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HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 436

Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 629/11, Urteil v. 08.03.2012, HRRS 2012 Nr. 436


BGH 4 StR 629/11 - Urteil vom 8. März 2012 (LG Münster)

Gewerbsmäßige Hehlerei (Drittverschaffung); Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts (Tatort bei Mittäterschaft); Anforderungen an die Urteilsgründe (Beweiswürdigung; Überprüfbarkeit auf Rechtsfehler; Bezugnahmen auf Urteile); Umfang der Urteilsaufhebung.

§ 259 StGB; § 260 StGB; § 246 StGB; § 263 StGB; § 25 Abs. 2 StGB; § 7 StGB; § 9 Abs. 1 StGB; § 353 StPO

Leitsätze des Bearbeiters

1. Das Tatobjekt der Hehlerei wird einem Dritten verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht - und zwar auch nicht übergangsweise (sonst Sich-Verschaffen) - auf den Täter übergeht, sondern durch das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird oder der Täter das Hehlgut, ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt.

2. Ein Tatort der Hehlerei kann auch dann in Deutschland liegen, wenn hier vorgenommene Handlungen des Angeklagten das Versuchsstadium erreichten. Hierfür könnte eine verbindliche Vereinbarung über den Ankauf und die Abnahme der vom Vortäter bereits rechtswidrig erlangten Fahrzeuge reichen, wenn sie daraufhin absprachegemäß unmittelbar auf den Weg zu dem vereinbarten Übergabeort gebracht wurden. Hierin kann ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung und damit ein Versuch des Ankaufens als Unterfall des Sichverschaffens liegen. Die bloße Vereinbarung mit den Tätern einer vorausgegangenen Vermögensstraftat, die Beute abnehmen zu wollen, erfüllt den Versuchstatbestand jedoch noch nicht.

3. Der Verfahrensmangel nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist behebbar. Wird ein solcher Verfahrensmangel festgestellt, muss das Revisionsgericht seine Behebung nicht zwingend besorgen, wenn die bisherigen Feststellungen auf einer unzureichenden Beweisgrundlage beruhen. Der Tatrichter ist verpflichtet, die Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen und grundsätzlich so darzulegen, dass sie vom Revisionsgericht nachgeprüft werden können. Soweit zu dieser Überprüfung eine dem Tatrichter obliegende Feststellung von Tatsachen erforderlich ist, hat er diese rechtsfehlerfrei zu treffen und (gegebenenfalls) zu würdigen.

4. Eine Aufhebung in vollem Umfang hat auch dann zu erfolgen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Tatgeschehen, das der Verurteilung zu Grunde liegt, und dem Geschehen, auf dessen Grundlage eine Verurteilung möglicherweise in Betracht kommt, nach den Umständen des Falles nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - 3 StR 182/08 Rn. 10).

5. Im Falle einer Mittäterschaft ist die Tat an jedem Ort begangen, an dem auch nur einer der Mittäter gehandelt hat.

Entscheidungstenor

Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil der Strafkammer des Landgerichts Münster bei dem Amtsgericht Bocholt vom 28. Juni 2011 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist (Fall 6 der Anklage) und soweit er im Fall 5a der Anklage freigesprochen worden ist.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das oben bezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit das Verfahren gegen den Angeklagten eingestellt worden ist (Fälle 1 bis 4 und 7 der Anklage) und soweit er im Fall 5b der Anklage freigesprochen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei (Fall 6 der Anklage) unter Einbeziehung der Strafen aus dem Urteil des Landgerichts Münster vom 20. April 2010 und unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Ein Jahr und sechs Monate der verhängten Strafe gelten als vollstreckt. Vom Vorwurf der Anstiftung zum gewerbsmäßigen Betrug in drei Fällen (Fälle 5a bis 5c der Anklage) sowie vom Vorwurf einer am 15. April 2005 begangenen gewerbsmäßigen Hehlerei (Fall 8 der Anklage) hat es den Angeklagten freigesprochen. Im Übrigen (Fälle 1 bis 4 und 7 der Anklage) hat es das Verfahren wegen Unanwendbarkeit des deutschen Strafrechts eingestellt.

Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen seine Verurteilung.

Außerdem hat er sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung und die Versagung von Entschädigungsansprüchen nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz erhoben. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Revision auf die Fälle 1 bis 4 und 7 der Anklage sowie im Fall 6 der Anklage auf den Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung beschränkt. Beide Revisionen haben mit der Sachrüge Erfolg. Soweit die Staatsanwaltschaft den Schuldspruch im Fall 6 der Anklage und die Teilfreisprüche in den Fällen 5a und 5b der Anklage vom Revisionsangriff ausgenommen hat, ist die Revisionsbeschränkung unwirksam.

I.

1. Nach den Feststellungen zu Fall III. 5. des Urteils (Fälle 5a und 6 der Anklage) hatte der Angeklagte am 21. November 2004 bei Eupen in Belgien von S. und G. einen BMW X 5 übernommen. Diesen Wagen hatten S. und G. am 3. November 2004 erworben und über einen Strohmann von der BMW-Bank finanzieren lassen. Bis zur vollständigen Bezahlung stand das Fahrzeug unter dem Eigentumsvorbehalt der BMW-Bank. Der Angeklagte wusste, dass S. ab Februar 2005 die Raten nicht mehr zahlen wollte. Er brachte das Fahrzeug an seinen Wohnort Heiden und ließ es von dort von seinem Bruder zu P. nach Italien bringen. Dafür sandte P. einen PKW Daimler-Chrysler, den er ohne Absprache mit dem finanzierenden Autohaus nach Italien überführt hatte, nach Deutschland zurück, wo ihn der Angeklagte dem Autohaus zurückgab. Im Gegenzug sollte P. Wein in größerer Menge an den Angeklagten liefern; außerdem bezahlte der Angeklagte nur die Hälfte des Fahrzeugwerts bar an S. und verrechnete den Restkaufpreis mit uneinbringlichen Außenständen des S. bei ihm.

Das Landgericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Angeklagte dem S. einen Auftrag zur Beschaffung des BMW X 5 erteilt hat (Fall 5a der Anklage); insoweit hat es den Angeklagten vom Vorwurf der Anstiftung zum gewerbsmäßigen Betrug freigesprochen. Es hat in der Übernahme des Fahrzeugs durch den Angeklagten und der Weiterleitung nach Italien den Tatbestand der Hehlerei in der Form der Drittverschaffung für P. als erfüllt angesehen. Da das Fahrzeug hierbei vom Angeklagten bzw. in dessen Auftrag durch Deutschland transportiert worden sei, sei gemäß § 9 Abs. 1 StGB ein Tatort in Deutschland gegeben. Die Zueignungshandlung des S. im Sinne des § 246 StGB habe bereits im vorangegangenen Kaufangebot an den Angeklagten gelegen. Der Angeklagte habe sich in diesem Fall der gewerbsmäßigen Hehlerei nach § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht.

2. Der Schuldspruch im Fall 6 der Anklage hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Die Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil ist rechtsfehlerhaft, denn sie ermöglicht dem Revisionsgericht nicht die Nachprüfung auf Rechtsfehler.

Es fehlt bereits eine zusammenhängende Darstellung der Einlassung des Angeklagten zu Fall 6 der Anklage. Die Beweiswürdigung als solche ist über verschiedene Urteilsstellen verteilt und lückenhaft.

Der Abschnitt Beweiswürdigung unter IV der Urteilsgründe befasst sich mit Fall 6 der Anklage nur unter Teilaspekten. Die Strafkammer würdigt lediglich (UA S. 38) die Aussage des S. zur Übergabe des Fahrzeugs. In diesem Zusammenhang wird unzulässigerweise auf Bl. 1313 d. A. Bezug genommen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 267 Rn. 2 m.w.N.), ohne dem Revisionsgericht den Inhalt und die Bedeutung dieser Aktenstelle zu vermitteln. Die Strafkammer hält die Angaben des S. "aus dem gesamten Inhalt der Akte, den Einlassungen der Verfahrensbeteiligten und insbesondere auch dem Ergebnis der abgehörten Telefonmitschnitte" insoweit für widerlegt, ohne hierzu Einzelheiten der Beweisergebnisse mitzuteilen. Eine revisionsgerichtliche Überprüfung dieser Schlussfolgerung ist nicht möglich.

Auch soweit die Strafkammer im Rahmen der rechtlichen Würdigung einzelne Aspekte der Beweiswürdigung erörtert, bleibt diese lückenhaft. Das angefochtene Urteil enthält keine Angaben dazu, worauf die Feststellungen zum Erwerb des Fahrzeugs durch S. und G. über einen Strohmann der belgischen Firma sowie zur Zahlungseinstellung im Februar 2005 beruhen.

Der Angeklagte kann diese Einzelheiten zum Erwerb nicht bekundet haben; er konnte sich nicht daran erinnern, welche Strohmänner/Strohfirmen in den einzelnen Fällen beteiligt gewesen seien (UA S. 33). Die Bezugnahme auf die Finanzierungsunterlagen (UA S. 41) in den Akten ist unzulässig (vgl. Meyer-Goßner aaO). Das Landgericht geht davon aus, dass S. das Fahrzeug dem Angeklagten vor der Übernahme in Eupen am 21. November 2004 zum Kauf angeboten und dadurch seine Zueignungsabsicht manifestiert habe (UA S. 41).

