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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1354

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 ARs 14/20, Beschluss v. 17.11.2020, HRRS 2020 Nr. 1354


BGH 3 ARs 14/20 - Beschluss vom 17. November 2020

Ladung und Vorführung eines Zeugen vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss (Corona-Pandemie; Gesundheitsschutz; Beweiserhebungsrecht; Abwägung; Verhältnismäßigkeit; audiovisuelle Vernehmung; Zuständigkeit zur gerichtlichen Überprüfung).

§ 20 PUAG; Art. 44 Abs. 2 GG; § 36 PUAG; Art. 2 Abs. 2 GG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die Ladung sowie ggf. die Vorführung eines Zeugen vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss kann trotz etwaiger damit verbundener Gesundheitsrisiken aufgrund der Corona-Pandemie verhältnismäßig sein, wenn dabei strenge Gesundheits- und Hygieneregeln beachtet werden (Überstellung als Einzeltransport; Mindestabstand aller Sitzungsteilnehmer während der Vernehmung; Maskenpflicht im Gebäude; Möglichkeit von Corona-Schnelltests).

2. Ein Konflikt zwischen dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und dem Gesundheitsschutz ist durch Abwägung der einander widerstreitenden Interessen zu lösen. Führt diese Abwägung zu dem Ergebnis, dass die dem Eingriff entgegenstehenden Interessen des Betroffenen im konkreten Fall ersichtlich wesentlich schwerer wiegen als diejenigen Belange, deren Wahrung die staatliche Maßnahme dienen soll, so verletzt der gleichwohl erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und damit das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Bei der Beurteilung dieser Frage können unter anderem Art und Intensität der zu befürchtenden Schädigung sowie Möglichkeiten, dieser entgegenzuwirken, Beachtung erfordern, wobei den staatlichen Stellen ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum bei der Erfüllung ihrer Schutzpflichten zukommt.

3. Gegenüber einer etwaigen audiovisuellen Vernehmung entsprechend Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG, § 247a Abs. 1 Satz 1, § 251 Abs. 2 StPO stellt die unmittelbare Befragung des Zeugen die Regel dar. Die audiovisuelle Vernehmung weist im Vergleich zu einer unmittelbaren Einvernahme gewisse Defizite auf. Die Anordnung der audiovisuellen Vernehmung steht bei Vorliegen der Voraussetzungen im pflichtgemäßen Ermessen. Hierbei sind die wechselseitigen Interessen aller Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen, gegeneinander abzuwägen und miteinander in Ausgleich zu bringen.

Entscheidungstenor

Die Anträge des Antragstellers werden zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Das Verfahren hat die Ladung des Antragstellers als Zeugen durch den 3. Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, den Antragsgegner, zum Gegenstand.

Dieser Untersuchungsausschuss wurde am 1. Oktober 2020 mit dem Auftrag eingesetzt, das Verhalten der Bundesregierung und ihrer Geschäftsbereichsbehörden im Zusammenhang mit Vorkommnissen um den Wirecard-Konzern auch im Zusammenwirken mit anderen öffentlichen sowie privaten Stellen umfassend zu untersuchen (BT-Drucks. 19/22996 S. 2; BTPlPr. 19/180 S. 22669). Der Antragsteller war Vorstandsvorsitzender der Wirecard AG und befindet sich derzeit in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt A. Mit Schreiben vom 9. November 2020 lud ihn der Antragsgegner zur Zeugenvernehmung am 19. November 2020 nach Berlin und wies auf die Pflicht, der Ladung Folge zu leisten, sowie mögliche Folgen unentschuldigten Fernbleibens hin. Mit weiterem Schreiben vom selben Tag bat der Antragsgegner die Justizvollzugsanstalt um Überstellung des Antragstellers zum Termin per Einzeltransport.

Der Antragsteller nahm zu der Ladung gegenüber dem Antragsgegner mit anwaltlichem Schriftsatz vom 12. November 2020 dahin Stellung, dass wegen der Corona-Pandemie eine Verschubung nach Berlin unverhältnismäßig sei und zu unvertretbaren Gesundheitsrisiken für ihn sowie Mitarbeiter und Insassen der Justizvollzugsanstalt führe. Auch von Seiten der Staatsanwaltschaft bestünden Bedenken wegen der gesundheitlichen Gefahren und sich aufdrängender Sicherheitsrisiken. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebiete die Wahl des mildesten Mittels. In der Justizvollzugsanstalt stehe eine Videoanlage zur Verfügung, über welche die Vernehmung in den Untersuchungsausschuss übertragen werden könne. Hierzu sei der Antragsteller bereit.

Der Antragsgegner leitete den Schriftsatz mit Gelegenheit zur Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft München I und die Justizvollzugsanstalt A. weiter, die darauf jeweils am 16. November 2020 mitteilten, eine Videovernehmung als „vorzugswürdig“ anzusehen.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers erhielt am 13. November 2020 auf telefonische Nachfrage die Auskunft, dass sein Schreiben den Ausschussmitgliedern erst am 17. November 2020 vorgelegt und der Antragsteller, falls sich nichts ändere, voraussichtlich am darauf folgenden Tag in der Justizvollzugsanstalt abgeholt und nach Berlin gebracht werde.

Aufgrund verschiedener Medienberichte über die Vorladung zieht der Antragsteller den Schluss, seine Vorführung sei längst beschlossene Sache. Insgesamt müsse er davon ausgehen, dass er zwangsweise vor den Ausschuss vorgeführt werden solle.

Er beantragt daher, 1. festzustellen, dass seine Ladung durch den Antragsgegner zur Zeugenvernehmung in Berlin rechtswidrig sei; 2. festzustellen, dass seine zwangsweise Vorführung zu dem Termin zur Zeugenvernehmung rechtswidrig wäre; 3. anzuordnen, dass seine Zeugenvernehmung im Wege einer Videovernehmung aus der Justizvollzugsanstalt A. durchgeführt werden kann; 4. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Termin zu seiner Zeugenvernehmung am 19. November 2020 bis zur abschließenden Entscheidung über den vorliegenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung vorläufig aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Er führt unter Darlegung seiner Planungen der Beweisaufnahme aus, dass er bewusst an deren Anfang die Vernehmung des Antragstellers gestellt habe. Eine spätere oder audiovisuelle Vernehmung, bei der die dem Ausschuss wichtige Unmittelbarkeit und Ganzheitlichkeit des Eindrucks nicht gewährleistet sei, würde seinem Anliegen nicht gerecht. Die - näher dargelegte - Organisation von Überstellung und Vernehmung trage der pandemiebedingten Gefahrenlage Rechnung.

II.

Die Anträge des Antragstellers haben jedenfalls in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Senat ist gemäß § 36 Abs. 1 PUAG zur Entscheidung berufen, da es um eine Rechtsstreitigkeit aus einem Untersuchungsverfahren des Deutschen Bundestags geht und eine Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts nicht begründet ist (vgl. allgemein BGH, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 3 ARs 24/08, juris Rn. 15; BT-Drucks. 14/5790 S. 21; Prehn, NVwZ 2013, 1581, 1583 f.; Waldhoff/Gärditz, PUAG, 2015, § 36 Rn. 20). Hierunter fällt die Überprüfung der Ausschussarbeit im Einzelnen, zum Beispiel bezüglich der Erhebung bestimmter Beweise, insbesondere soweit es um eine dem Ablauf eines Strafprozesses vergleichbare Ordnung des Untersuchungsverfahrens im engeren Sinne geht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Juni 2005 - 2 BvQ 18/05 Rn. 37, BVerfGE 113, 113, 123; Maunz/Dürig/Klein, GG, 91. EL, Art. 44 Rn. 245). Funktionell ist der Senat mangels einer speziellen Kompetenzzuweisung an den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs zuständig (s. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 3 ARs 24/08, juris Rn. 16).

2. Es kann dahinstehen, inwieweit gegen die vom - inhaftierten und vorzuführenden (s. dazu Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayUVollzG) - Antragsteller beanstandeten einzelnen Maßnahmen im Vorhinein gerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden kann (vgl. Waldhoff/Gärditz/Roßbach, PUAG, 2015, § 20 Rn. 33 ff. mwN; zu § 161a Abs. 3 StPO BGH, Beschlüsse vom 26. Juli 2007 - StB 31/07 u.a., BGHR StPO § 161a Rechtsmittel 2; vom 4. Januar 1993 - StB 27/92, BGHSt 39, 96, 99); denn zumindest im Ergebnis greifen die erhobenen Einwendungen insgesamt nicht durch.

a) Rechtsgrundlage für die Ladung von Zeugen durch einen Untersuchungsausschuss sind § 20 PUAG sowie gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG ergänzend die sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der Strafprozessordnung. Dabei ist ebenso wie im Strafverfahren der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 125; zum Strafverfahren etwa BGH, Beschlüsse vom 4. Januar 1993 - StB 27/92, BGHSt 39, 96, 99; vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00, NJW 2001, 695, 696). Ein Verstoß dagegen ist nicht ersichtlich.

aa) Bei Eingriffen in individuelle Rechte des Antragstellers sind diese mit den für die Maßnahme sprechenden Gründe abzuwägen; dazu können das Gewicht des Untersuchungsauftrags sowie die Bedeutung des Beweisthemas herangezogen werden (s. BVerfG, Beschluss vom 1. Oktober 1987 - 2 BvR 1178/86, BVerfGE 77, 1, 59 f.). Dabei ist einerseits in den Blick zu nehmen, dass das in Art. 44 GG gewährleistete Untersuchungsrecht zu den ältesten und wichtigsten Rechten des Parlaments gehört (BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2016 - 2 BvE 2/15, BVerfGE 143, 101 Rn. 107 mwN). Andererseits ist das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu beachten, das nicht nur ein subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in diese Rechtsgüter gewährt, sondern zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung darstellt, die staatliche Schutzpflichten begründet (s. etwa BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2016 - 1 BvL 8/15, BVerfGE 142, 313 Rn. 69 mwN). Ein Konflikt zwischen dem Beweiserhebungsrecht des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und dem Gesundheitsschutz ist durch Abwägung der einander widerstreitenden Interessen zu lösen. Führt diese Abwägung zu dem Ergebnis, dass die dem Eingriff entgegenstehenden Interessen des Betroffenen im konkreten Fall ersichtlich wesentlich schwerer wiegen als diejenigen Belange, deren Wahrung die staatliche Maßnahme dienen soll, so verletzt der gleichwohl erfolgende Eingriff das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und damit das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Bei der Beurteilung dieser Frage können unter anderem Art und Intensität der zu befürchtenden Schädigung sowie Möglichkeiten, dieser entgegenzuwirken, Beachtung erfordern (entsprechend zu Strafverfahren BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 2 BvR 483/20, NJW 2020, 2327 Rn. 7; vergleichbar zum parlamentarischen Untersuchungsausschuss BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07, BVerfGE 124, 78, 125). Bei der Erfüllung ihrer Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kommt staatlichen Stellen zudem ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 2 BvR 483/20, NJW 2020, 2327 Rn. 8).

bb) Nach den aufgezeigten Maßstäben sind die Ladung des Antragstellers sowie seine geplante Vorführung zur Vernehmung verhältnismäßig und nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner ist insbesondere nicht verpflichtet, von einer persönlichen Vernehmung des Antragstellers abzusehen und sich - wie von diesem gewünscht - mit dessen audiovisueller Einvernahme zu begnügen.

(1) Der Antragsgegner ist sich, wie sich bereits aus seiner an den Antragsteller gerichteten Ladung und insbesondere seiner Stellungnahme zu dem Antrag ergibt, des mit dem neuartigen Corona-Virus einhergehenden Gesundheitsrisikos bewusst und hat insoweit Schutzmaßnahmen getroffen. So sollen die Überstellung als Einzeltransport und die Vorführung unter Beachtung strenger Gesundheits- sowie Hygienevorschriften vorgenommen werden. Während der Vernehmung beträgt der Mindestabstand aller Sitzungsteilnehmer 1,5 Meter; bei Verlassen des Sitzplatzes besteht, wie in sämtlichen Gebäuden des Bundestages, eine „Maskenpflicht“. Der Zeuge erhält zudem die Möglichkeit, sowohl vor der Abfahrt aus der Justizvollzugsanstalt A. als auch im Bundestag als auch in der Justizvollzugsanstalt in Berlin vor dem Rücktransport einen Corona-Schnelltest durchführen zu lassen.

Ein über diese vorgesehenen Maßnahmen noch hinausgehender, nahezu vollständiger Schutz vor jeglicher mit einer Zeugenaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss verbundener Gesundheitsgefahr ist rechtlich nicht geboten, zumal ein gewisses Infektionsrisiko aktuell für die Bevölkerung insgesamt zum allgemeinen Lebensrisiko gehört (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 2 BvR 483/20, NJW 2020, 2327 Rn. 9).

