HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 958
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 174/17, Beschluss v. 25.07.2017, HRRS 2017 Nr. 958
Auf die Revisionen der Angeklagten L. und M. wird das Urteil der auswärtigen Strafkammer des Landgerichts Kleve in Moers vom 14. Dezember 2016
soweit es sie betrifft, im Schuldspruch im Fall II. 13 der Urteilsgründe dahin neu gefasst, dass die Angeklagten der Verabredung zum schweren Raub schuldig sind,
aufgehoben
betreffend den Angeklagten L.
in den Aussprüchen über die in den Fällen II. 9, 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen sowie über die Gesamtstrafe; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten,
im Ausspruch über die Einziehungsentscheidung mit den zugehörigen Feststellungen,
bezüglich des Angeklagten M. im gesamten Strafausspruch; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten L. unter Freispruch im Übrigen wegen Raubes, schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls, Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen, Diebstahls in fünf Fällen und „Verabredung zu einem Verbrechen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt sowie eine Vielzahl bei ihm sichergestellter Gegenstände eingezogen; gegen den Angeklagten M. hat das Landgericht wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls, Diebstahls und „Verabredung zu einem Verbrechen“ auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten erkannt. Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts beging der Angeklagte L. zunächst gemeinsam mit dem nicht revidierenden Angeklagten T. und weiteren, unbekannt gebliebenen Beteiligten diverse Diebstahlstaten, bei denen sie in Geschäfts- oder Wohnräume einbrachen. In der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 2016 brach L. gemeinsam mit dem Angeklagten M. in einen Kiosk ein, aus dem sie diverse Wertgegenstände entwendeten (Fall II. 8 der Urteilsgründe). Spätestens im Februar 2016 schlossen sich L., T. und M. zur fortgesetzten Begehung von im Einzelnen noch ungewissen Diebstahls- und Raubtaten - vornehmlich Einbruchdiebstähle in Geschäftsräume - als Bande zusammen. Entsprechend der Bandenabrede drangen sie am 23. Februar 2016, am 10. März 2016 sowie am 16. März 2016 jeweils in Geschäftsräume ein und entwendeten Bargeld bzw. sonstige Wertgegenstände (Fälle II. 9, 10 und 11 der Urteilsgründe). Am 5. April 2016 brachen sie in den Keller des Zeugen Mi. ein, um dessen in dem Keller befindlichen Tresor zu entwenden, weil sie davon ausgingen, dass Mi. darin Bargeld in sechsstelliger Höhe sowie Gold und Diamanten verwahrte. Als sie feststellten, dass der Tresor nicht weggetragen werden konnte und auch nicht ohne größere Geräuschentwicklung vor Ort zu öffnen war, verließen sie den Keller wieder und verwischten ihre Spuren, um ihr Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen (Fall II. 12 der Urteilsgründe). In der Folgezeit planten sie, Mi. zu überwältigen, mit Klebeband zu fesseln und so zur Herausgabe des Tresorschlüssels zu nötigen. Einen ersten Anlauf, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, brachen sie ab, weil sie sich durch einen Nachbarn von Mi. beobachtet fühlten (Fall II. 13 der Urteilsgründe).
2. Die auf die Sachrügen gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zu den Schuldsprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Sie führt allerdings zu der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Schuldspruchberichtigung.
Da § 30 StGB kein selbständiger Straftatbestand ist, sondern an den gesetzlichen Tatbestand eines Verbrechens sowie an dessen Rechtsfolgen anknüpft und lediglich die Strafdrohung auf einzelne Vorbereitungshandlungen ausdehnt, ist es geboten, die Bezeichnung des Verbrechens in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen (BGH, Urteil vom 10. September 1986 - 3 StR 287/86, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 1; Beschluss vom 10. Februar 1989 - 4 StR 3/89, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Tatbezeichnung 4). Der Senat hat die Schuldsprüche gegen die Angeklagten entsprechend neu gefasst.
Dies war auch im Hinblick auf den Angeklagten M. geboten. Denn er hat sein Rechtsmittel entgegen der vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vertretenen Auffassung nicht auf den Strafausspruch beschränkt. Eine derartige Beschränkung der Revision lässt sich insbesondere nicht daraus ableiten, dass die von dem Angeklagten M. erhobene Sachrüge in der Revisionsbegründung nur in Bezug auf den Strafausspruch näher ausgeführt worden ist. Darin kommt nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit (vgl. dazu BGH, Urteil vom 16. Februar 1956 - 3 StR 473/55, NJW 1956, 756, 757; KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 5) zum Ausdruck, dass er das angefochtene Urteil nur teilweise nachprüfen lassen wollte. Denn er hat zugleich ohne jede Einschränkung beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.
3. Die Strafaussprüche haben bezüglich des Angeklagten L. teilweise und hinsichtlich des Angeklagten M. insgesamt keinen Bestand.
a) In Bezug auf den Angeklagten L. hat die Strafkammer in den Fällen II. 9, 10, 11 und 12 der Urteilsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falls des schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 2 StPO) insbesondere aufgrund der Erwägung verneint, dass er die Taten „gemeinsam mit den Mitangeklagten“ begangen habe. Gestützt auf diesen Gesichtspunkt hat sie auch im Fall II. 13 der Urteilsgründe, in dem sie rechtsfehlerfrei die Verabredung eines schweren Raubes gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2, § 30 Abs. 2 StGB gesehen hat, die Annahme eines minder schweren Falls im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB abgelehnt. Die gemeinsame Tatbegehung in den Fällen II. 9, 10, 11 und 12 der Urteilsgründe bzw. die verabredete gemeinsame Tatausführung im Fall II. 13 der Urteilsgründe hat sie auch bei der Bemessung der jeweiligen Einzelstrafen zu Lasten des Angeklagten L. gewertet.
Das begegnet im Hinblick auf das Doppelverwertungsverbot (§ 46 Abs. 3 StGB) durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Tatbegehung unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds bereits ein Tatbestandsmerkmal sowohl des schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 StGB sowie des schweren Raubes im Sinne von § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB bildet (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 12. Mai 2011 - 3 StR 82/11, juris Rn. 3).
Dies führt zur Aufhebung der in den Fällen II. 9, 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe gegen den Angeklagten L. verhängten Einzelstrafen. Deren Wegfall bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe. Die den Strafaussprüchen zugrunde liegenden Feststellungen können indes bestehen bleiben, weil sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 StPO).
b) Bezüglich des Angeklagten M. leiden die Aussprüche über die Einzelstrafen in den Fällen II. 9, 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe unter demselben Rechtsmangel wie bei dem Angeklagten L., weil die Strafkammer auch insoweit mit Blick auf die „gemeinsame“ Tatbegehung unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds die Annahme minder schwerer Fälle abgelehnt hat. Ungeachtet dessen sind die Aussprüche über die Einzelstrafen in diesen Fällen sowie darüber hinaus im Fall II. 8 der Urteilsgründe aus einem weiteren Grund durchgreifend rechtsfehlerhaft.
Das Landgericht hat das Vorliegen eines minder schweren Falls in den Fällen II. 9, 10, 11, 12 und 13 der Urteilsgründe „auch unter weiterer Berücksichtigung der vom Angeklagten M. im Ermittlungsverfahren geleisteten Aufklärungshilfe“ (§ 46b StGB) verneint; darin ist für sich genommen kein Rechtsfehler zu sehen, wenngleich die von der Strafkammer gewählte Formulierung, wonach die Aufklärungshilfe des Angeklagten M. in den betreffenden Fällen „nicht von ausschlaggebender Bedeutung“ gewesen sei, besorgen lassen könnte, dass sie insoweit von überzogenen Anforderungen ausgegangen ist. Durchgreifend rechtsfehlerhaft ist dagegen, dass die Strafkammer nicht geprüft hat, ob im Hinblick auf die von dem Angeklagten M. geleistete Aufklärungshilfe eine Milderung des von ihr jeweils der Strafzumessung zugrunde gelegten Strafrahmens gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 StGB in Betracht kommt.
Dieser Mangel führt zur Aufhebung der Aussprüche über sämtliche gegen den Angeklagten M. verhängten Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe; auch insoweit können die den Strafaussprüchen zugrunde liegenden Feststellungen indes bestehen bleiben, weil sie von dem Rechtsfehler nicht berührt werden (§ 353 Abs. 2 StPO).
4. Schließlich kann auch die Einziehungsentscheidung keinen Bestand haben. Das Landgericht hat die Entscheidung allein mit einem Hinweis auf § 74 StGB begründet. Mangels entsprechender Feststellungen lässt sich den Urteilsgründen indes nicht entnehmen, dass die Einziehungsvoraussetzungen erfüllt sind; das versteht sich insbesondere in Anbetracht der Vielzahl der eingezogenen Gegenstände hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstandes nicht von selbst.
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 958
Externe Fundstellen: StV 2019, 446
Bearbeiter: Christian Becker