S. und G. erwarben das Fahrzeug am 3. November 2004 (UA S. 29). Bereits am 2. November 2004 kündigte ein Sa. dem Angeklagten an, er werde ihm die Unterlagen zu dem bereits bestellten BMW X 5 zusenden, damit der Angeklagte sie sich ansehen könne (UA S. 39). Danach erscheint nicht ausgeschlossen, dass dem Angeklagten das Fahrzeug bereits vor dem Erwerb durch S. und G. zum Kauf angeboten wurde, so dass in dem späteren Angebot keine Manifestation des Zueignungswillens liegen könnte. In diesem Fall käme eine Beteiligung des Angeklagten schon an der Unterschlagung des Fahrzeugs in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2011 - 4 StR 112/11). Vor allem sprechen die Umstände des Erwerbs über einen Strohmann aber dafür, dass S. und G. das Fahrzeug betrügerisch erlangt und von Anfang an dem eigenen Vermögen einverleibt haben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 - 1 StR 247/09 Rn. 28 ff.).

b) Die Feststellungen tragen nicht die Annahme der Strafkammer, der Angeklagte habe eine Hehlerei in der Variante der Drittverschaffung begangen.

Das Tatobjekt der Hehlerei wird einem Dritten verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht - und zwar auch nicht übergangsweise (sonst Sich-Verschaffen) - auf den Täter übergeht, sondern durch das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird (NK-StGB-Altenhain § 259 Rn. 43) oder der Täter das Hehlgut, ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt (MünchKomm-StGB/Lauer § 259 Rn. 76). Die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass P. unmittelbar die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über den BMW X 5 erlangen sollte. Vielmehr belegen die Feststellungen, dass der Angeklagte nicht nur zunächst den Besitz an dem Fahrzeug, sondern auch die wirtschaftliche Verfügungsgewalt darüber hatte. Er hat den Kaufpreis durch Barzahlung bzw. Verrechnung gegenüber S. beglichen und P. seinerseits sollte als Gegenleistung für das Fahrzeug Wein an den Angeklagten liefern.

c) Bei einer Hehlerei durch Sich-Verschaffen ist ein Tatort in Deutschland nicht belegt, so dass die Verfahrensvoraussetzung der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts fehlt. Der Angeklagte ist ein in Deutschland wohnhafter italienischer Staatsangehöriger. Die Übernahme des Fahrzeugs erfolgte nach den bisherigen Feststellungen in Eupen. Es liegt nahe, dass durch den Verkauf und die Übergabe des Fahrzeugs der Angeklagte die endgültige Verfügungsgewalt darüber erlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 4 StR 120/08 Rn. 4); entgegenstehende Anhaltspunkte sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Dass der Angeklagte nicht nach Italien oder Belgien ausgeliefert wird (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB) steht nicht fest.

Der Verfahrensmangel nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist behebbar (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 1 StR 271/93, BGHR StGB § 7 Abs. 2 Nr. 2 Auslieferung 1; Urteil vom 7. Februar 1995 - 1 StR 681/94, BGHR aaO Verfahrenshindernis 1). Angesichts der auf unzureichender Beweisgrundlage beruhenden Feststellungen sieht der Senat keinen Anlass, von sich aus die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts zu klären. Der Tatrichter ist verpflichtet, die Verfahrensvoraussetzungen zu prüfen und grundsätzlich so darzulegen, dass sie vom Revisionsgericht nachgeprüft werden können. Soweit zu dieser Überprüfung eine dem Tatrichter obliegende Feststellung von Tatsachen erforderlich ist, hat er diese rechtsfehlerfrei zu treffen und (gegebenenfalls) zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2010 - 1 StR 266/10 Rn. 8, BGHSt 56, 6, 8).

3. Sowohl die Revision des Angeklagten als auch diejenige der Staatsanwaltschaft führen zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall 6 der Anklage.

