HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 298
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 532/24, Beschluss v. 21.01.2025, HRRS 2025 Nr. 298
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 11. April 2024 im Ausspruch über die Aufrechterhaltung der im Urteil des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 8. Februar 2023 angeordneten Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aufgehoben; dieser entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Erpressung in drei Fällen, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren räuberischen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt, die im Urteil des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 8. Februar 2023 angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten, seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts zutreffend dargelegten Gründen weder zu den Schuld-, Straf- und Einziehungsaussprüchen noch zur angeordneten Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2. Der Ausspruch über die Aufrechterhaltung der mit Urteil des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 8. Februar 2023 angeordneten Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt erweist sich demgegenüber als rechtsfehlerhaft; er hat keinen Bestand. Denn weder findet § 55 Abs. 2 Halbsatz 1 StGB Anwendung, noch kommt eine erneute Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB in Betracht. Im Einzelnen:
a) Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Halbsatz 1 StGB liegen nicht vor.
aa) Unterliegt die abzuurteilende Tat wegen der Zäsurwirkung einer weiteren Vorverurteilung nicht der Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus derjenigen Vorverurteilung, durch welche die Maßregel angeordnet worden ist, so kann § 55 Abs. 2 StGB nicht ‒ auch nicht entsprechend ‒ angewendet werden (BGH, Beschluss vom 29. Mai 2024 ‒ 3 StR 87/24, juris Rn. 9; Urteil vom 11. September 1997 ‒ 4 StR 287/97, BGHR StGB § 64 Anordnung 4; Fischer, StGB, 72. Aufl., § 55 Rn. 29c).
bb) Das Landgericht ist innerhalb der Strafzumessung im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die unerledigte Vorverurteilung durch das Amtsgericht Bad Sobernheim vom 18. Januar 2022 Zäsurwirkung hat. Daher unterliegt keine der mit dem angefochtenen Urteil abgeurteilten Taten einer Gesamtstrafenbildung mit den Strafen aus der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Bad Kreuznach vom 8. Februar 2023, so dass § 55 Abs. 2 StGB nicht ‒ und zwar auch nicht entsprechend ‒ anwendbar ist. Es besteht somit keine Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Diese hat daher zu entfallen, was der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst aussprechen kann.
b) Eine erneute Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt scheidet ebenso aus. Denn das Landgericht hat jedenfalls die Erfolgsaussicht einer Behandlung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 Satz 2 StGB tragfähig abgelehnt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. Mai 2024 ‒ 3 StR 87/24, juris Rn. 9).
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 298
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede