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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 5/96, Urteil v. 10.04.1996, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 5/96 - Urteil vom 10. April 1996 (LG Mönchengladbach)

BGHSt 42, 123; Verwirklichung des Tatbestands von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, wenn die Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum Handeltreiben bestimmt sind und die Teilmengen zwar nicht jeweils für sich, jedoch insgesamt die Grenze der "nicht geringen Menge" erreichen oder übersteigen; Verbotsirrtum hinsichtlich des qualifizierenden Tatbestands.

§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG; § 17 StGB

Leitsätze

1. Der Tatbestand des § 30a BtMG kann in den durch das Mitführen von Waffen qualifizierten Handlungsalternativen der unerlaubten Einfuhr, Ausfuhr und des Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge trotz des einschränkenden Zusatzes "ohne Handel zu treiben" auch dann verwirklicht sein, wenn die Betäubungsmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum Handeltreiben bestimmt sind und die Teilmengen zwar nicht jeweils für sich, jedoch insgesamt die Grenze der "nicht geringen Menge" erreichen oder übersteigen. (BGHSt)

2. Im Falle der Verwirklichung eines qualifizierten Straftatbestandes hat der Täter regelmäßig die Einsicht, Unrecht zu tun, wenn er die spezifische Rechtsgutsverletzung des Grundtatbestandes erkannt hat. Der neu geschaffenen qualifizierenden Wirkung eines schuldsteigernden Umstandes braucht er sich jedenfalls dann nicht bewußt zu sein, wenn dieser Umstand wie beim unerlaubten Führen einer Schußwaffe schon für sich strafrechtliches Unrecht bedeutet und der Täter dies weiß. (BGHSt)

Entscheidungstenor

1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 21. August 1995 werden verworfen.

2. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen unerlaubten Sichverschaffens in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, jeweils mit Waffen begangen, und den Angeklagten G. zusätzlich wegen Hehlerei zu Freiheitsstrafen von jeweils vier Jahren und sechs Monaten (beim Angeklagten G. als Gesamtstrafe) verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es außerdem auf Maßnahmen nach §§ 69, 69 a StGB erkannt.

Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung sachlichen Rechts; der Angeklagte G. beanstandet darüber hinaus das Verfahren.

Die Rechtsmittel sind unbegründet.

I. In verfahrensrechtlicher Hinsicht macht der Angeklagte G. einen Verstoß gegen § 64 StPO (richtig: § 59 StPO) bei der behaupteten Vernehmung des Zeugen R. geltend. Die Verfahrensrüge dringt nicht durch. Die Sitzungsniederschrift ist zur Frage der Vernehmung dieses Zeugen unklar und mißverständlich. Ihr kommt daher die Beweiskraft des § 274 StPO insoweit nicht zu. Aufgrund der dienstlichen Äußerung des Strafkammervorsitzenden steht fest, daß der Zeuge R. entsprechend gerichtlicher Anordnung in der Hauptverhandlung nicht gehört worden ist, nachdem die Verfahrensbeteiligten auf seine Vernehmung - und nicht bloß, wie es im Hauptverhandlungsprotokoll heißt, auf seine "weitere" Vernehmung - verzichtet hatten. Für eine Entscheidung über die Vereidigung des Zeugen war somit kein Raum.

II. Die sachlichrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

Zutreffend hat das Landgericht hinsichtlich der Tat unter II 2 der Urteilsgründe die Voraussetzungen für die Anwendung der durch Artikel 9 des Verbrechensbekämpfungsgesetzes vom 28. Oktober 1994 mit Wirkung vom 1. Dezember 1994 neu eingeführten Strafvorschrift des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG (BGBl I S. 3186, 3193) bejaht. Danach ist mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, im minderschweren Fall mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren, bedroht, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

Den Feststellungen des Landgerichts zufolge fuhren die Angeklagten in die Niederlande, um 50 bis 100 g Heroin zu kaufen. Der Angeklagte G. wollte das Rauschgift zum Teil selbst verbrauchen, zum Teil gewinnbringend veräußern. 10 g davon sollte der Angeklagte B. erhalten. Der Angeklagte B. führte einen geladenen Gasrevolver mit durchbohrtem Lauf mit sich, der Angeklagte G. eine geladene Pistole. In Maastricht kaufte der Angeklagte G. 29,71 g Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 2,57 g Heroinhydrochlorid; einer der beiden Angeklagten führte dabei zu ihrem Schutz die Pistole. Nachdem sie mit dem Rauschgift und den Waffen die deutsch-niederländische Grenze passiert hatten, wurden sie von der Polizei gestellt.

1. Beide Angeklagten haben damit, wie im angefochtenen Urteil im Ergebnis zu Recht angenommen ist, § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in der Tatbestandsalternative der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge mit Waffen als Mittäter verwirklicht.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß das Landgericht nicht klären konnte, welcher Teil des Heroins für den Eigenkonsum und welcher für die gewinnbringende Weiterveräußerung, also zum unerlaubten Handeltreiben, vorgesehen war, und es deshalb ungewiß ist, ob es sich jeweils um eine nicht geringe Menge an Heroin handelte - nämlich eine Wirkstoffmenge von mindestens 1,5 g Heroinhydrochlorid (vgl. BGHSt 32, 162) -, die der Angeklagte G. selbst verbrauchen oder gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Allerdings deutet die in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG getroffene Unterscheidung zwischen den Fällen des (bewaffneten) unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einerseits und den weiteren, mit dem Zusatz "ohne Handel zu treiben" gekennzeichneten Handlungsmodalitäten der (bewaffneten) unerlaubten Einfuhr, Ausfuhr und des Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge andererseits bei erster Betrachtung darauf hin, daß es für die Feststellung der "nicht geringen Menge" bei Betäubungsmitteln, die der Täter sich teils für den Eigenverbrauch verschafft und einführt und die zum anderen Teil für die gewinnbringende Weiterveräußerung bestimmt sind, jeweils auf die unterschiedlichen Zwecken dienenden Teilmengen ankommt, mithin für die Verwirklichung des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in einem solchen Fall mindestens ein Anteil für sich genommen eine nicht geringe Menge darstellen muß. Eine solche Auslegung, die eine Anwendung des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auf die Tat der Angeklagten nicht zuließe, widerspricht jedoch dem Sinn dieser Strafvorschrift und ist mit der Systematik der übrigen Strafschärfungsvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes nicht in Einklang zu bringen. Ihr folgt der Senat nicht.

§ 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sieht gegenüber den Tatqualifikationen der durch die nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln erschwerten Fälle des unerlaubten Umgangs mit Betäubungsmitteln in § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und in § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG eine zusätzliche Strafschärfung vor. Grund für die Straferhöhung ist die besondere Gefährlichkeit der Straftaten der Betäubungsmittelkriminalität, bei denen die Täter Schußwaffen (oder die weiteren in der Vorschrift genannten Gegenstände) bei sich führen. Bei solchen Straftaten ist immer damit zu rechnen, daß die Täter rücksichtslos ihre Interessen beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln durchsetzen und dabei von der Waffe Gebrauch machen. Einschränkend soll freilich nur der Verkehr mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge erfaßt werden (vgl. BT-Drucks. 12/6853 S. 41). Diese besondere Gefährlichkeit und damit der materielle Grund für die gegenüber § 29 a BtMG und § 30 BtMG gesteigerte Strafdrohung sind unter Wahrung der Beschränkung auf die Fälle des unerlaubten Umgangs mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aber auch dann gegeben, wenn die teils zur gewinnbringenden Weiterveräußerung, teils zum Eigenkonsum unerlaubt verschafften und eingeführten Betäubungsmittel nur in der Gesamtmenge, nicht aber in ihren Teilmengen die Grenze der nicht geringen Menge erreichen oder darüber hinausgehen. Von einer durch das Mitführen von Waffen gesteigerten Strafwürdigkeit im Vergleich zu § 29 a Abs. 1 Nr. 2 und § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG kann allerdings nur die Rede sein, wenn diese Strafvorschriften, die selbst schon auf den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmittel in nicht geringer Menge beschränkt sind, solche Sachverhaltsgestaltungen mit unterschiedlichen Zwecken dienenden Teilmengen erfassen. Dies ist jedoch der Fall. Verschafft sich der Täter unerlaubt eine Menge an Betäubungsmitteln, die er teils für sich verbrauchen, teils gewinnbringend weiterveräußern will, die aber nur insgesamt eine nicht geringe Menge ausmacht, verwirklicht er § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in der Tatbestandsalternative des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Führt er eine solche unterschiedlichen Zwecken dienende Betäubungsmittelmenge unerlaubt ein, ist er nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG strafbar. Die Beschränkung des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG auf den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist demnach im Ergebnis an der Gesamtmenge der Betäubungsmittel und nicht an den unterschiedlichen Zwecken dienenden Teilmengen ausgerichtet. Ein materieller Grund, weshalb dies im Rahmen des noch schwerwiegenderen Verbrechenstatbestandes des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG anders sein sollte, ist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zur Terminsvorbereitung hervorgehoben hat, nicht zu erkennen. Die Beschränkung auf den Verkehr mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (vgl. BT-Drucks. 12/6853 S. 41) ist ebenso wie bei § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG gewahrt, wenn auf die Gesamtmenge der Betäubungsmittel abgestellt wird, die Gegenstand der Handlungsmodalitäten der Einfuhr, der Ausfuhr und des Sichverschaffens in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG sind. Für den auf der besonderen Gefährlichkeit beruhenden Grund der erhöhten Strafschärfung ist es ohne Bedeutung, welche Absichten der Täter mit der insgesamt nicht geringen Rauschgiftmenge im einzelnen verfolgt.

