Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 381/00, Beschluss v. 10.10.2000, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 8. Mai 2000 im Maßregelausspruch über die Anordnung einer Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis aufgehoben; der Ausspruch entfällt.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zu einer Jugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es bestimmt, daß die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von vier Jahren keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur zum Maßregelausspruch Erfolg.
1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die Anordnung der isolierten Sperrfrist nach §§ 69 Abs. 1, 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB kann hingegen nicht bestehen bleiben.
a) Nach den Feststellungen stieß der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz einen zuvor bereitgelegten 33 kg schweren Schieferstein von einer ca. 6 m hohen, über einem Tunnel gelegenen Brüstung auf einen aus dem Tunnel herausfahrenden PKW. Der Stein schlug im vorderen linken Dachbereich des Fahrzeugs auf; beide Fahrzeuginsassen blieben unverletzt. Weder für den Weg zum Tatort noch zurück hatte der Angeklagte ein Kraftfahrzeug benutzt.
b) Das Landgericht hat die Anordnung der Maßregel damit begründet, der Angeklagte habe "eine schwerwiegende Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen" (UA 22). Diese Erwägung trägt den Maßregelausspruch nicht. Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit auch für die Anordnung einer (isolierten) Sperrfrist nach § 69 a Abs. 1 StGB ist, daß der Täter die Tat "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat" (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB). Einen solchen Zusammenhang der dem Angeklagten angelasteten Tat mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs besteht hier jedoch nicht. Weder der Angeklagte selbst noch ein Tatbeteiligter (vgl. BGHSt 10, 333, 336) haben bei, vor oder nach Begehung der Tat ein Kraftfahrzeug geführt. Die Tat wurde auch nicht unter Verletzung einer spezifisch einem Kraftfahrer im Straßenverkehr obliegenden Pflicht begangen. Sie war zwar gegen einen (anderen) Kraftfahrzeugführer gerichtet; dies kann jedoch für sich genommen auch dann nicht die Anordnung von Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB rechtfertigen, wenn die Tat angesichts ihrer Schwere auf eine charakterliche Unzuverlässigkeit des Täters hinweist (vgl. auch OLG Celle NZV 1998,170).
Bearbeiter: Karsten Gaede