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Bearbeiter: Rocco Beck

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 446/93, Urteil v. 08.12.1993, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 446/93 - Urteil vom 8. Dezember 1993 (LG Kleve)

BGHSt 40, 3; erforderliche Individualisierung eines Zeugen im Beweisantrag (Konnexitätserfordernis); Umfang der gerichtlichen Aufklärungspflicht; Zulässigkeit der Verfahrensrüge (Darlegungspflicht; Bezugnahmen auf Aktenteile).

§ 244 Abs. 2 StPO; § 244 Abs. 3 StPO; § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO

Leitsätze

1. Zu dem Erfordernis der Individualisierung von Zeugen, die in einem - Fragenkomplexe betreffenden - Beweisantrag lediglich mit Namen und Wohnort bezeichnet werden. (BGHSt)

2. Zum Umfang der Aufklärungspflicht. (BGHSt)

3. Die Aufklärungspflicht, deren Rahmen durch die prozessuale Tat abgesteckt wird, erstreckt sich auf alle rechtlich erheblichen Tatsachen, wobei nicht versucht werden muss, jedes Detail der Vorgeschichte oder des Randgeschehens oder etwa Teile der Lebensgeschichte von Zeugen wegen deren Glaubwürdigkeit zu ermitteln. (Bearbeiter)

4. Kern und Ausgangspunkt des Aufklärungsgebotes ist es, die Wahrheit in Bezug auf die zu beurteilende Tat zu erforschen und deren tatbestandsverwirklichenden Unrechtsgehalt festzustellen. Dabei kommt es darauf an, ob bei verständiger Würdigung der Sachlage durch den abwägenden Richter die Verwendung einer Aufklärungsmöglichkeit den Schuldvorwurf - und dieser ist entscheidend - möglicherweise widerlegt, in Frage gestellt oder als begründet erweist. (Bearbeiter)

5. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Das hat so vollständig und so genau zu geschehen, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (BGHSt 3, 213, 214). Dabei genügt es nicht, Fundstellen in den Akten in Bezug zu nehmen, auch wenn es im Wortlaut eines Antrages geschieht. Vielmehr müssen solche Stellen, wenn sie für die Beurteilung der Rüge von Bedeutung sein können (hier Hinweise zur Individualisierung des oder der Zeugen und/oder zur Konkretisierung der Beweisbehauptung), in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben werden (BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 208). (Bearbeiter)

Entscheidungstenor

Die Revision des Nebenklägers gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 17. Dezember 1993 wird verworfen.

Der Nebenkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Angeklagten dadurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat wegen versuchten Totschlags zum Nachteil des Nebenklägers I. D. den Angeklagten F. G. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten sowie zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000 DM und den Angeklagten Fa. G. zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt; ferner hat es zwei Holzstiele als Tatwerkzeuge eingezogen. Der Nebenkläger erstrebt mit der mit der Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts begründeten Revision eine Verurteilung wegen versuchten Mordes. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat festgestellt, daß zwischen den aus Ostanatolien stammenden kurdischen Familien G. und D. Spannungen bestanden, die - nach einer früheren Schlägerei - am 15. März 1991 dazu führten, daß der Angeklagte F. G. vom Nebenkläger mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen und so verletzt wurde, daß er anschließend eine Woche im Krankenhaus und dann mehrere Monate vom Hausarzt behandelt werden mußte. Entsprechend den kurdischen Ehrvorstellungen versuchte dieser Angeklagte durch Einschaltung eines älteren Verwandten, des Zeugen M. G., die Angelegenheit durch eine in solchen Fällen übliche Geldzahlung von Seiten der Familie D. an die Familie G. zu bereinigen. Dies scheiterte. Anklage gegen den Nebenkläger wurde mangels öffentlichen Interesses nicht erhoben. Auch die Beauftragung eines Rechtsanwaltes durch die Familie G. führte nicht zur Aussöhnung.

Der Angeklagte F. G. entschloß sich nun, gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Fa., der auch an dem Vorfall vom 15. März 1991 beteiligt gewesen war, den Nebenkläger erheblich zu verletzen. Am 3. Oktober 1991 gegen 23.30 Uhr überholten die Angeklagten den Pkw des Nebenklägers, bremsten kurz vor ihm und zwangen ihn so, ebenfalls abzubremsen und anzuhalten. Sie zogen den Nebenkläger - möglicherweise nach kurzem Wortwechsel - aus dem Wagen und schlugen - jetzt mit Tötungsvorsatz - mit zwei hölzernen Axtstielen mindestens zweimal gegen den Kopf und einmal gegen den Bereich des linken Armes und des linken Brustkorbes des Nebenklägers, der schwer verletzt bewußtlos zu Boden ging.

Der Nebenkläger rügt zunächst eine Verletzung des § 244 Abs. 3 und Abs. 2 StPO und trägt folgende Verfahrenstatsachen vor:

Vor dem Hintergrund, daß - nach dem Revisionsvorbringen - der Nebenkläger und dessen Ehefrau ausgesagt hatten, 10.000 DM seien an den Zeugen M. G., den Verwandten der Angeklagten, gezahlt worden, und daraufhin von der Verteidigung dieser für das Gegenteil als Zeuge benannt worden war, beantragte der Nebenkläger "A. Y., B./C., C. Bi., B./C., S. Y., genauer Wohnort derzeit nicht bekannt, in der Nähe von M./Niedersachsen (vgl. Bl. 27 d. Akten) als Zeugen zu vernehmen zum Beweis dafür, daß die Familie G. ... mindestens 10.000 DM von I. D. verlangt hat, sonst würde jemand aus der Familie D. umgebracht, und in der Person des M.G. auch erhalten hat."

Nachdem der Zeuge M. G. bekundet hatte, daß Geld nicht gezahlt worden sei, wiederholte der Nebenkläger den Antrag inhaltlich dahin abgewandelt, 10.000 DM seien verlangt worden, "damit der Familie D. in Zukunft nichts passiere, in dem Sinn, daß niemand tätlich angegriffen oder gar getötet würde. Der Betrag von 10.000 DM sei auch an M. G. gezahlt worden." Die Beweismittel wurden nicht näher bezeichnet; lediglich bezüglich S. Y. wurde die Einschränkung "genauer Wohnort derzeit nicht bekannt, in der Nähe von" weggelassen.

Das Landgericht hat der "Anregung ..., den Aufenthalt der Zeugen ... A. Y., Bi. und S. Y. ... zu ermitteln und die Zeugen zu laden", mit Beschluß vom 17. Dezember 1992 nicht entsprochen und ausgeführt: "Ihre Vernehmung von Amts wegen erscheint nicht geboten".

Beide Rügen sind schon unzulässig, weil sie den Formerfordernissen nicht entsprechen. Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO müssen bei Verfahrensrügen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Das hat so vollständig und so genau zu geschehen, daß das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (BGHSt 3, 213, 214). Dabei genügt es nicht, Fundstellen in den Akten in Bezug zu nehmen, auch wenn es - wie hier durch die Bezugnahme auf Blatt 27 der Akten - im Wortlaut eines Antrages geschieht. Vielmehr müssen solche Stellen, wenn sie für die Beurteilung der Rüge von Bedeutung sein können (hier Hinweise zur Individualisierung des oder der Zeugen und/oder zur Konkretisierung der Beweisbehauptung), in ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben werden (BGH bei Pfeiffer/Miebach NStZ 1985, 208).

Unabhängig davon wäre die Rüge der Verletzung des Beweisantragsrechtes auch nicht begründet gewesen, weil es sich nicht um einen nach § 244 Abs. 3 StPO zu bescheidenden Beweisantrag handelt. Denn Gegenstand eines Beweisantrages auf Vernehmung eines Zeugen können nur solche Umstände oder Geschehnisse sein, die mit dem benannten Beweismittel unmittelbar bewiesen werden sollen. Ein Zeuge kann grundsätzlich nur über seine eigenen Wahrnehmungen vernommen werden (BGH NStZ 1993, 550 zum Abdruck in BGHSt vorgesehen). Welche bestimmten Tatsachen welcher der drei Zeugen von den beiden Komplexen des Antrags (einmal die Forderung und deren Begleitumstände, zum anderen die Zahlung) selbst wahrgenommen hat, was also zum Nachweis über den versuchten Totschlag hinaus für die Verwirklichung des Mordmerkmales niedriger Beweggründe konkret (etwa Erklärung des Nebenklägers bei der Geldübergabe an den älteren Verwandten zur Mitteilung an den Angeklagten F. G.) unter Beweis gestellt sein soll, ist dem Antrag nicht zu entnehmen (vgl. BGHSt 37, 162). So ist es denkbar, daß einer von den Zeugen oder mehrere unmittelbar bei einem oder beiden Komplexen zugegen waren und dabei nicht näher gekennzeichnete Wahrnehmungen gemacht haben. Zumindest ebenso kommt es in Betracht, daß sie von dritter Seite - etwa durch den Nebenkläger oder ihm nahestehende Personen - über einen oder beide Komplexe informiert wurden, somit für die Überzeugungsbildung von allenfalls geringem Beweiswert waren. Ein Beweisantrag liegt nicht vor, wenn ein Konnex zwischen Beweistatsache und Beweismittel nicht erkennbar ist, so daß das Gericht die Ablehnungsgründe der Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache oder der völligen Ungeeignetheit des Beweismittels nicht sinnvoll zu prüfen vermag (Widmaier NStZ 1993, 602 f).

Darüber hinaus hat das Landgericht mit Recht auf die unzureichende Bezeichnung der Beweismittel, die fehlende Individualisierung hingewiesen. Zur Individualisierung im Sinne des Beweisantragsrechts reicht grundsätzlich die bloße Namensnennung von Zeugen mit der Angabe eines Wohnortes nicht aus. Ein Zeuge, der erst aus einem Personenkreis herausgefunden werden soll (hier aus den Bewohnern der genannten Ortschaften), ist noch nicht individualisiert (vgl. Herdegen in KK 3. Aufl. § 244 Rdn. 48 m.w.N.). Erforderlich ist die Unterscheidbarkeit des Zeugen von anderen Personen durch ihn eingrenzende Merkmale, durch die typischerweise auch der Zusammenhang des Zeugen mit der Sache erkennbar wird. Dann gibt der Antragsteller die von der Rechtsprechung gemeinten "Hinweise", die es ermöglichen, Namen und Anschrift zu ermitteln. So ist etwa die Angabe der früheren Arbeitsstätte und des wohnunggebenden Arbeitgebers (BGH bei Holtz MDR 1977, 984; vgl. RG GA 38, 60, 61) einer genau bezeichneten anderen Kontaktperson für den nach Merkmalen individualisierten Zeugen (BGH bei Dallinger MDR 1960, 329; BGH StV 1989, 379; RG JW 1932, 418, 419), des Mitpatienten für einen bestimmten Krankenhausbesuch (BGH NStZ 1981, 309, 310), des Wachpersonals über einen bestimmten Vorgang in der Hauptwache (RG JW 1922, 299), des für die Zeit zuständigen Sachbearbeiters für Führerscheinsachen einer bestimmten Behörde (Bay ObLG DAR 1980, 269) als ausreichend angesehen worden. Zutreffend ist aber auch hervorgehoben worden, daß der Zeuge als Beweismittel grundsätzlich mit vollständigem Namen und genauer Anschrift zu benennen ist; nur wenn der Antragsteller dazu nicht in der Lage ist - was die Revision selbst nicht behauptet - genügt es, im einzelnen den Weg zu beschreiben, auf dem die Person des Zeugen zuverlässig ermittelt werden kann (BGH DAR 1980, 205). Ob es sich dann allerdings um einen nach § 244 Abs. 3, 6 StPO zu bescheidenden Beweisantrag, wie im Anschluß an die vom Reichsgericht - vor der 1935 erfolgten gesetzlichen Regelung des Beweisantragsrechts - entwickelte Rechtsprechung angenommen wird, oder richtigerweise um einen Ermittlungsantrag (§ 244 Abs. 2 StPO) handelt, kann der Senat offen lassen.