Die gegenteilige, auf die Differenzierung nach dem Verwendungszweck abstellende Auslegung würde zu ungereimten, im Wertungswiderspruch zur Systematik der Strafschärfungsgründe des Betäubungsmittelrechts stehenden Ergebnissen führen. So wäre der bewaffnete Täter, der eine die Grenze der nicht geringen Menge gerade erreichende Rauschgiftmenge unerlaubt einführt, ausführt oder sich verschafft, ohne weiteres nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG strafbar, wenn er ausschließlich zum Zwecke des Eigenverbrauchs handelt, nicht aber dann, wenn er außer zum Eigenverbrauch auch in der Absicht der teilweisen gewinnbringenden Weiterveräußerung tätig wird. Die Tat würde milder bestraft, obwohl der Täter mit dem Handeltreiben eine weitere Handlungsmodalität des unerlaubten Umgangs mit Betäubungsmitteln verwirklicht, die, materiell gesehen und gemessen am Schutzgut der Tatbestände des Betäubungsmittelstrafrechts, gegenüber dem unerlaubten Sichverschaffen zum Eigenverbrauch einen erhöhten Unwert bedeutet.

Die nach dem Sinn des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gebotene Auslegung, daß es im Fall von Betäubungsmitteln, die der Täter zum Teil selbst verbrauchen, mit der er aber auch zum Teil unerlaubt Handel treiben will, auf die Gesamtmenge des Rauschgifts für die Feststellung der "nicht geringen Menge" ankommt, ist mit dem Gesetzeswortlaut vereinbar. Es bedeutet keine Durchbrechung der wegen des Verbots analoger Gesetzesanwendung zum Nachteil des Täters bestehenden Wortlautschranke, wenn der auf die Handlungsmodalitäten der Einfuhr, Ausfuhr und des Sichverschaffens bezogene Zusatz in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG "ohne Handel zu treiben" dahin verstanden wird, daß damit die Formulierung gemeint ist, "auch soweit der Täter mit den Betäubungsmitteln keinen Handel treibt".

2. Auch im übrigen begegnet die Anwendung des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG keinen rechtlichen Bedenken.

Die Handlungsmodalität des unerlaubten Sichverschaffens in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, die das Landgericht ebenfalls bejaht hat, umfaßt - anders als in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (vgl. dazu Körner BtMG 4. Aufl. § 29 Rdn. 762) - auch die rechtsgeschäftliche, einverständliche Erlangung der Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel (so auch Joachimski BtMG 6. Aufl. § 30 a Rdn. 4). In § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG sind der unerlaubte Erwerb und das Sichverschaffen in der Weise einander gegenübergestellt, daß u.a. mit Strafe bedroht ist, wer Betäubungsmittel unerlaubt erwirbt oder sich "in sonstiger Weise" verschafft. Daraus folgt, daß nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes der unerlaubte Betäubungsmittelerwerb im Sinne der rechtsgeschäftlichen Erlangung der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt über Betäubungsmittel durch einverständliches Zusammenwirken mit dem Vorbesitzer lediglich einen Unterfall des grundsätzlich weiterreichenden, sämtliche Fälle der Besitzerlangung umfassenden Sichverschaffens darstellt. Der Umstand, daß in § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG der unerlaubte Erwerb von Betäubungsmitteln nicht gesondert erwähnt ist, macht deutlich, daß der Begriff des Sichverschaffens in diesem umfassenden, den einverständlichen rechtsgeschäftlichen Erwerb einschließenden Sinne gemeint ist. Für diese Auslegung spricht ferner entscheidend, daß angesichts des Sinns und Zwecks des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, insbesondere der formalen Gleichstellung der genannten Fälle des unerlaubten Umgangs mit Betäubungsmitteln keine nachvollziehbaren Gründe dafür ersichtlich sind, weshalb der einverständliche rechtsgeschäftliche Erwerb von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge durch einen bewaffneten Täter zwar dann unter die erhöhte Strafe gestellt werden sollte, wenn er Teil eines unerlaubten Handeltreibens ist, nicht aber dann, wenn er dem Eigenverbrauch oder anderen nicht vom Handeltreiben umfaßten Zwecken dienen soll. Die erhöhte Bestrafung nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG unter dem Gesichtspunkt des Sichverschaffens entsprechend dem engeren Begriffsverständnis in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG auf die Fälle des nicht einverständlichen Erwerbs zu beschränken, ergäbe nur Sinn, wenn die Vorschrift des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG den erhöhten Schutz des Besitzers von Rauschgift gegen Diebstahl, Raub und Erpressung bezwecken würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.

3. Die Beurteilung der Tatbeteiligung des Angeklagten B. als mittäterschaftliche Begehung nach § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG wird von den Urteilsfeststellungen getragen. Er hat den Ablauf der Beschaffungsreise in die Niederlande dadurch maßgeblich mitbestimmt, daß er aufgrund seiner einschlägigen Erfahrungen das Fahrtziel Maastricht als günstigen Ort für den Betäubungsmittelankauf vorschlug, Sicherungsaufgaben übernahm und aufgrund seiner Ortskenntnisse den Rückweg über die deutsch-niederländische Grenze im einzelnen festlegte. Hinzu kommt, daß er wegen des ihm versprochenen Anteils am Heroin ein erhebliches Eigeninteresse an der Durchführung der Tat hatte. Dieses Eigeninteresse war zwar geringer als das des Angeklagten G.. Es reicht jedoch in einer wertenden Gesamtbetrachtung mit den für den objektiven Tateinfluß aussagekräftigen Umständen aus, um die tatrichterliche Beurteilung als Mittäterschaft zu rechtfertigen. Dies gilt wegen des - bezogen auf die Gesamtmenge - doch beträchtlichen Anteils am Heroin, wegen der Anwesenheit des Angeklagten B. beim Ankauf und wegen der faktischen Zugriffsmöglichkeit auf das noch ungeteilte Heroin für die Tatmodalität des Sichverschaffens ebenfalls. Insoweit ist zu beachten, daß die Mittäterschaft in sich materielle Abstufungen zuläßt, mithin der größere Tateinfluß und das vorrangige Tatinteresse eines Beteiligten die übrigen nicht notwendig von der Mittäterschaft verdrängen.

4. Ausdrücklicher Feststellung, daß die Angeklagten im Fall II 2 der Urteilsgründe mit Unrechtsbewußtsein handelten, bedurfte es nicht. Dem steht nicht entgegen, daß ihnen, wie vom Angeklagten G. geltend gemacht, die erst kurz vor der Tatbegehung durch die neue Vorschrift des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG begründete erhöhte Strafbarkeit nicht bekannt war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 8, 321, 324; 10, 35, 42; 15, 377, 383; vgl. aber auch BGH StV 1982, 218, 219) reicht es bei qualifizierten Tatbeständen wie dem des § 30 a Abs. 2 Nr. 2 BtMG aus, wenn der Täter, wie dies im Falle der Angeklagten anzunehmen ist, die spezifische Rechtsgutsverletzung des Grundtatbestandes (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29 a Abs. 1 Nr. 2, § 30 a Abs. 1 Nr. 4 BtMG) erkannt hat, weil sich in einem solchen Fall sein Unrechtsbewußtsein auch auf die Qualifikation erstreckt. Damit hat er die nach § 17 StGB erforderliche Einsicht, Unrecht zu tun, gehabt. Die demgegenüber im Schrifttum unter Hinweis auf den Grundsatz tatbestandsbezogener Unrechtskenntnis erhobenen Bedenken (vgl. Cramer in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. § 17 Rdn. 8; Rudolphi in SK-StGB § 17 Rdn. 9; Maurach/Zipf, Strafrecht AT 8. Aufl. S. 551; differenzierend: Schroeder in LK StGB 11. Aufl. § 17 Rdn. 15; Neumann in AKStGB § 17 Rdn. 38 ff.) teilt der Senat nicht. Jedenfalls dann, wenn der neu geschaffene straferhöhende Umstand wie beim unerlaubten Führen einer Schußwaffe schon für sich strafrechtliches Unrecht bedeutet hat und der Täter davon ersichtlich Kenntnis hatte, liefe die Forderung, er müsse zur Annahme uneingeschränkter Schuld auch von der qualifizierenden Wirkung des schuldsteigernden Umstandes gewußt haben, letztlich darauf hinaus, er müsse den Inhalt der Qualifikationsvorschrift gekannt haben oder gekannt haben können. Eine solche über das Unrechtsbewußtsein hinausgehende Strafbarkeitskenntnis ist jedoch nicht erforderlich.

Externe Fundstellen: BGHSt 42, 123; NJW 1996, 2804; NStZ 1996, 499; StV 1996, 670

Bearbeiter: Rocco Beck