HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 111
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 242/19, Urteil v. 14.11.2019, HRRS 2020 Nr. 111
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 14. März 2019 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer ausweislich der Revisionsbegründung wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Dem Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, ist der Erfolg zu versagen.
Nach den Feststellungen übernahm die Angeklagte von einem Dritten einen für diesen Zweck besonders präparierten Koffer, der 900 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 675 g Cocainhydrochlorid enthielt. In dem Wissen, dass sie Kokain transportierte und damit den Rauschgifthandel von Hinterleuten in Deutschland und Australien unterstützte, verbrachte sie den Koffer nach Australien, wo sie ihn einem nicht identifizierten Kontaktmann übergab. Für ihre Kuriertätigkeit erhielt die Angeklagte 1.500 €. Außerdem wurden ihre Reisekosten ersetzt.
Bei der Strafzumessung ist das Landgericht vom Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG ausgegangen. Einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG hat es nach einer Gesamtabwägung abgelehnt. Dabei hat es zugunsten der Angeklagten gewertet, dass die Angeklagte nicht vorbestraft ist, ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, sich um die Aufklärung der Tat über ihren eigenen Tatbeitrag hinaus bemüht hat, zum Tatzeitpunkt noch sehr jung war, im Vergleich zu den Gewinnmargen der Hinterleute einen geringen Vorteil erlangte und die Tat zum Urteilszeitpunkt bereits zwei Jahre zurücklag. Zu ihren Lasten hat es berücksichtigt, dass die Angeklagte eine Betäubungsmittelmenge in Besitz hatte, die die Grenze zur nicht geringen Menge um das 134fache überstieg und die Tat die harte, besonders gefährliche Droge Kokain betraf. Auch habe sie zwei Straftatbestände verwirklicht. Es habe sich zudem um eine besonders professionell betriebene Schmuggeloperation gehandelt. Unter Berücksichtigung der genannten Strafzumessungskriterien hat die Strafkammer dann eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren festgesetzt. Diese hat sie im Hinblick auf die günstige Prognose und besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt.
Die Strafzumessung durch das Landgericht hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts, dessen Aufgabe es ist, auf Grund der Hauptverhandlung die wesentlichen be- und entlastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nach ständiger Rechtsprechung nur eingreifen, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen wird oder sich die verhängte Strafe von ihrer Bestimmung eines gerechten Schuldausgleichs so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 - GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 mwN).
2. Nach diesen Maßstäben ist aus den in der Zuleitungsschrift des Generalbundesanwalts angeführten Gründen ein revisionsrechtlich bedeutsamer Fehler der Strafbemessung nicht ersichtlich. Ergänzend ist zu bemerken, dass der Staatsanwaltschaft dahin zuzustimmen ist, dass bei Betäubungsmitteldelikten Art und Menge des Rauschgifts regelmäßig den Unrechtsgehalt der Tat wesentlich prägen und deshalb als bestimmende Gründe in die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts einzustellen sind. Gleichwohl verlieren die allgemeinen Grundsätze der Strafzumessung nach den §§ 46 ff. StGB im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität nicht ihre Bedeutung. Danach ist auch bei Rauschgiftgeschäften die Strafe nach dem Maß der individuellen Schuld zuzumessen. Eine reine „Mengenrechtsprechung“ wäre mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren (BGH, Beschluss vom 1. März 2011 - 3 StR 28/11, NStZ-RR 2011, 284 f.).
HRRS-Nummer: HRRS 2020 Nr. 111
Bearbeiter: Christian Becker