Auch aufgrund seiner Aufklärungspflicht wäre das Gericht nicht gehalten gewesen, den Aufenthalt der Zeugen zu ermitteln und diese zu vernehmen. Die Aufklärungspflicht, deren Rahmen durch die prozessuale Tat abgesteckt wird, erstreckt sich auf alle rechtlich erheblichen Tatsachen (vgl. Herdegen a.a.O. Rdn. 19). Das bedeutet nicht, daß versucht werden muß, jedes Detail der Vorgeschichte oder des Randgeschehens oder etwa Teile der Lebensgeschichte von Zeugen wegen deren Glaubwürdigkeit zu ermitteln. Der Tatrichter ist nicht zu ausufernder Aufklärung verpflichtet (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 41. Aufl. § 244 Rdn. 13). Kern und Ausgangspunkt des Aufklärungsgebotes ist es, die Wahrheit in Bezug auf die zu beurteilende Tat zu erforschen und deren tatbestandsverwirklichenden Unrechtsgehalt festzustellen. Nach Auffassung des Senats kommt es darauf an, ob bei verständiger Würdigung der Sachlage durch den abwägenden Richter die Verwendung einer Aufklärungsmöglichkeit den Schuldvorwurf - und dieser ist entscheidend - möglicherweise widerlegt, in Frage gestellt oder als begründet erwiesen hätte (vgl. Herdegen a.a.O. Rdn. 21 m.w. Nachw.). Nicht abschließend braucht der Senat darüber zu befinden, ob die Beweismittel erschöpft werden müssen, wenn auch nur die "entfernte" Möglichkeit einer Änderung der durch die vollzogene Beweisaufnahme begründeten Vorstellung von dem zu beurteilenden Sachverhalt in Betracht kommt (BGHSt 23, 176, 188; 30, 131, 143; Kleinknecht/Meyer-Goßner a.a.O. Rdn. 12 m. w. Nachw.) oder ob der Richter nicht auch zu einer Beweisantizipation als Element einer verständigen Würdigung der Sachlage (Herdegen NStZ 1984, 97, 98) ermächtigt ist. Im Rahmen des ihm von Recht und Gesetz eingeräumten Ermessens darf der Richter, wie dies unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht für die Frage der Unerreichbarkeit eines Zeugen gemäß § 251 Abs. 2 StPO durch die Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt ist (BGHSt 22, 118, 120; 32, 68, 73; BGHR StPO § 251 II Unerreichbarkeit 3), auch bedenken, wie bei gewissenhafter Verwirklichung des Aufklärungsgebotes die Wichtigkeit der Zeugenaussage oder einer sonstigen Beweiserhebung für die Wahrheitsfindung einerseits gegen das Interesse an einer reibungslosen und beschleunigten Durchführung des Verfahrens andererseits zu beurteilen ist. Bei dieser Interessenabwägung verliert die Aufklärungsmöglichkeit in dem Maße an Gewicht, in dem eine konkrete Verknüpfung mit dem Schuldvorwurf, die genaue Bezeichnung der Tatsachen, die der Zeuge bekunden soll und der Umstände, auf denen sein Wissen beruht, fehlen.

Unter Beachtung dieser Grundsätze hätte sich das Landgericht zur Aufenthaltsermittlung und zur Vernehmung weiterer Zeugen, deren sachlicher Bezug zu den genannten Fragenkomplexen unklar war, nicht gedrängt zu sehen brauchen. Es hatte in der vom 24. November bis 17. Dezember 1992 dauernden Hauptverhandlung zur Vorgeschichte, soweit möglich, unter anderem den Vorfall vom 15. März 1991 aufgeklärt und sich die Überzeugung verschafft, daß der Nebenkläger den Angeklagten F. G. mit der Eisenstange auf den Kopf und dessen Cousine trotz ausdrücklicher Warnung durch seinen Sohn ebenfalls mit der Eisenstange geschlagen hat, ohne allerdings festzustellen, ob diese deswegen ihr ungeborenes Kind verloren hat. Das Landgericht hat über die Vermittlungsbemühungen des älteren Verwandten der Angeklagten Beweis erhoben. Ersichtlich nicht nur im Hinblick auf die Bekundung dieses älteren Verwandten, sondern auch unter Würdigung der nicht zur staatsanwaltschaftlichen Anklage führenden Anzeige und der erfolglosen Einschaltung eines Rechtsanwaltes ist es zu der Überzeugung gelangt, daß eine Bereinigung der Angelegenheit durch Geldzahlung gescheitert war. Nachdem der Nebenkläger seinerseits - auch das Revisionsvorbringen gibt keinen Anhaltspunkt hierfür - weder einen Zahlungsbeleg noch eine Quittung beibringen noch belegen konnte, daß er in der fraglichen Zeit 10.000 DM von einem ihm zugänglichen Konto abgehoben hatte, brauchte es nicht nach den drei nicht individualisierten, fern lebenden Zeugen zu forschen, bei deren Benennung nicht erkennbar wurde, wie sie mit der Sache und deren Hintergrund befaßt waren.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den am letzten Verhandlungstag als Beweisantrag gestellten Antrag auf Vernehmung der Zeugin Gö. als für die Schuldfrage nach dem vorliegenden Beweisergebnis ohne - erkennbar tatsächliche - Bedeutung zurückgewiesen. Auch wenn die Zeugin im Gegensatz zum Zeugen M. G. ausgesagt hätte, dieser habe von dem Nebenkläger und seiner Ehefrau 10.000 DM ausgehändigt bekommen, so hätte die Zeugin aufgrund eigener Wahrnehmung nichts über den Zahlungsgrund, über die Zusammenhänge, die zu dieser Zahlung führten, und insbesondere (unter dem Gesichtspunkt der Verwirklichung des Mordmerkmales niedriger Beweggründe, vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1993 - 3 StR 476/93) über die Verbindung der Angeklagten zu dem Zahlungsvorgang sowie deren Kenntnis davon bekunden können. Im Gegenteil: Aus dem Vorbringen im Antrag ergibt sich ausdrücklich, daß die Zeugin über den Zahlungsgrund lediglich aufgrund von Gerüchten informiert war, nämlich weil dies "allgemein in Kurdenkreisen in K. und Umgebung bekannt" gewesen sei. Damit wird durch den Antrag selbst klargestellt, daß die Zeugin bei der Geldübergabe über die Zusammenhänge nichts wahrgenommen hat. Die Überzeugung des Landgerichts, daß der Streit um die Verletzung des Angeklagten F. G. durch eine Geldzahlung nicht bereinigt war, wurde dadurch nicht in Frage gestellt.

Auf der fehlerhaften Nichtbescheidung des im Schlußvortrag bezüglich der Beweismittelbezeichnung nachgebesserten Antrages auf Vernehmung des Zeugen Gr. über den Beginn der Auseinandersetzung vom 15. März 1991 und des Umstandes, daß die Cousine der Angeklagten den Nebenkläger ihrerseits mit der Eisenstange geschlagen haben soll, beruht das Urteil nicht. Das gilt ebenso hinsichtlich des gegenbeweislich auch von dem Nebenkläger gestellten Antrags auf Vernehmung der Ärzte, die den Nebenkläger an diesem Abend behandelt haben, und den er im Gegensatz zu den Angeklagten nicht zurückgenommen hat.

Das Mordmerkmal der Heimtücke ist offensichtlich nicht erfüllt, nachdem die Angeklagten nach möglichem vorherigen Wortwechsel den Nebenkläger zunächst aus dem Wagen gezerrt haben. Auf dessen Einstellung zu einem Angriff vor dem Ausbremsen kommt es nicht an.

Externe Fundstellen: BGHSt 40, 3; NJW 1994, 1294; NStZ 1994, 247; StV 1994, 169

Bearbeiter: Rocco Beck