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HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 27

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 265/21, Beschluss v. 08.09.2021, HRRS 2022 Nr. 27


BGH 3 StR 265/21 - Beschluss vom 8. September 2021 (LG Mönchengladbach)

Keine Tateinheit zwischen Beihilfe zum Anbau von Betäubungsmitteln und Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.

§ 29 BtMG; § 27 StGB; § 52 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 9. Februar 2021

im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen sowie des Besitzes von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist;

im Adhäsionsausspruch dahin ergänzt, dass im Übrigen von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen wird.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit im Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten sowie die der Neben- und Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1. Soweit die Strafkammer den Angeklagten wegen Betäubungsmitteldelikten verurteilt hat, bedarf der Schuldspruch der Korrektur zu seinen Gunsten (§ 349 Abs. 4 StPO).

a) Die Strafkammer hat den Angeklagten zum einen rechtsfehlerfrei des Besitzes von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG für schuldig befunden, weil er in seiner Wohnung mindestens fünf Gramm Cannabis zum Eigenkonsum verwahrte. Zum anderen hat sie festgestellt, dass er einem Mitbewohner gestattete, in seiner Wohnung in einem „Growzelt“ eine Cannabispflanze großzuziehen, um das so gewonnene Cannabis später gewinnbringend zu verkaufen, und ihm hierfür das Schlafzimmer zur Nutzung überließ. Insofern ist das Landgericht von einer Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beihilfe zum Anbau von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ausgegangen.

Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Zwar hat sich der Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln strafbar gemacht, weil er nicht lediglich die Aufzucht der Cannabispflanze in seiner Wohnung durch einen Bekannten, den er aufgenommen hatte, duldete, sondern durch die ausdrückliche Gestattung und das Zurverfügungstellen eines Zimmers zum Aufstellen des „Growzeltes“ eine aktive Unterstützungsleistung erbrachte (vgl. BGH, Urteile vom 25. April 2017 - 5 StR 106/17, NStZ-RR 2017, 219, 220; vom 19. Dezember 2013 - 4 StR 300/13, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 83 Rn. 7; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29 Teil 2 Rn. 29, Teil 4 Rn. 244; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 86). Die dadurch tatbestandlich ebenfalls verwirklichte Beihilfe zum Anbau von Betäubungsmitteln geht indes in der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Januar 2019 - 2 StR 212/18, NStZ 2019, 414 Rn. 14; vom 9. Oktober 2018 - 4 StR 318/18, NStZ 2019, 82; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29 Teil 2 Rn. 91; Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 121). Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zum Anbau von Betäubungsmitteln hat daher zu entfallen. Soweit die Strafkammer von Tateinheit zwischen dem Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum und der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ausgegangen ist, liegt jedenfalls keine Beschwer des Angeklagten vor.

b) Der Einzelstrafausspruch für diese Tat und damit auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe bleiben von der Schuldspruchänderung unberührt. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat verringert sich durch ihre andere konkurrenzrechtliche Beurteilung nicht. Es ist daher auszuschließen, dass die Strafkammer bei zutreffendem Schuldspruch eine niedrigere Einzelstrafe festgesetzt hätte.

2. Hinsichtlich der Adhäsionsentscheidung gilt Folgendes: Dadurch, dass die Strafkammer entgegen § 406 Abs. 1 Satz 6 StPO dem von der Neben- und Adhäsionsklägerin geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch nur dem Grunde nach stattgegeben hat, ist der Angeklagte jedenfalls nicht beschwert. Der Adhäsionsausspruch ist allerdings, weil die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes beantragt worden war, im Hinblick auf § 406 Abs. 3 Satz 3 StPO dahin zu ergänzen, dass im Übrigen von einer Entscheidung abgesehen wird. Diesen Ausspruch kann der Senat selbst nachholen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Oktober 2019 - 3 StR 225/19, juris Rn. 2; vom 7. Juli 2017 - 4 StR 44/17, juris Rn. 7; vom 4. Februar 2016 - 1 StR 643/15, juris Rn. 2).

3. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten durch sein Rechtsmittel veranlassten Kosten und Auslagen zu belasten.

HRRS-Nummer: HRRS 2022 Nr. 27

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2021, 383

Bearbeiter: Christian Becker