HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 226
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 407/21, Beschluss v. 08.12.2021, HRRS 2022 Nr. 226
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 2. Juni 2021 im Maßregelausspruch dahin geändert, dass der Ausspruch über das Berufsverbot auf das Verbot der Behandlung von Personen weiblichen Geschlechts beschränkt wird.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses in 21 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der sechs Monate als vollstreckt gelten. Zudem hat es dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren verboten, den Beruf des Physiotherapeuten, des Osteopathen oder des Heilpraktikers auszuüben. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich in Bezug auf das Berufsverbot den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
Die Verfahrensbeanstandungen greifen aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift dargelegten Gründen zumindest im Ergebnis nicht durch. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils hat in Bezug auf den Schuld- und den Strafausspruch sowie die Kompensationsentscheidung ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Allerdings hat das Berufsverbot nicht in vollem Umfang Bestand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
„Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 S. 1 StGB hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei bejaht. Auch der für einen Missbrauch des Berufs erforderliche berufstypische Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ist gegeben und die Ausführungen im angefochtenen Urteil lassen erkennen, dass sich die Kammer des auf der Rechtsfolgenseite eingeräumten Ermessens bewusst gewesen ist (vgl. Fischer, StGB, 68. Aufl., § 70 Rn. 11).
Der Verbotsausspruch ist jedoch auf Personen weiblichen Geschlechts zu beschränken. Die Erwägung der Kammer zu der Gefahr für männliche Patienten (UA S. 35) kann das Berufsverbot nach § 70 StGB bezogen auf die Behandlung nichtweiblicher Patienten nicht rechtfertigen. Voraussetzung des Berufsverbotes ist, dass die Gefahr besteht, der Täter werde ohne Verbot erhebliche rechtswidrige Taten unter Missbrauch seines Berufs begehen. Für diese Befürchtung besteht jedenfalls bezogen auf männliche Patienten kein Anlass. Die von der Kammer angeführte Befürchtung, der Angeklagte könne Heilbehandlungen an männlichen Patienten auch ohne erforderliche Ausbildung und Zulassung vornehmen, begründet bei physiotherapeutischen Behandlungen jedenfalls nicht die Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten. Für die Gefahr von Sexualstraftaten auch zum Nachteil männlicher Patienten geben die Urteilsgründe keine Anhaltspunkte (vgl. Senat, Beschl. v. 16. Januar 2003 - 3 StR 454/02, StV 2004, 653 = BeckRS 2003, 1636).“
Dem kann sich der Senat nicht verschließen.
Angesichts des geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 226
Externe Fundstellen: StV 2022, 310
Bearbeiter: Christian Becker