HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 639
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 170/10, Beschluss v. 18.05.2010, HRRS 2010 Nr. 639
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 27. November 2009, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in zwei Fällen, Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen sowie wegen besonders schwerer Brandstiftung unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat lediglich in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insoweit ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2. Das Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Die vom Landgericht insoweit getroffenen Feststellungen ermöglichen es dem Revisionsgericht nicht zu überprüfen, ob von der Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt rechtsfehlerfrei abgesehen wurde.
a) Nach den Feststellungen konsumierte der einschlägig vorbestrafte Angeklagte seit seinem 9. Lebensjahr regelmäßig Drogen, zunächst Marihuana, später auch Amphetamin. Schon im Alter von zwölf Jahren wurde er erstmals volltrunken angetroffen. Die Taten in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 2008 beging der Angeklagte unter Alkoholeinfluss.
b) Auf der Grundlage dieser Feststellungen hätte sich das Landgericht mit der Anordnung einer Maßregel gemäß § 64 StGB auseinandersetzen müssen.
Die unterlassene Prüfung erweist sich auch nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB i.d.F. des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I S. 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend anzuordnen ist. Denn das Gericht muss das ihm nunmehr eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich machen (BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 452/07, NStZ-RR 2008, 73). Die bisher getroffenen Feststellungen ergeben nicht, dass es an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges im Sinne des § 64 Satz 2 StGB 5 fehlt. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; vgl. BGHSt 37, 5; BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 485/07, NStZ-RR 2008, 107). Er hat die Nichtanordnung der Maßregel auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.). Über die Anordnung der Maßregel ist daher unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a Satz 2 StPO) neu zu befinden.
HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 639
Bearbeiter: Karsten Gaede