(2) Der Zeugenvernehmung des Antragstellers kommt angesichts seiner früheren Stellung als Vorstandsvorsitzender der Wirecard AG ersichtlich eine herausgehobene Bedeutung zu. Untersuchungsgegenstand des Ausschusses ist unter anderem, „ob und wenn ja, inwieweit ggf. Verbindungen zwischen dem Wirecard-Konzern und inländischen staatlichen Stellen bestanden“ (BT-Drucks. 19/22996 S. 2). Der Antragsteller ist laut Antragsschrift bereit, sich zu seinen Kontakten zu Behördenvertretern sowie Politikern zu äußern „und insoweit zur Aufklärung der untersuchungsrelevanten Sachverhalte beizutragen“.

(3) Gegenüber einer etwaigen audiovisuellen Vernehmung entsprechend Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG, § 247a Abs. 1 Satz 1, § 251 Abs. 2 StPO stellt die unmittelbare Befragung des Zeugen die Regel dar (vgl. zum Strafverfahren BT-Drucks. 13/7165 S. 5; BGH, Beschluss vom 20. September 2016 - 3 StR 84/16, NJW 2017, 181 Rn. 11; KKStPO/Diemer, 8. Aufl., § 247a Rn. 4). Die audiovisuelle Vernehmung weist im Vergleich zu einer unmittelbaren Einvernahme gewisse Defizite auf (s. BGH, Urteil vom 15. September 1999 - 1 StR 286/99, BGHSt 45, 188, 196 f.). Die Anordnung der audiovisuellen Vernehmung steht bei Vorliegen der Voraussetzungen im pflichtgemäßen Ermessen. Hierbei sind die wechselseitigen Interessen aller Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen, gegeneinander abzuwägen und miteinander in Ausgleich zu bringen (zum Strafverfahren BVerfG, Beschluss vom 27. Februar 2014 - 2 BvR 261/14, NJW 2014, 1082 Rn. 29).

Es kann dahinstehen, ob diese für das Strafverfahren entwickelten Maßgaben in gleicher Weise für eine Zeugenaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gelten. Der Antragsgegner hat sich hier jedenfalls nachvollziehbar von der Erwägung leiten lassen, dass es angesichts der zentralen Bedeutung des Antragstellers für die Erforschung des Untersuchungsgegenstandes und für die weitere Beweisaufnahme auf einen unmittelbaren sowie authentischen Eindruck von dessen gesamten Aussageverhalten ankomme. Es bestehe Anlass zu einer besonders gründlichen Vergewisserung der Glaubhaftigkeit seiner Aussage, zumal diese für die Zuweisung von rechtlicher und politischer Mitverantwortung für die Nichtaufdeckung einer Bilanzmanipulation durch Dritte eine Rolle spielen könne. Dies ist nicht zu beanstanden.

(4) Nach einer Gesamtwürdigung der divergierenden Belange sind die angegriffene Ladung und Vorführung angemessen.

Zwar gehen mit einer Überstellung sowie Vorführung zur Zeugenvernehmung in Berlin zusätzliche Kontakte und mithin erhöhte potentielle Ansteckungsmöglichkeiten einher. Allerdings bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für eine tatsächlich bevorstehende Gesundheitsbeeinträchtigung des Antragstellers über das derzeit allgemein gegebene Infektionsrisiko hinaus. Zu dessen Minderung hat der Antragsgegner - ebenso wie die Justizvollzugsanstalt - Maßnahmen ergriffen. Überdies betrifft die Zeugenvernehmung einen Kernbereich des Untersuchungsauftrages, so dass die mit einer audiovisuellen Vernehmung verbundenen Einschränkungen der Aufklärung besonders zu bedenken sind.

b) Bereits aus den dargelegten Gründen kommt die Aufhebung des Termins zur Zeugenvernehmung im Wege einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht, ungeachtet der Frage, ob und gegebenenfalls nach welchen Vorschriften der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung statthaft ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 3 ARs 24/08, juris Rn. 18).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 3 ARs 24/08, juris Rn. 26).

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 1354

Bearbeiter: Christian Becker