Da die Feststellungen die Verurteilung nicht tragen, ist die Revision der Staatsanwaltschaft nicht wirksam auf den Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung beschränkt. Darüber hinaus haben beide Rechtsmittel auch die Aufhebung des Freispruchs im Fall 5a der Anklage zur Folge. Angesichts der Lückenhaftigkeit der Urteilsgründe ist weder eine Tateinheit zwischen einer Beteiligung am Erwerb der Fahrzeuge und einer Hehlereihandlung noch eine Alternativität dieser Taten letztlich auszuschließen. In beiden Fällen kann eine Revision nicht auf einzelne rechtliche Aspekte dieser Tat beschränkt werden (vgl. zur Tateinheit BGH, Urteile vom 19. August 1997 - 1 StR 327/97 und vom 17. Oktober 1995 - 1 StR 372/95, NStZ 1996, 203; zur Alternativität Meyer-Goßner StPO, 54. Aufl. § 318 Rn. 9). Nach diesen Grundsätzen bestimmt sich auch die Entscheidung, ob eine bloße Teilaufhebung vorzunehmen ist (Meyer-Goßner aaO § 353 Rn. 6).

Eine Aufhebung in vollem Umfang hat auch dann zu erfolgen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Tatgeschehen, das der Verurteilung zu Grunde liegt, und dem Geschehen, auf dessen Grundlage eine Verurteilung möglicherweise in Betracht kommt, nach den Umständen des Falles nicht auszuschließen ist (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - 3 StR 182/08 Rn. 10). Einen solch engen Zusammenhang zwischen der Beschaffung des Fahrzeugs und dessen Übernahme durch den Angeklagten mit der Folge, dass nur eine Beteiligung an der Vortat oder eine tateinheitliche Verurteilung in Betracht kommt, kann der Senat im vorliegenden Fall nicht von vorneherein ausschließen. Damit erfasst die Aufhebung des angefochtenen Urteils auch den Freispruch vom Vorwurf der Anstiftung zum Betrug.

4. Wegen der Aufhebung des Schuldspruchs erübrigt sich ein Eingehen auf die Strafzumessung und die Kompensationsentscheidung. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass ein Härteausgleich für eine bezahlte Geldstrafe nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2010 - 1 StR 275/10, NStZ 2011, 283, 284).

II.

Die Einstellung des Verfahrens in den Fällen 1 - 4 und 7 der Anklage hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils übernahm der Angeklagte auch in diesen Fällen jeweils Kraftfahrzeuge von S., bei denen er wusste oder er davon ausging, dass diese auf betrügerische Art und Weise erworben oder unterschlagen worden waren. Der Angeklagte beglich jeweils den hälftigen Kaufpreis in bar, der Rest wurde mit Schulden S. s beim Angeklagten verrechnet. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Fahrzeuge:

a) Pkw Daimler Chrysler ML 270 CDI, Übernahme im Mai 2002 in Venlo (Fall 1 der Anklage),

b) Pkw VW Bora, Übernahme im September 2002 in Maastricht oder Venlo (Fall 2 der Anklage),

c) Pkw Alfa-Romeo, Übernahme Ende August/Anfang September 2002 nahe Brüssel oder Antwerpen (Fall 3 der Anklage),

d) Pkw Daimler Chrysler E 220 CDI, Übernahme im September/Oktober 2003 nahe Brüssel (Fall 4 der Anklage),

e) Pkw BMW 116 i, Übernahme am 19. Januar 2005 in Eupen (Fall 7 der Anklage).

Das Landgericht hat in diesen Fällen angenommen, dass die Hehlereihandlungen des Angeklagten in der Form des Sich-Verschaffens bzw. des Ankaufs der Fahrzeuge nicht in Deutschland, sondern in Belgien oder den Niederlanden begangen worden sind, und hat das Verfahren wegen fehlender Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts gemäß § 260 Abs. 3 StPO eingestellt.

2. Die Einstellung des Verfahrens hat keinen Bestand, weil das Verfahrenshindernis nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB behebbar ist. Der Senat ist auch in diesen Fällen nicht gehalten, die Frage einer Auslieferung des Angeklagten an Italien, Belgien oder die Niederlande zu klären, weil die Beweiswürdigung die Feststellungen des Landgerichts zu den Tatorten und zum Teil zu den Taten nicht trägt.

a) Im Fall 1 der Anklage beruht die Feststellung des Übergabeorts Venlo offenbar auf der von der Mitangeklagten G. bestätigten Einlassung des Angeklagten.

Die Mitangeklagte G. war nach eigener Einlassung "rechte Hand" des Angeklagten (UA S. 35). Die Strafkammer setzt sich mit dem Beweiswert dieser Bestätigung nicht auseinander. Die Mitangeklagte hat sich dahin eingelassen, die Fahrzeuggeschäfte "nur am Rande begleitet" zu haben; der Angeklagte selbst hat angegeben, sie sei "da nicht drin" gewesen (UA S. 35 und 40).

