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HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 300

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 553/24, Beschluss v. 21.01.2025, HRRS 2025 Nr. 300


BGH 3 StR 553/24 - Beschluss vom 21. Januar 2025 (LG Wuppertal)

Verwerfung des Antrags auf Entscheidung des Revisionsgerichts als unbegründet; Revisionsbegründungsfrist (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung von Verfahrensrügen).

§ 345 StPO; § 346 Abs. 2 StPO; § 44 StPO

Entscheidungstenor

1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den Stand vor Versäumung der Frist zur Anbringung des Antrages auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den Beschluss des Landgerichts Wuppertal vom 5. Juli 2024 gewährt.

2. Der Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts gegen den vorgenannten Beschluss, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 19. März 2024 als unzulässig verworfen worden ist, wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten der Wiedereinsetzung und des Rechtsmittels sowie die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1. Das Landgericht hat den Angeklagten der besonders schweren Vergewaltigung und weiterer Delikte schuldig gesprochen. Unter Einbeziehung von Strafen aus Vorverurteilungen hat es ihn mit zwei Gesamtfreiheitsstrafen belegt und eine Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung getroffen.

Gegen das Urteil hat der Angeklagte form- und fristgerecht Revision eingelegt. Nach Urteilszustellung an seinen Verteidiger am 25. April 2024 hat der Angeklagte seine Revision mit einem am 3. Juli 2024 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz seines Verteidigers begründet, indem er die unausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts erhoben hat.

Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss nach § 346 Abs. 1 StPO die Revision wegen verspäteter Begründung als unzulässig verworfen. Die Entscheidung ist dem Verteidiger am 12. Juli 2024 zugestellt worden.

Mit am 28. Juli 2024 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz seines Verteidigers hat der Angeklagte gegen die Verwerfung des Rechtsmittels eine Entscheidung des Revisionsgerichts beantragt und gegen die Versäumung der Frist für die Anbringung dieses Antrages Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Er hat geltend gemacht, er habe die Wochenfrist des § 346 Abs. 2 StPO nicht eingehalten, da sein Verteidiger bettlägerig krank gewesen sei; die Revision sei rechtzeitig begründet worden, weil der Verteidiger erst am 3. Juni 2024 antragsgemäß Akteneinsicht erhalten habe und daher die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO ab diesem Tag zu berechnen sei.

2. Während das Wiedereinsetzungsbegehren Erfolg hat, erweist sich der - damit zulässige - Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO als unbegründet. Zu diesem Rechtsmittel hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Das Landgericht hat die Revision des Angeklagten zurecht als unzulässig verworfen.

Da das Urteil des Landgerichts Wuppertal am 25. April 2024 zugestellt worden ist (Urteilsund Revisionsband Bl. 134 Rs.), wäre die Revision bis zum 27. Mai 2024 (Montag) zu begründen gewesen (§ 345 Abs. 1 StPO). Die am 3. Juli 2024 beim Landgericht eingegangene Revisionsbegründung (Urteils- und Revisionsband Bl. 135 ff.) war deshalb verspätet. Soweit sich der Verteidiger darauf beruft, er habe erst am 3. Juni 2024 Akteneinsicht vom Landgericht erhalten, führt dies nicht dazu, dass die Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO erst am 3. Juni 2024 begann. Da das Urteil am 25. April 2024 dem Verteidiger zugestellt worden ist, hätte er innerhalb der Revisionsbegründungsfrist jedenfalls die Sachbeschwerde erheben können. Soweit dem Verteidiger die Akten trotz rechtzeitiger Anforderung vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht zur Einsicht überlassen worden sein sollten, wäre eine Wiedereinsetzung in die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zur Nachholung von Verfahrensrügen möglich gewesen (vgl. BGH, Beschl. v. 11. April 2019 - 1 StR 91/18, NStZ 2019, 625; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl. § 345 Rn. 26). Ein solcher Wiedereinsetzungsantrag ist aber nicht gestellt worden; auch der Schriftsatz vom 28. Juli 2024, der davon ausgeht, dass die Revisionsbegründungsfrist eingehalten worden ist, enthält einen solchen nicht. Ungeachtet dessen würde ein solcher Wiedereinsetzungsantrag wegen fehlender Akteneinsicht voraussetzen, dass der Beschwerdeführer für jede der Verfahrensrügen darlegt, dass er gerade durch die fehlende Akteneinsicht an einer ordnungsgemäßen Begründung gehindert war (BGH, Beschl. v. 6. Mai 1997 - 4 StR 152/97, BeckRS 1997, 31121070; KK-StPO/ Gericke, 9. Aufl., § 345 Rn. 26). ...

Letztlich ergibt sich aus dem Vorbringen kein Sachverhalt, bei dessen Vorliegen der Angeklagte ohne eigenes Verschulden an der Wahrnehmung der Frist gehindert war. Er kannte auf Grund der Rechtsmittelbelehrungen die Revisionsbegründungsfrist (Protokollband II Bl. 18). Welche Abreden er mit ... [dem Verteidiger] zur Durchführung des Revisionsverfahrens getroffen hat, ist nicht dargetan. Ob der Angeklagte sich vor Fristablauf oder etwa erst nach dem Revisionsverwerfungsbeschluss ... [beim Verteidiger] nach den einzuhaltenden Fristen und deren Beginn bzw. Ablauf erkundigt hat, ist dem Antragsvorbringen nicht zu entnehmen. Es ist auch nicht dargetan, dass der Angeklagte auf die unzutreffende Rechtsansicht vertraut hat, die Frist zur Revisionsbegründung werde erst nach vollständiger Akteneinsicht in Lauf gesetzt.

Damit hat das Landgericht die Revision zu Recht als unzulässig verworfen. Das Revisionsgericht verwirft in diesen Fällen den Antrag auf Entscheidung als unbegründet (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 346 Rn. 10; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 346 Rn. 22).“

Dem tritt der Senat bei.

HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 300

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede