HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 275
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 437/22, Beschluss v. 10.01.2023, HRRS 2023 Nr. 275
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 4. Juli 2022 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 26 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, in 22 Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem Fall in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln und mit Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie der Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 26 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in 23 Fällen in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Zudem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet, den Vorwegvollzug eines Teils der Gesamtfreiheitsstrafe bestimmt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Beschwerdeführer mit der auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und daher unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die auf die nicht ausgeführte allgemeine Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat lediglich zum Schuldspruch im Fall II. 6. der Urteilsgründe einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Im Übrigen weist das Urteil keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsmangel auf.
a) Nach den vom Landgericht zu diesem Fall rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte in den Niederlanden 20 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 90,6 % Kokainhydrochlorid, wobei 5 Gramm zum Eigenkonsum und der übrige Anteil zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren. Von ihm beauftragt verbrachte ein Dritter das Kokain von den Niederlanden nach Deutschland zur Wohnung des Angeklagten in E. Dort portionierte der Angeklagte die Handelsmenge und veräußerte sie. Dabei befanden sich zugriffsbereit in seinen Wohnräumen unter anderem verschiedene Messer, die der Absicherung der Betäubungsmittelgeschäfte dienten.
Das Landgericht hat diese Tat des Angeklagten als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in Tateinheit mit Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG, § 26 StGB gewertet.
b) Die auf die Handelsmenge (15 Gramm Kokain) bezogene Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist frei von Rechtsfehlern.
Dagegen hat die auf die Eigenverbrauchsmenge (5 Gramm Kokain) bezogene Verurteilung wegen (tateinheitlich begangener) Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge keinen Bestand, weil insofern die Grenze zur nicht geringen Menge (5 Gramm Kokainhydrochlorid) nicht erreicht war. Hinsichtlich der Eigenverbrauchsmenge hat sich der Angeklagte vielmehr zum einen wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 26 StGB strafbar gemacht (vgl. Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 30a Rn. 219). Zum anderen ist er insofern - in weiterer Tateinheit - des Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG schuldig (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. März 2007 - 3 StR 55/07, NStZ 2007, 529; vom 14. August 2002 - 2 StR 249/02, NStZ 2003, 90 Rn. 11; MüKoStGB/Oğlakcıoğlu, 4. Aufl., § 29 BtMG Rn. 973; Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 949).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend; § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen.
c) Die für den Fall II. 6. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe wird von der Schuldspruchänderung nicht berührt. Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer eine mildere Einzelstrafe verhängt hätte, wenn sie der Strafzumessungsentscheidung die zutreffende rechtliche Beurteilung zu Grunde gelegt hätte. Damit hat auch die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe Bestand.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit dessen gesamten Kosten zu belasten.
HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 275
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede