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HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 330

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 449/17, Beschluss v. 22.08.2018, HRRS 2019 Nr. 330


BGH 3 StR 449/17 - Beschluss vom 22. August 2018 (LG Koblenz)

Subventionsbetrug (subventionserhebliche Tatsachen; restriktive Interpretation; Anbindung an gesetzliche Bestimmung; Bezeichnung durch das Gesetz; gleichbedeutender Begriff; klare und unmissverständliche Darlegung; pauschale oder formelhafte Bezeichnungen nicht ausreichend; Interpretation; Verdeckung von Tatsachen durch Scheinhandlung oder Scheingeschäft; Ausnahme bei „reiner“ Vertragssubvention).

§ 264 StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Das Merkmal der Subventionserheblichkeit in § 264 StGB ist restriktiv zu interpretieren. Es soll sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind. Entscheidend ist daher allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung und gerade nicht die - im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende - Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war.

2. Vor diesem Hintergrund setzen die beiden Varianten des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB voraus, dass die Tatsache - sei es durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes - ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet wird. Zwar bedarf es hierzu nicht zwingend des Wortes „subventionserheblich“, jedoch muss zumindest ein gleichbedeutender Begriff verwendet werden. Demgegenüber reichen pauschale oder formelhafte Bezeichnungen ebenso wenig aus wie eine mögliche Erkennbarkeit aus dem Zusammenhang heraus; die Subventionserheblichkeit muss vielmehr klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen dargelegt werden.

3. Daneben erfasst § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB solche Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist. In der Regel betrifft dies die Fälle, in denen zwar eine ausdrückliche Bezeichnung einer Tatsache (durch den Gesetz- oder Subventionsgeber) als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, gleichwohl aber sonst einem Gesetz - wenn auch erst mit Hilfe der üblichen Interpretationsmethoden - entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird. Die geforderte gesetzliche Abhängigkeit im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB besteht jedoch nur dann, wenn das in Bezug genommene Gesetz selbst die Subventionserheblichkeit mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt.

4. Nach § 4 Abs. 1 SubvG ist in den Fällen, in denen ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung einen anderen Sachverhalt verdeckt, der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. Mithin sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch eine Scheinhandlung oder ein Scheingeschäft verdeckt werden und von denen die Bewilligung und Gewährung sowie das Belassen der Subvention abhängig sind. Als Scheinhandlungen in diesem Sinne kommen auch Angaben in Betracht, mit denen ein in Wirklichkeit nicht existierender Sachverhalt als gegeben dargestellt wird.

5. Vom Anwendungsbereich des § 264 Abs. 7 Nr. 2 StGB ausgenommen sind „reine“ Vertragssubventionen ausgenommen, bei denen eine gesetzliche Grundlage - etwa in Form einer gemeinschaftsrechtlichen Verordnung - fehlt und durch eine ausschließlich vertragliche Regelung ersetzt wird.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 26. April 2017 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen Subventionsbetruges in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.

1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte war im Tatzeitraum Geschäftsführer und stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer T. (nachfolgend: HWK), Hauptgeschäftsführer war der gesondert verfolgte K. Die überbetriebliche Lehrlingsausbildung als eine der Pflichtaufgaben der HWK wurde durch die in der Abteilung Berufsbildungs- und Technologiezentren (nachfolgend: BTZ) beschäftigten Ausbildungsmeister gewährleistet. Seit April/Mai 2003 leitete der Angeklagte diese Abteilung.

a) Fall 1: Projekt „Komzet“ (Tat zu Ziff. III.A.2. der Urteilsgründe)

Mit Bewilligungsbescheid des Bundesinstituts für Berufsbildung (nachfolgend: BIBB) vom 31. Juli 2002 erhielt die HWK antragsgemäß die Zusage über eine nicht rückzahlbare Zuwendung in Höhe von 883.902 € für das Projekt „Einrichtung eines Kompetenzzentrums für nachhaltiges Renovieren und Sanieren“ (nachfolgend: Projekt „Komzet“). Diese sollte insbesondere projektbezogene Personalkosten abdecken und wurde in der Folgezeit vollständig abgerufen. In dem Bewilligungsbescheid wurden Bedingungen für die finanzielle Förderung formuliert. Danach waren förderfähig nur Personalkosten „für zusätzliche Aufgaben, die von neu eingestellten oder für diese Tätigkeiten freigestellten Mitarbeitern der HWK“ erledigt wurden.

Die HWK siedelte die Umsetzung des Projekts in ihrer Abteilung „SaarLorLux Umweltzentrum“ (nachfolgend: Umweltzentrum) an, die von dem gesondert verfolgten B. geleitet wurde. Da vorgesehen war, weitere Abteilungen einzubinden, wurde ein Lenkungsgremium eingerichtet, dem der Angeklagte angehörte. Als dieses Gremium dem BIBB mitteilte, dass beabsichtigt sei, in dem Projekt sowohl externe Werkunternehmer als auch eigene Mitarbeiter, insbesondere Ausbildungsmeister aus der Abteilung BTZ, zu beschäftigen, wies das BIBB darauf hin, dass der Einsatz eigener Mitarbeiter möglich sei, hierzu aber belegt werden müsse, welche Aufgaben die Meister wahrnähmen, und dass es sich dabei um zusätzliche Aufgaben handele. In der Folgezeit leisteten sodann einzelne Ausbildungsmeister der HWK Beiträge, die dem Projekt „Komzet“ zugutekamen. Allerdings waren sie währenddessen weder von ihren regulären Tätigkeiten für die HWK freigestellt, noch waren sie für die Arbeit in dem Projekt neu eingestellt worden. All dies war dem Angeklagten bekannt.

Da der Bewilligungsbescheid des BIBB zudem mehr Fördermittel für Personalkosten vorsah, als die HWK abdecken konnte, entschieden der Angeklagte und die gesondert verfolgten K. und B., alle thematisch passenden Tätigkeiten der eigenen Ausbildungsmeister als Projektarbeit abzurechnen, um so die bewilligte Zuwendung voll ausschöpfen zu können. Zu diesem Zweck ließ B. von den Meistern so genannte Time-Sheets unterzeichnen, die entsprechende Arbeitszeiten auswiesen. Zugleich wurden die zuvor erstellten Stundenanmeldungen, denen die wahren Tätigkeiten zu entnehmen waren und die keine Arbeiten für das Projekt enthielten, derart abgeändert, dass dort angebliche Projektleistungen eingetragen wurden.

Als dieses fehlerhafte Abrechnungswesen aufgedeckt zu werden drohte, weil ein Teil der betroffenen Meister bereits in einem vollständig von der Agentur für Arbeit (nachfolgend: ARGE) geförderten Projekt eingesetzt war, beschloss das Lenkungsgremium unter Mitwirkung des Angeklagten, rückwirkend für das Jahr 2003 die Abrechnung in der Form abzuändern, dass anstelle der Arbeitszeiten der bereits in den ARGE-Maßnahmen tätigen Meister nunmehr zusätzliche, bislang nicht anderweitig geförderte Arbeitszeiten der übrigen Ausbildungsmeister (so genannte „weiße Flecken“ oder „unproduktive Arbeitszeiten“) abgerechnet werden sollten. Zu diesem Zweck veranlasste das Lenkungsgremium weitere Mitarbeiter, solche „unproduktiven Stunden“ zu ermitteln, entsprechende Time-Sheets zu entwerfen, die angebliche Projektarbeitszeit dokumentieren sollten, und diese den jeweiligen Meistern zur Unterschrift vorzulegen.

Mit Schreiben vom 13. September 2006 übersandte die HWK schließlich den Endnachweis an das BIBB sowie mit weiterem Schreiben vom 12. Februar 2007 ergänzende Informationen und Unterlagen. Darunter befand sich eine Personalabrechnung, in der für das Jahr 2002 der Betrag von 71.949,31 € und für das Jahr 2003 der Betrag von 110.438,96 € ausgewiesen wurde. Beide Beträge beruhten auf unzutreffenden Nachweisen über Personalkosten für angebliche Projektarbeiten der eigenen Meister. Entsprechend der Förderquote von 47,89 % an den Gesamtkosten entfiel auf das BIBB anteilig die Summe von 87.345,74 €. Diesen Betrag hat das Landgericht als Schadenssumme in Form zu Unrecht erhaltener Zuwendungen zugrunde gelegt.

b) Fälle 2 bis 8 (Taten zu Ziff. III.B.2. bis III.B.5. der Urteilsgründe)

Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer T. (nachfolgend: IHK) betrieb die HWK eine Einrichtung mit der Bezeichnung „Euro-Info-Center“ (nachfolgend: EIC), über die zum einen entgeltliche Beratungen für Unternehmer und Handwerker der Region angeboten und zum anderen Projekte für Fördergeber durchgeführt wurden. Verantwortlich für das EIC waren auf Seiten der HWK der Angeklagte und auf Seiten der IHK der Zeuge P. Obwohl beide formal gleichgestellt waren, überließ P. dem Angeklagten faktisch die Entscheidungen. Die Projekte des EIC wurden regelmäßig zwischen dem Angeklagten, P. und der einzigen Mitarbeiterin des EIC, der Zeugin Br., besprochen. Vor diesem Hintergrund kam es zu folgenden Fällen der unrechtmäßigen Inanspruchnahme von Fördermitteln:

aa) Fälle 2 bis 4: Projekt „KLICK IV“ (Taten zu Ziff. III.B.2. der Urteilsgründe) Im April 2005 bewilligte das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (nachfolgend: BWA) dem EIC im Rahmen des Projekts „Weiterführung des Kompetenzzentrums elektronischer Geschäftsverkehr Rheinland-Pfalz (sog. Projekt KLICK IV)" eine Zuwendung in Höhe von 292.692 €. In dem Bewilligungsbescheid wurde vorgegeben, dass die Zuwendung zweckbezogen sei und nur für das Projekt und die im Bewilligungszeitraum notwendigen und entstandenen Ausgaben eingesetzt werden dürfe, wobei die Fördermittel nur insoweit und auch nicht eher abgefordert werden dürften, als sie voraussichtlich innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlungen im Rahmen des Verwendungszwecks benötigt würden. Darüber hinaus enthielt der Bewilligungsbescheid eine Klausel, derzufolge alle Tatsachen aus dem Antrag und dem Bewilligungsbescheid nebst beigefügtem Finanzierungsplan als subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB anzusehen sein sollten.

In dem Wissen, dass die vorgegebenen Bedingungen nicht eingehalten werden konnten, entschieden der Angeklagte und die gesondert verfolgten Zeugen P. und Br., alle dem Grunde nach bewilligten Mittel „linear“ abzurufen, unabhängig davon, ob bereits entsprechende Kosten angefallen oder in den nächsten zwei Monaten zu erwarten waren. In der Folge kam es zu drei Mittelabrufen (Fälle 2 bis 4), bei denen jeweils unzutreffende Angaben über die laufenden Personalkosten für das Projekt gemacht wurden und durch die Fördermittel in Höhe von insgesamt 167.023,08 € zu Unrecht erlangt wurden.

bb) Fall 5: Projekt „Transbau“ (Tat zu Ziff. III.B.3. der Urteilsgründe)

Im September 2000 bewilligte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (nachfolgend: BBF) dem EIC im Rahmen des Projekts „Die transparente Baustelle (TRANSBAU)" eine Zuwendung in Höhe von 1.500.000 DM. In dem Bewilligungsbescheid wurde vorgegeben, dass die Zuwendung zweckgebunden sei und nur für das Projekt „Transbau“ verwendet werden dürfe. Darüber hinaus enthielt der Bescheid eine Klausel, wonach alle Tatsachen aus dem Antrag, dem Ergebnisprotokoll einer Besprechung zu dem Antrag und dem Bewilligungsbescheid nebst Finanzierungsplan als subventionserheblich im Sinne des § 264 StGB anzusehen sein sollten.

In der Folgezeit rief das EIC Fördermittel in Höhe von 782.538,79 € ab, von denen ein Teil für die Inanspruchnahme von Projektpartnern vorgesehen war. Allerdings führten die Projektpartner die ursprünglich vorgesehenen Arbeiten nicht in vollem Umfang durch. Um die insoweit bereits abgerufenen, überschüssigen Fördermittel nicht an das Ministerium zurückzahlen zu müssen, ließen der Angeklagte und die gesondert verfolgten Zeugen P. und Br. manipulierte rückdatierte Arbeitsnachweise für Mitarbeiter erstellen und legten diese gegenüber dem BBF zum Nachweis für angeblich erbrachte, tatsächlich aber nicht bzw. nur in erheblich geringerem Umfang geleistete Arbeiten dieser Mitarbeiter vor. Auf diese Weise vereinnahmte das EIC zu Unrecht Zuwendungen in Höhe von insgesamt 66.036,01 €.

cc) Fälle 6 und 7: Projekt „Exist“ (Taten zu Ziff. III.B.4. der Urteilsgründe)

In den Jahren 2002 bis 2007 führte das EIC das Projekt „Beratungsprogramm für Existenzgründer Rheinland-Pfalz - EXIST“ (nachfolgend: Projekt "Exist“) durch und nahm hierfür Fördermittel sowohl vom rheinlandpfälzischen Ministerium für Wirtschaft als auch vom Landesamt für Soziales in Anspruch.

Der Bewilligungsbescheid des rheinlandpfälzischen Ministeriums für Wirtschaft enthielt unter anderem die Vorgabe, dass die Zuwendung nur zweckgebunden für das Projekt verwendet werden dürfe. Ferner wurde eine „Subventionsklausel“ aufgenommen, derzufolge die in den Antragsunterlagen des EIC enthaltenen Angaben und sonstigen Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung, Inanspruchnahme oder das Belassen der Zuwendung abhängig seien, subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 StGB sein sollten.

In dem Bewilligungsbescheid des Landesamts für Soziales wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine Kofinanzierung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds handele, die Bewilligung auf der Grundlage des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vereinbarten Einheitlichen Planungsdokumentes (EPPD) ergehe und im Übrigen die Verordnungen (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999, (EG) Nr. 1784/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 1999 sowie (EG) Nr. 1685/2000 der Kommission vom 28. Juli 2000 gelten würden und Bestandteile des Bewilligungsbescheids seien.

Während der Laufzeit rief das EIC sodann sämtliche Fördermittel für Personalkosten ab, obwohl tatsächlich nur eine einzige Mitarbeiterin für das Projekt tätig war. Um gegenüber den Fördergebern den Anschein zu erwecken, dass die bewilligten Personalkosten in voller Höhe benötigt worden seien, entschieden der Angeklagte und die gesondert verfolgten Zeugen P. und Br., eine weitere Mitarbeiterin gegenüber den Fördergebern als Projektmitarbeiterin anzugeben und abzurechnen, obwohl diese in Wahrheit keine Projektarbeit geleistet hatte. Auf diese Weise vereinnahmte das EIC durch zwei Mittelabrufe (Fälle 6 und 7) zu Unrecht Fördergelder in Höhe von insgesamt 108.986,26 €.

dd) Fall 8: Projekt „Innonet“ (Tat zu Ziff. III.B.5. der Urteilsgründe)

Im Jahr 2005 schloss das EIC mit der Wallonischen Region als der verantwortlichen Stelle für die Vergabe von Fördermitteln im Rahmen der „Gemeinschaftsinitiative INTERREG III“ einen auf die Verordnungen der Europäischen Union zu den Strukturfonds gestützten Vertrag über die Durchführung des Projekts „INNONET: Förderung der Innovationskraft der Großregion“ (nachfolgend: Projekt „Innonet“) ab und erhielt die Zusage über Fördermittel in Höhe von maximal 175.777,41 €. Als in der Folgezeit auffiel, dass die tatsächlich im EIC angefallenen Ausgaben nicht ausreichten, um die Zuwendungssumme in vollem Umfang in Anspruch nehmen zu dürfen, beschlossen der Angeklagte und die gesondert verfolgten Zeugen P. und Br. abermals, angebliche Leistungen von Mitarbeitern, die noch nicht zu 100 % im Projekt abgerechnet wurden, unter Vorlage manipulierter Nachweise gegenüber dem Fördergeber geltend zu machen. Aufgrund dieser unzutreffenden Angaben erhielt das EIC zu Unrecht den Förderbetrag von 6.236,10 €.

2. Das Landgericht hat das Handeln des Angeklagten jeweils als Subventionsbetrug gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB gewertet, weil in sämtlichen Fällen unter Vorgabe unzutreffender Umstände zu Unrecht Subventionen über den tatsächlichen Bedarf hinaus in Anspruch genommen worden seien.

II.

Den Verfahrensbeanstandungen bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts dargelegten Gründen der Erfolg versagt.

III.

Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:

Zwar erweisen sich die Begründungen, mit denen das Landgericht die Voraussetzungen des Subventionsbetruges nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB angenommen hat, teilweise als unzutreffend; jedoch tragen die getroffenen Feststellungen den Schuldspruch insoweit aus anderen Gründen. Im Einzelnen:

1. Fall 1 (Projekt „Komzet“)

Der Angeklagte hat sich in diesem Fall des Subventionsbetruges nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB schuldig gemacht, indem er in seiner Eigenschaft als stellvertretender Hauptgeschäftsführer der HWK, Leiter der Abteilung BTZ und Mitglied des Lenkungsgremiums maßgeblich daran mitwirkte, dass die HWK gegenüber dem BIBB unrichtige Angaben zu subventionserheblichen Tatsachen machte. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist als subventionserhebliche Tatsache, über die der Angeklagte das BIBB täuschte, aber nicht das Erfordernis der „Freistellung der Meister“ anzusehen, sondern vielmehr der Umstand, dass ein Teil der abgerechneten Projektarbeitszeit nicht geleistet wurde.

a) Nach der Legaldefinition des § 264 Abs. 8 StGB sind subventionserhebliche Tatsachen solche, die durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet sind (Abs. 8 Nr. 1), sowie solche, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist (Abs. 8 Nr. 2).

Sinn und Zweck des Merkmals der Subventionserheblichkeit ist es, angesichts der zahlreichen Normativbegriffe des Subventionsrechts sicherzustellen, dass sowohl die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger als auch etwaige Täuschungshandlungen für den Subventionsgeber und die Strafverfolgungsorgane möglichst klar erkennbar sind (BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 72; BT-Drucks. 7/5291, S. 12 f.). Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber den Begriff der Subventionserheblichkeit bewusst restriktiv gefasst. Entscheidend soll demnach allein die (unmittelbare oder zumindest mittelbare) Anbindung der betroffenen Tatsache an eine gesetzliche Bestimmung sein und gerade nicht die - im Einzelfall mitunter nicht eindeutig zu beantwortende - Frage, ob die Tatsache als solche eine materielle Voraussetzung für das Gewähren der Subvention war (BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; SSW-StGB/Saliger, 3. Aufl., § 264 Rn. 17).

Vor diesem Hintergrund setzen die beiden Alternativen des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB voraus, dass die Tatsache - sei es durch ein Gesetz oder durch den Subventionsgeber aufgrund eines Gesetzes - ausdrücklich als subventionserheblich bezeichnet wird. Zwar bedarf es hierzu nicht zwingend des Wortes „subventionserheblich“, jedoch muss zumindest ein gleichbedeutender Begriff verwendet werden (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 73). Dies verlangt schon der Wortlaut („bezeichnet“). Demgegenüber reichen pauschale oder formelhafte Bezeichnungen ebenso wenig aus wie eine mögliche Erkennbarkeit aus dem Zusammenhang heraus; die Subventionserheblichkeit muss vielmehr klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen dargelegt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 73; MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264 Rn. 69).

Daneben erfasst § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB solche Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist. In der Regel betrifft dies die Fälle, in denen zwar eine ausdrückliche Bezeichnung einer Tatsache (durch den Gesetz- oder Subventionsgeber) als subventionserheblich fehlt oder unwirksam ist, gleichwohl aber sonst einem Gesetz - wenn auch erst mit Hilfe der üblichen Interpretationsmethoden - entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Subvention gewährt wird (BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 241; Beschluss vom 30. September 2010 - 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2). Die geforderte gesetzliche Abhängigkeit im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB besteht jedoch nur dann, wenn das in Bezug genommene Gesetz selbst die Subventionserheblichkeit mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt (BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 241; Beschluss vom 30. September 2010 - 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2; BT-Drucks. 7/5291, S. 13).

b) Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei dem Erfordernis der „Freistellung der Meister“ nicht um eine subventionserhebliche Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 StGB.

aa) Die Voraussetzungen des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB sind nicht erfüllt. Die Annahme des Landgerichts, dies sei der Fall, da in dem Bewilligungsbescheid zwar der Begriff „subventionserheblich“ nicht ausdrücklich verwendet worden sei, das BIBB jedoch mit anderen Formulierungen unmissverständlich deutlich gemacht habe, dass die Gewährung der Fördermittel für Personalkosten von der Neueinstellung oder der Freistellung der eingesetzten Mitarbeiter abhängen solle, geht fehl. Sie lässt besorgen, dass die Strafkammer die tatbestandlich verlangte Gesetzesbindung der Subventionserheblichkeit aus dem Blick verloren und das Merkmal stattdessen - entgegen der Intention des Gesetzgebers - materiell von Inhalt und Zweck der konkreten Zuwendung abhängig gemacht hat. Dies gilt umso mehr, als in den Urteilsgründen keine gesetzliche Grundlage mitgeteilt wird, auf die die vom Landgericht in Bezug genommenen Formulierungen in dem Bewilligungsbescheid gestützt gewesen sein sollen.

Als Gesetz im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB kommt hier - mangels ersichtlicher spezialgesetzlicher Regelungen - allein § 2 Abs. 1 des Subventionsgesetzes (SubvG) in Betracht, dessen grundsätzliche Anwendbarkeit daraus folgt, dass es sich bei den Fördermitteln für das Projekt „Komzet“ um eine Bundeszuwendung auf Ausgabenbasis handelte (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2017 - 4 StR 572/16, wistra 2018, 129 f.; vom 28. Mai 2014 - 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249 ff.). Allerdings trifft § 2 SubvG selbst keine Aussagen über die Subventionserheblichkeit bestimmter Tatsachen, sondern setzt diese seinerseits voraus und enthält damit eine Anweisung an den Subventionsgeber, die Tatsachen zu benennen. An einer solchen hinreichend bestimmten Bezeichnung des Erfordernisses der „Freistellung der Meister“ als subventionserheblich im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB fehlt es hier jedoch.

bb) Das Erfordernis der „Freistellung der Meister“ erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer subventionserheblichen Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB.

Auch insoweit kommt hier als Gesetz allein das Subventionsgesetz in Betracht. Die Vorschriften über die Verletzung von Offenbarungspflichten gemäß § 3 SubvG und das Verbot von Scheingeschäften und Scheinhandlungen nach § 4 SubvG normieren Vorgaben für die Bewilligung, Gewährung und Inanspruchnahme sowie das Belassen einer Subvention (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2014 - 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249 ff.; vom 30. September 2010 - 5 StR 61/10, BGHR StGB § 264 Abs. 8 Subventionserhebliche Tatsache 2; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 264 Rn. 17a). Sie sind im Hinblick auf das hier in Rede stehende Erfordernis der „Freistellung der Meister“ jedoch nicht einschlägig.

c) Allerdings täuschte der Angeklagte über eine subventionserhebliche Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB, indem er gegenüber dem BIBB mit Blick auf die als Personalkosten abgerechneten „weißen Flecken“ bzw. „unproduktiven Stunden“ der Ausbildungsmeister unter Vorlage manipulierter Arbeitsnachweise und Belege wahrheitswidrig behauptete, dass es sich hierbei um Projektarbeitszeit gehandelt habe.

Die erforderliche gesetzliche Abhängigkeit ergibt sich insoweit aus § 4 Abs. 1 SubvG, der ein Verbot der „Subventionierung über den tatsächlichen Bedarf hinaus“ enthält (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 3 StR 206/13, BGHSt 59, 244, 249). Nach dieser Vorschrift ist in den Fällen, in denen ein Scheingeschäft oder eine Scheinhandlung einen anderen Sachverhalt verdeckt, der verdeckte Sachverhalt für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen der Subvention oder des Subventionsvorteils maßgebend. Mithin sind solche Tatsachen subventionserheblich, die durch eine Scheinhandlung oder ein Scheingeschäft verdeckt werden und von denen die Bewilligung und Gewährung sowie das Belassen der Subvention abhängig sind (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 124). Als Scheinhandlungen in diesem Sinne kommen auch Angaben in Betracht, mit denen ein in Wirklichkeit nicht existierender Sachverhalt als gegeben dargestellt wird (vgl. MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264 Rn. 82).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Angeklagte nahm für die HWK Fördermittel über den tatsächlichen Bedarf hinaus in Anspruch, indem er zum Schein manipulierte Time-Sheets und unzutreffende Arbeitsnachweise erstellen ließ und diese gegenüber dem BIBB vorlegte, um dadurch den wahren Sachverhalt, dass tatsächlich keine förderfähigen Leistungen erbracht worden waren, zu verdecken. Von dem durch die Scheinhandlung verdeckten Sachverhalt war die Subvention auch abhängig. Denn nach den getroffenen Feststellungen hätte das BIBB die Zuwendung in der konkreten Höhe nicht bewilligt, wenn es gewusst hätte, dass den Fördermitteln keine entsprechenden Projektleistungen gegenüberstanden.

Vor diesem Hintergrund tragen die vom Landgericht getroffenen Feststellungen den Schuldspruch jedenfalls, soweit es die Abrechnung tatsächlich nicht erbrachter Arbeitsleistungen von Ausbildungsmeistern betrifft. Der Umstand, dass die Höhe des hieraus zu Unrecht erhaltenen Betrages den Feststellungen nicht entnommen werden kann, ist unschädlich, da § 264 StGB den Eintritt eines Schadens nicht voraussetzt und damit auch die Höhe eines etwaigen Schadens tatbestandlich nicht relevant ist (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 28; MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264 Rn. 12).

d) Wenngleich das Landgericht den Schuldspruch danach rechtsfehlerhaft auf die Täuschung über die „Freistellung der Meister“ gestützt hat, so lässt dies auch den Strafausspruch unberührt. Dem steht nicht entgegen, dass die Strafkammer die strafschärfend berücksichtigte Höhe der zu Unrecht erlangten Fördermittel mit 87.345,74 € berechnet und dabei neben den allein tatbestandsrelevanten nicht erbrachten Leistungen auch die Projektarbeiten von Ausbildungsmeistern, die tatsächlich erfüllt wurden, ohne dass die Meister hierfür freigestellt worden waren, berücksichtigt hat. Darauf beruht der Strafausspruch nicht. Denn die HWK hatte auch auf die Beträge, die sie für Leistungen von Meistern erhielt, die nicht für das Projekt freigestellt waren, keinen Anspruch und hätte sie nicht behalten dürfen. Insoweit wäre auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auch eine Verurteilung des Angeklagten wegen Betruges gemäß § 263 StGB in Betracht gekommen, die in konkurrenzrechtlicher Hinsicht tateinheitlich neben den Subventionsbetrug getreten wäre, der als Sondergesetz dem § 263 StGB vorgeht, soweit seine Voraussetzungen erfüllt sind, darüber hinaus aber keine Sperrwirkung entfaltet (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 243; LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 185 f.).

2. Fälle 2 bis 4 (Projekt „KLICK IV“)

Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Rahmen dieses Projekts drei Fälle des Subventionsbetruges gemäß § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB beging, indem er mit drei Anträgen zu Unrecht Fördermittel unabhängig vom tatsächlichen Bedarf für das EIC abrief.

Hinsichtlich der subventionserheblichen Tatsachen, über die der Angeklagte in diesem Zusammenhang gegenüber dem BWA unrichtige Angaben machte, hat das Landgericht dabei nach den oben aufgezeigten Maßstäben zu Recht nicht auf die im Bewilligungsbescheid enthaltene Subventionsklausel abgestellt, da diese durch die bloße Bezugnahme auf Antrag und Bewilligungsbescheid nebst Finanzierungsplan zu pauschal gefasst und damit unwirksam war (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 238).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergeben sich die subventionserheblichen Tatsachen aber auch nicht gemäß § 264 Abs. 8 Nr. 1 Alternative 2 StGB aus den sonstigen Formulierungen in dem Bescheid, insbesondere nicht aus der Bedingung, wonach Zuwendungen nur insoweit und nicht eher abgefordert werden durften, als diese voraussichtlich innerhalb von zwei Monaten nach Auszahlung für fällige Zahlungen im Rahmen des Zuwendungszwecks benötigt wurden. Richtigerweise täuschte der Angeklagte auch in diesen Fällen vielmehr gemäß § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB i.V.m. § 4 Abs. 1 SubvG durch die Vornahme von Scheinhandlungen über subventionserhebliche Tatsachen. Indem er im Rahmen der Mittelabrufe Kosten geltend machte, die nicht den realen Gegebenheiten entsprachen, verdeckte er den wahren Sachverhalt, dass ein Bedarf an Fördermitteln in der angegebenen Höhe tatsächlich nicht bestand. Die Gewährung der Fördermittel war von dem durch die Scheinhandlung verdeckten Sachverhalt auch abhängig. Denn nach den getroffenen Feststellungen hätte das BWA bei Kenntnis der wahren Umstände diese Fördermittel nicht gewährt.

3. Fall 5 (Projekt „Transbau“)

Auch in diesem Fall ergeben sich die subventionserheblichen Tatsachen, über die der Angeklagte gegenüber dem BBF unrichtige Angaben machte, nach den oben aufgezeigten Maßstäben weder aus der im Bewilligungsbescheid enthaltenen, jedoch zu pauschal gefassten und damit unwirksamen Subventionsklausel noch aus den sonstigen Vorgaben in dem Bescheid. Vielmehr täuschte der Angeklagte auch hier gemäß § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB i.V.m. § 4 Abs. 1 SubvG über subventionserhebliche Tatsachen. Durch das Erstellen der verfälschten Time-Sheets nahm er Scheinhandlungen vor und verdeckte damit die Tatsache, dass in Wahrheit keine entsprechende Projektarbeit geleistet wurde. Von dem durch diese Scheinhandlung verdeckten Sachverhalt war die Subvention auch abhängig. Hätte der Fördergeber Kenntnis von den tatsächlichen Umständen gehabt, wären die Fördermittel ausweislich der vom Landgericht in Bezug genommenen Passage im Bewilligungsbescheid nicht gewährt worden.

4. Fälle 6 und 7 (Projekt „Exist“)

a) Soweit es die anteilige finanzielle Förderung des Projekts durch das Landesamt für Soziales betrifft, ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der Zuwendung um eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften und somit um eine Subvention im Sinne des § 264 Abs. 7 Nr. 2 StGB handelte, da die Fördermittel nicht aus dem Landeshaushalt, sondern aus dem Europäischen Sozialfonds stammten (vgl. hierzu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 70).

Bei der Inanspruchnahme der Zuwendung täuschte der Angeklagte auch über subventionserhebliche Tatsachen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts folgt die subventionserhebliche Tatsache aber nicht aus § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB in Verbindung mit den im Bewilligungsbescheid als Grundlage der Zuwendung genannten Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft (nachfolgend: EG). Zwar ergibt sich aus Art. 32 VO (EG) Nr. 1260/1999, dass Zwischenzahlungen der Kommission der Erstattung der im Rahmen der Fonds tatsächlich getätigten und von der Zahlstelle bescheinigten Ausgaben dienen; die Verordnungen (EG) Nr. 1685/2000 und Nr. 448/2004 enthalten zudem die Vorgabe, dass die vom Endbegünstigten getätigten Zahlungen in der Regel durch quittierte Rechnungen zu belegen sind. Allerdings handelt es sich bei diesen Verordnungen nicht um Gesetze im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB. Die Verordnung (EG) 1260/1999 ist keine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB, da sie keine Bedingungen für die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils enthält (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 339/16, wistra 2018, 302, 305). Und die vom Landgericht in Bezug genommenen Vorgaben in den Verordnungen (EG) 1685/2000 und 448/2004 kommen als gesetzliche Grundlage schon deshalb nicht in Betracht, weil die dort genannten Verpflichtungen des Subventionsnehmers ausweislich der Verordnungstexte nur „in der Regel“ bestehen, so dass es aufgrund des verbleibenden Anwendungsspielraums an einer „gesetzlichen“ Abhängigkeit fehlt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, BGHSt 44, 233, 241; MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264 Rn. 74).

Allerdings täuschte der Angeklagte in diesen Fällen über subventionserhebliche Tatsachen nach § 264 Abs. 8 Nr. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften. Bei Art. 4 Abs. 3 VO (EG) Nr. 2988/95 handelt es sich um ein Gesetz im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 1 StR 339/16, wistra 2018, 302, 305, 306 f.). Nach dieser Vorschrift haben Handlungen, die nachgewiesenermaßen die Erlangung eines Vorteils zum Ziel haben, der den Zielsetzungen der einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften zuwiderläuft, indem „künstlich“ die Voraussetzungen für die Erlangung dieses Vorteils geschaffen werden, zur Folge, dass der betreffende Vorteil nicht gewährt bzw. entzogen wird. Die Regelung des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung ist somit vergleichbar mit derjenigen des § 4 SubvG (vgl. LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 11 f.; SSW-StGB/Saliger, 3. Aufl., § 264 Rn. 25).

Vor diesem Hintergrund täuschte der Angeklagte über subventionserhebliche Tatsachen, indem er Scheinhandlungen bewirkte. Durch das Erstellen der verfälschten Time-Sheets erweckte er wahrheitswidrig und damit „künstlich“ im Sinne der Verordnung den Eindruck, dass abrechenbare Projektarbeit geleistet worden sei. Von dieser Scheinhandlung war die Erlangung der Subvention auch abhängig. Hätte der Fördergeber Kenntnis von den tatsächlichen Umständen gehabt, wären die Fördermittel den Feststellungen zufolge nicht gewährt worden.

b) Soweit es die anteilige Finanzierung des Projekts durch das rheinlandpfälzische Ministerium für Wirtschaft betrifft, hat das Landgericht die im Bewilligungsbescheid enthaltene Subventionsklausel zutreffend für zu unbestimmt und damit unwirksam erachtet, da sie sich letztlich in der Wiedergabe des abstrakten Gesetzeswortlauts erschöpfte. Allerdings täuschte der Angeklagte auch in diesem Fall über subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB i.V.m. § 4 Abs. 1 SubvG, indem er durch das Erstellen der verfälschten Time-Sheets eine Scheinhandlung bewirkte und damit die für die Gewährung der Subvention maßgebliche Tatsache verdeckte, dass die in Wahrheit geleistete Projektarbeit einen geringeren Umfang aufwies.

5. Fall 8 (Projekt „Innonet“)

Im Fall Projekt „Innonet“ ist das Landgericht mit Blick auf die Rechtsnatur der gewährten Zuwendung ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass es sich um eine Leistung aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften und damit um eine Subvention im Sinne des § 264 Abs. 7 Nr. 2 StGB handelte. Der Umstand, dass die Zuwendung vertraglich zwischen dem EIC und der Wallonischen Region vereinbart wurde, steht dem nicht entgegen. Vom Anwendungsbereich des § 264 Abs. 7 Nr. 2 StGB sind lediglich „reine“ Vertragssubventionen ausgenommen, bei denen eine gesetzliche Grundlage - etwa in Form einer gemeinschaftsrechtlichen Verordnung - fehlt und durch eine ausschließlich vertragliche Regelung ersetzt wird (vgl. MüKoStGB/Wohlers, 2. Aufl., § 264 Rn. 35; Matt/Renzikowski/Gaede, § 264 Rn. 21). Dies ist hier nicht der Fall. Rechtliche Grundlage der Zuwendung war nicht die vertragliche Vereinbarung zwischen der Wallonischen Region und dem EIC. Die Förderung beruhte vielmehr auf Verordnungen der Europäischen Union zu den Strukturfonds; auch die vertragsgegenständlichen Fördermittel stammten aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), mithin aus öffentlichen Mitteln nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaften (vgl. hierzu LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 70). Der zwischen dem EIC und der Wallonischen Region geschlossene Vertrag enthielt - vergleichbar einem Bewilligungsbescheid - lediglich die Zusage über die Bewilligung der Zuwendung und die Einzelheiten ihrer Gewährung.

Der Angeklagte täuschte auch über subventionserhebliche Tatsachen, indem er bei der Abrechnung der Projektkosten zum Beleg für angeblich angefallene Projektarbeit verfälschte Arbeitsnachweise von Mitarbeitern vorlegte. Allerdings ergeben sich die relevanten Tatsachen - ebenso wie bei dem Projekt „Exist“ - entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht aus den Verordnungen (EG) Nr. 1260/1999, Nr. 1685/2000 und Nr. 448/2004. Der Angeklagte nahm vielmehr auch in diesem Fall gemäß § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB i.V.m. Art. 4 Abs. 3 VO (EG) Nr. 2988/95 durch Vorlage der manipulierten Time-Sheets eine Scheinhandlung vor und verdeckte damit die subventionserhebliche Tatsache, dass die abgerechnete Projektarbeitszeit in Wahrheit teilweise nicht erbracht worden war.

HRRS-Nummer: HRRS 2019 Nr. 330

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2019, 147; StV 2019, 746

Bearbeiter: Christian Becker