiges (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 258 f.) - täterschaftliches unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch deren gewaltsame Wiederbeschaffung dar. Da die Strafkammer dies ersichtlich auch ihrer Strafzumessung zu Grunde gelegt und den Strafrahmen im Fall III. 60 rechtsfehlerfrei den tateinheitlich verwirklichten Delikten der §§ 250 Abs. 2 Nr. 1, 253 Abs. 1 und 2, 255 StGB bzw. § 239a Abs. 1 Fall 2 StGB entnommen hat, bleibt der Strafausspruch von dem Versehen unberührt.
2. Im Übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Dass das Landgericht ihn im Fall III. 61 der Urteilsgründe lediglich wegen einer Tat der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 25 Abs. 2, § 52 StGB) verurteilt hat, obwohl bei einer Wohnungsdurchsuchung am 26. September 2012 nicht nur die an diesem Tag aus den Niederlanden eingeführten 10 kg Marihuana sichergestellt wurden, sondern auch weitere, kurz davor eingeführte 17.609,82 g, beschwert ihn nicht.
Der Senat hat die Urteilsformel aus Gründen der Klarstellung für beide Angeklagten neu gefasst.
HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 405
Bearbeiter: Karsten Gaede und Christoph Henckel