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HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1085

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 256/21, Beschluss v. 24.08.2021, HRRS 2021 Nr. 1085


BGH 3 StR 256/21 - Beschluss vom 24. August 2021 (LG Mönchengladbach)

Prüfung des minder schweren Falles beim schweren Raub (Gesamtbetrachtung; gesetzlich vertypter Strafmilderungsgrund).

§ 250 Abs. 3 StGB

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 22. März 2021 im Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seine auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Das weitergehende Rechtsmittel ist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Der Schuldspruch ist frei von Rechtsfehlern. Mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, namentlich auf die Bezugnahme auf ein vollumfängliches Geständnis des Angeklagten im Rahmen der Strafzumessung, welches der Geschädigten eine Zeugeneinvernahme erspart hat, ist die knappe Beweiswürdigung noch hinzunehmen.

2. Der Strafausspruch hält materiellrechtlicher Überprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat die Annahme eines minder schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB mit der Begründung abgelehnt, „die nach außen erkennbar zu Tage getretene Gewaltbereitschaft des Angeklagten sowie des gesondert Verfolgten […] unter Verwendung eines besonders gefährlichen Werkzeuges“ lasse die Annahme eines minder schweren Falles fernliegend erscheinen. Das Vorliegen des vertypten Milderungsgrundes gemäß § 21 StGB findet in diesem Zusammenhang keine Erwähnung.

Danach ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass das Tatgericht bei der Prüfung des minder schweren Falles neben den allgemeinen Strafzumessungsumständen zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einbezogen hat (st. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 10. September 1986 - 3 StR 287/86, BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 2 Strafrahmenwahl 1; Beschlüsse vom 26. Februar 2019 - 1 StR 14/19, NStZ 2019, 472 Rn. 7; vom 27. Oktober 2020 - 3 StR 338/20, juris Rn. 6; jeweils mwN). Weil nicht auszuschließen ist, dass die Strafkammer unter Zugrundelegung der zutreffenden Maßstäbe einen minder schweren Fall bejaht und auf eine mildere Strafe erkannt hätte, ist der Strafausspruch aufzuheben.

Es kommt deshalb im Ergebnis nicht darauf an, dass auch die konkrete Formulierung des Landgerichts hier rechtlichen Bedenken begegnet. Diese lässt besorgen, dass das Landgericht bereits die Verwirklichung des objektiven Tatbestands des besonders schweren Raubes als solche strafschärfend verwertet hat (§ 46 Abs. 3 StGB, vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2018 - 2 StR 477/17, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Raub 8 Rn. 11; Beschluss vom 16. August 2000 - 2 StR 279/00, BGHR StGB § 46 Abs. 3 Bandendiebstahl 1).

3. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung über den Strafausspruch. Die zugehörigen Feststellungen bleiben von dem aufgezeigten Wertungsfehler unberührt, sodass sie gemäß § 353 Abs. 2 StPO bestehen bleiben können. Weitergehende Feststellungen, die den bislang getroffenen nicht widersprechen, sind möglich.

HRRS-Nummer: HRRS 2021 Nr. 1085

Bearbeiter: Christian Becker