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HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 114

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 323/19, Beschluss v. 26.11.2019, HRRS 2020 Nr. 114


BGH 3 StR 323/19 - Beschluss vom 26. November 2019 (LG Düsseldorf)

Änderung der Einziehungsanordnung (Additionsfehler bei der Schadensberechnung).

§ 73 StGB

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Januar 2019 wird verworfen; jedoch wird die gegen ihn ausgesprochene Einziehung des Wertes der Taterträge dahin geändert, dass die Anordnung nur in Höhe von 103.226,31 € ergeht.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 109.510 € als Gesamtschuldner mit den nicht revidierenden Mitangeklagten D. und M. angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Reduzierung des Einziehungsbetrages; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den rechtsfehlerfrei vom Landgericht getroffenen Feststellungen gehörte der Angeklagte einer Bande an, deren Mitglieder sich im Jahr 2010 zusammengeschlossen hatten, um sich durch arbeitsteiligen und fortgesetzten betrügerischen Verkauf von Wertpapieren jeweils eine dauerhafte Einnahmequelle zu verschaffen. Einige Bandenmitglieder waren als „Telefonverkäufer“ tätig. Sie riefen potentielle Kunden an, traten als Mitarbeiter einer „G.“ (G.) auf und empfahlen den Kauf sog. vorbörslicher Aktien einer „O.“ (O.), obwohl eine Lieferung solcher Aktien weder möglich noch beabsichtigt war. Dabei spiegelten sie den Kunden vor, dass der - von der G. begleitete - Börsengang der O. bevorstehe und dass die O. Kapital einsammele, um sich an Firmen zu beteiligen, die in kanadischen Ölsandgebieten Rohöl gewännen. Sowohl bei den Telefonaten als auch in einem den Kunden später übersandten Anschreiben wurde auf Internetseiten der O. und der G. verwiesen, aus denen sich u. a. ergab, dass „die G.“ eine „erfolgreiche private Investmentbank mit langjähriger Erfahrung“ sei und dass eine Investition in Aktien der O. ausweislich eines „Market Watch New York Sonderreports“ mit dem Titel „Analyse: Erdölförderung/Verbrauch/Verfügbarkeit“ ein „Kurspotential von mehreren hundert Prozent in den nächsten 12 Monaten“ berge.

Die Idee zu dem Betrugssystem hatte der Mitangeklagte D. entwickelt. Er hatte auch die zur Realisierung des Vorhabens notwendige Infrastruktur geschaffen und den Mitangeklagten M. angeworben, der sich um den Aufbau des Vertriebs kümmerte. Die Telefonverkäufer arbeiteten in einem sog. Opening Büro und in einem sog. Loading Büro. Die im Opening Büro tätigen Telefonverkäufer nahmen erste Kontakte zu potentiellen Kunden auf, die Telefonverkäufer im Loading Büro hatten die Aufgabe, bereits angeworbene Kunden zum Kauf weiterer Aktien zu veranlassen. Die Telefonverkäufer begannen ihre Tätigkeit im April 2010. In der Zeit vom 1. April 2010 bis zum 4. April 2011 zeichneten insgesamt 132 Kunden O. -Aktien; jedenfalls 101 dieser Kunden überwiesen insgesamt 2.276.855,47 € auf die ihnen mitgeteilten Konten. Spätestens ab Mai 2011 waren sowohl die Telefonverkäufer als auch die Internetauftritte von O. und G. nicht mehr erreichbar.

Der Angeklagte war spätestens seit Juni 2010 als Telefonverkäufer in dem von M. geleiteten Loading Büro tätig. Er veranlasste acht Anleger, die seitens des Opening Büros angeworben worden waren, zum Erwerb weiterer O. - Aktien. Für seine Tätigkeit erhielt er eine Provision in Höhe von 20 % der von ihm unmittelbar generierten Umsätze. Die Provision wurde ihm von M. ausgezahlt, der die zur Bezahlung der Vertriebsmitarbeiter verwendeten eingenommenen Gelder seinerseits von D. erhalten hatte.

2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen und zum Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Es lässt den Strafausspruch unberührt, dass dem Landgericht bei der Berechnung des dem Angeklagten zuzurechnenden Gesamtschadens ein Additionsfehler unterlaufen ist. Die Strafkammer hat ihrer Bewertung insoweit unter Zugrundelegung einer tabellarischen Aufstellung (UA S. 54 ff.) und unter Berücksichtigung allein der von dem Angeklagten aufgrund eigener Täuschungshandlungen veranlassten Folgegeschäfte (UA S. 84) eine Summe von 547.550 € zugrunde gelegt; tatsächlich errechnet sich auf dieser Grundlage indes nur ein Gesamtbetrag von 516.131,55 €. Der Additionsfehler beschwert den Angeklagten jedoch nicht durchgreifend, weil ihm aufgrund des zuvor gefassten gemeinsamen Tatentschlusses gemäß § 25 Abs. 2 StGB auch die jeweiligen Erstgeschäfte hätten zugerechnet werden können und der sich daraus ergebende Betrag höher ist als der vom Landgericht zugrunde gelegte.

Demgegenüber ist der als Ersatz für das aus der Tat Erlangte festgesetzte Einziehungsbetrag von 109.510 € aufgrund des Additionsfehlers bei der Schadensberechnung auf 103.226,31 € herabzusetzen (20 % der Schadenssumme von 516.131,55 €). Der Senat hat die Einziehungsanordnung in analoger Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO entsprechend geändert.

3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision des Angeklagten lässt es nicht unbillig erscheinen, ihn mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 114

Externe Fundstellen: NStZ 2020, 344

Bearbeiter: Christian Becker