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HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 592

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 625/17, Beschluss v. 22.03.2018, HRRS 2018 Nr. 592


BGH 3 StR 625/17 - Beschluss vom 22. März 2018 (LG Hannover)

Rechtsfehlerhafte Verneinung eines minder schweren Falles beim schweren Raub (Strafrahmenwahl beim Zusammentreffen von minder schwerem Fall und vertptem Milderungsgrund; Gesamtabwägung).

§ 49 StGB; § 250 Abs. 3 StGB

Entscheidungstenor

Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 6. Juli 2017 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.

Damit ist der Beschluss des Landgerichts Hannover vom 9. November 2017, mit dem die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen worden ist, gegenstandslos.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird

das Verfahren auf den Vorwurf der Verabredung zum besonders schweren Raub beschränkt;

das Urteil, soweit es ihn betrifft,

im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Verabredung zum besonders schweren Raub verurteilt ist;

im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verabredung eines Verbrechens (besonders schwerer Raub in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Führen von halbautomatischen Kurzwaffen zum Verschießen von Patronenmunition) zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Beschränkung der Strafverfolgung sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts hat der Senat die Strafverfolgung auf den Vorwurf der Verabredung zum besonders schweren Raub beschränkt (§ 154a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO). Dies hat die Änderung des Schuldspruchs zur Folge.

2. Der Rechtsfolgenausspruch hält - unabhängig von der Schuldspruchänderung - revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat das Vorliegen eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB mit rechtsfehlerhafter Begründung verneint.

Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falles vor und ist auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, so muss bei der Strafrahmenwahl zunächst geprüft werden, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorab auf die allgemeinen Strafzumessungsgründe abzustellen. Vermögen bereits diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Milderungsgrund verwirklichenden Umstände noch für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist jedoch nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so ist zusätzlich der gesetzlich vertypte Strafmilderungsgrund in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin die Anwendung des milderen Sonderstrafrahmens nicht für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrundes herabgesetzten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. April 2010 - 3 StR 106/10, juris Rn. 2; vom 5. August 2014 - 3 StR 138/14, juris Rn. 6; vom 22. Januar 2015 - 3 StR 520/14, juris Rn. 3).

Dem wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat zwar bei der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall des besonders schweren Raubes vorliegt, eine Gesamtwürdigung der allgemeinen Milderungsgründe vorgenommen. Es hat aber den vertypten Milderungsgrund nach § 30 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB nicht in die Abwägung eingestellt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Gesamtabwägung unter Berücksichtigung des vertypten Milderungsgrundes zur Annahme eines minder schweren Falles und in diesem Strafrahmen zu einer niedrigeren Freiheitsstrafe gelangt wäre.

HRRS-Nummer: HRRS 2018 Nr. 592

Bearbeiter: Christian Becker