HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 403
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 42/06, Beschluss v. 28.03.2006, HRRS 2006 Nr. 403
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau vom 13. Oktober 2005, soweit es den Angeklagten betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen "gewerbsmäßigen" unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 22. Februar 2006.
2. Dagegen hält der Strafausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Zu Recht rügt die Revision, dass das Landgericht in den Fällen II. 1 und 5 der Urteilsgründe den Umstand, dass das eingeführte Marihuana in diesen Fällen sichergestellt worden ist, nicht strafmildernd berücksichtigt hat. Das erweist sich hier als rechtsfehlerhaft. Zwar braucht der Tatrichter im Urteil nur diejenigen Umstände anzuführen, die für die Bemessung der Strafe bestimmend gewesen sind (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Grundsätzlich stellt es indes einen gewichtigen und deshalb erörterungsbedürftigen Strafmilderungsgrund dar, wenn die Betäubungsmittel sichergestellt werden und es deshalb nicht zu einer Gefährdung von Drogenkonsumenten kommen kann (vgl. BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 10; Weber BtMG 2. Aufl. vor § 29 Rdn. 773). Angesichts der Höhe der in diesen Fällen erkannten Einzelfreiheitsstrafen von vier bzw. drei Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe kann der Senat nicht ausschließen, dass sowohl die Strafrahmenwahl als auch die Einzelstrafbemessung von diesem Rechtsfehler berührt sind.
b) Rechtlichen Bedenken begegnet auch die Strafzumessung in den Fällen II. 6 bis 17 der Urteilsgründe. Angesichts der geringfügigen Verkaufsmengen von jeweils 3 bis 4 Gramm der "weichen Droge" (UA 39) Marihuana hat das Landgericht unbeschadet der allgemeinen Strafschärfungsgründe nicht verständlich gemacht, weshalb es in diesen Fällen von dem erhöhten Strafrahmen des § 29 Abs. 3 BtMG ausgegangen ist und jeweils Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr drei Monaten als schuldangemessen erachtet hat.
c) Der Senat hebt aber auch die übrigen Einzelstrafen auf, weil nicht ausgeschlossen ist, dass diese durch die rechtsbedenkliche Strafzumessung in den Fällen II. 1, 5 bis 17 der Urteilsgründe zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst sind. Im Übrigen soll dem neuen Tatrichter Gelegenheit gegeben werden, die Strafen insgesamt neu zuzumessen und dabei in den Fällen II. 2 bis 5 auch zu berücksichtigen, dass das eingeführte Marihuana nach den Feststellungen ausschließlich zum Eigenverbrauch des Angeklagten bestimmt war, was bereits für sich grundsätzlich eine mildere Beurteilung nahe legt (vgl. BGHR BtMG § 30 Abs. 2 Strafrahmenwahl 3; Weber aaO vor § 29 Rdn. 721, 729 m.w.N.). Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht auch der - schon für sich auffallend hohen - Gesamtstrafe die Grundlage.
3. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, nachdem das Verfahren sich nunmehr nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten richtet.
HRRS-Nummer: HRRS 2006 Nr. 403
Externe Fundstellen: NStZ-RR 2006, 220
Bearbeiter: Karsten Gaede