HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 878
Bearbeiter: Fabian Afshar
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 45/23, Beschluss v. 03.05.2023, HRRS 2023 Nr. 878
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 16. November 2022 im Ausspruch über die Einziehung der 53 Goldbarren „Perth Mint 1 Unze im Blister 31.1 Gramm“ aufgehoben; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus zwei landgerichtlichen Urteilen und Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt sowie die Einziehung von 53 verkauften Goldbarren „Perth Mint 1 Unze im Blister 31.1 Gramm“ und des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Ausspruch über die Einziehung der 53 Goldbarren „Perth Mint 1 Unze im Blister 31.1 Gramm“ mit einem Feingoldanteil von 0,19 % und einem Materialwert von 220 € hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat die Einziehung - wie sich allein aus der Liste der angewendeten Vorschriften ergibt - auf § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB gestützt. Hiernach können Gegenstände, die einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen, eingezogen werden, wenn diese nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass hinsichtlich der verkauften Goldbarren allein eine Einziehung als Tatmittel (§ 74 Abs. 1 Alternative 2 StGB) gemäß §§ 74 ff. StGB in Betracht kommt. Auf der Grundlage der von der Strafkammer getroffenen Feststellungen lassen sich jedoch die Voraussetzungen einer Sicherungseinziehung nach § 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht prüfen. Es ist bereits unklar, ob sich die 53 Goldbarren in amtlicher Verwahrung oder im Besitz des Angeklagten oder des Geschädigten befinden. Die Gefahr der Begehung weiterer Straftaten dürfte aber nur dann bejaht werden können, wenn der Angeklagte Gewahrsamsinhaber ist oder das konkrete Risiko besteht, dass er Gewahrsam erlangt (vgl. auch §§ 111n, 111o StPO). Weder verhalten sich die Urteilsgründe dazu, noch versteht sich dies von selbst. In Betracht kommt etwa, dass die „Imitate“ aus amtlicher Verwahrung an den Geschädigten herauszugeben sind, weil er sie freiwillig zur sachverständigen Begutachtung ausgehändigt hatte (UA S. 30). Hierfür spricht die von der Strafkammer getroffene Feststellung, dass der Angeklagte vom Landgericht Osnabrück rechtskräftig (zivilrechtlich) verurteilt wurde, an den Geschädigten 76.850 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der 53 Barren zu zahlen, und Zahlungen bisher nicht geleistet worden sind (UA S. 26).
Die Urteilsgründe lassen überdies nicht erkennen, dass sich das Tatgericht bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen, und welche Gründe für die Ermessensausübung maßgeblich waren (vgl. zu § 74 StGB BGH, Beschlüsse vom 31. März 2016 - 2 StR 243/15, BGHR StGB § 74b Abs. 2 Einziehung 2 Rn. 10; vom 23. August 2011 - 4 StR 375/11, juris Rn. 3; und vom 4. Januar 1994 - 4 StR 718/93, BGHR StGB § 74 Abs. 1 Ermessensentscheidung 1). Schließlich ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht bei der Anordnung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach § 74f StGB in den Blick genommen hätte.
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird ergänzende Feststellungen zu treffen haben, die den vorliegenden nicht widersprechen dürfen.
2. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 878
Bearbeiter: Fabian Afshar