Die Übergabe fand nach den Feststellungen in Venlo statt, weil S. befürchtete, in Deutschland strafrechtlichen Sanktionen ausgesetzt zu sein (UA S. 26).

Worauf diese Feststellung beruht, teilt das Urteil nicht mit. Es setzt sich nicht damit auseinander, dass im Widerspruch zu dieser Feststellung der Angeklagte S. den zweiten BMW X 5 (Fall 8 der Anklage) zur Ansicht zum Angeklagten nach Heiden gebracht hat. Auch folgt aus der Einlassung der Mitangeklagten G., dass S. den Angeklagten in seiner Firma besucht hat (UA S. 34).

b) In den Fällen 2 bis 4 der Anklage ist das Landgericht ebenfalls der Einlassung des Angeklagten gefolgt, ohne - außer der Bestätigung durch die Mitangeklagte G. - das Ergebnis der Beweisaufnahme zu dieser Frage mitzuteilen.

Dies lässt besorgen, dass der Tatrichter die Einlassung des Angeklagten als unwiderlegbar hingenommen hat, obwohl sich hierfür in der Beweisaufnahme keine Anhaltspunkte ergeben haben.

c) Im Fall 7 der Anklage (Fall III. 6. der Urteilsgründe) hat das Landgericht die Möglichkeit einer Drittverschaffung des Fahrzeugs an die Mitangeklagte G. oder einer Absatzhilfe des Angeklagten nicht bedacht, die nach den in diesem Fall getroffenen Feststellungen auch in Deutschland begangen sein könnte. Danach wurde das Fahrzeug BMW 116 i vor der Übernahme in Eupen der Mitangeklagten G. von S. zum Kauf angeboten. Die Tochter der Mitangeklagten begleitete den Angeklagten zur Fahrzeugübernahme. Auf Bitten der Angeklagten (G. ?) erstellte eine Firma aus Wuppertal eine Rechnung über den Erwerb des Fahrzeugs. Es wurde der Mitangeklagten - offenbar in Deutschland - zur freien Verfügung überlassen, die mit dem Angeklagten eine Vereinbarung über die Bezahlung unter teilweiser Einbehaltung ihres Lohnes traf (UA S. 30).

Der neue Tatrichter wird auch zu prüfen haben, ob der Angeklagte in diesem Fall an einer Hehlerei der Mitangeklagten G. beteiligt war. Der rechtskräftige Freispruch der Mitangeklagten steht einer anderen Feststellung und Bewertung von Tatsachen im Verfahren gegen den Angeklagten nicht entgegen.

Im Falle einer Mittäterschaft ist die Tat an jedem Ort begangen, an dem auch nur einer der Mittäter gehandelt hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 1992 - 2 StR 442/92, BGHSt 39, 88, 91 m.w.N.).

d) Der Senat weist darauf hin, dass ein Tatort der Hehlerei auch dann in Deutschland liegen könnte, wenn hier vorgenommene Handlungen des Angeklagten das Versuchsstadium erreichten. Hierfür könnte eine verbindliche Vereinbarung über den Ankauf und die Abnahme der vom Vortäter bereits rechtswidrig erlangten (BGH, Urteil vom 7. März 1995 - 1 StR 523/94, StV 1996, 81, 82) Fahrzeuge reichen, wenn sie daraufhin absprachegemäß unmittelbar auf den Weg zu dem vereinbarten Übergabeort gebracht wurden. Hierin kann ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung und damit ein Versuch des Ankaufens als Unterfall des Sichverschaffens liegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2007 - 5 StR 371/07 Rn. 24, NStZ 2008, 409, 410). Die bloße Vereinbarung mit den Tätern einer vorausgegangenen Vermögensstraftat, die Beute abnehmen zu wollen, erfüllt den Versuchstatbestand jedoch noch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1990 - 2 StR 287/90, BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4).

3. Soweit der Angeklagte von dem Vorwurf der Anstiftung zum gewerbsmäßigen Betrug bezüglich des Fahrzeugs im Fall 5b der Anklage freigesprochen worden ist, hat der Freispruch aus den oben unter I. 3. genannten Gründen keinen Bestand.

III.

Mit der Teilaufhebung des Urteils haben sich die vom Angeklagten eingelegten Beschwerden gegen die Kosten- und die Entschädigungsentscheidung erledigt (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2008 - 1 StR 383/08 Rn. 17 m.w.N.; Beschluss vom 12. September 2006 - 4 StR 297/06 Rn. 7).

HRRS-Nummer: HRRS 2012 Nr. 436

Externe Fundstellen: NJW 2012, 3737; NStZ-RR 2012, 247

Bearbeiter: Karsten Gaede