HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 705
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 83/16, Beschluss v. 03.05.2016, HRRS 2016 Nr. 705
Auf die Revisionen der Angeklagten H. und Z. wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 16. Juni 2015, auch soweit es den Angeklagten N. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Betruges zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten Z. wegen Betruges in 58 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und den Mitangeklagten N. wegen Betruges zu der Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Strafen hat es jeweils zur Bewährung ausgesetzt. Die Revisionen der Angeklagten H. und Z. rügen die Verletzung materiellen Rechts und beanstanden das Verfahren. Ihre Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht mehr an. Die Entscheidung ist nach § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten N. zu erstrecken.
Das Urteil hat insgesamt keinen Bestand, denn die lückenhaften und widersprüchlichen Feststellungen tragen nicht die Verurteilung der Angeklagten wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB).
1. Der Angeklagte N. betrieb eine Partnervermittlung, für die auf der Grundlage von Handelsvertreterverträgen auch die Angeklagten H. und Z. tätig wurden. Zur Gewinnung neuer Kunden bedienten sich N. und H. der Telefonwerbung durch jeweils eigene Mitarbeiter, während Z. mögliche Interessenten selbst ansprach. Die so geworbenen Verträge sahen, regelmäßig zu einem „Sonderpreis“ von etwa 1.000 €, das Recht des Kunden auf eine „Partneranalyse“ sowie auf die Unterbreitung mehrere „Partnervorschläge aus der bestehenden Kartei“ vor.
Indes waren sich die Angeklagten einig, dass die potentiellen Vertragspartner „um jeden Preis und unter Abgabe falscher Versprechungen“ zum Abschluss eines Partnervermittlungsvertrages überredet werden sollten und eine „werthaltige Gegenleistung“ nicht beabsichtigt war. Obwohl die Angeklagten den Kunden zusicherten bzw. zusichern ließen, die Vorschläge würden insbesondere deren Vorstellungen zu Alter und Wohnort des Partners berücksichtigen, nahm der Angeklagte N. bei seiner nachfolgenden „Partnerauswahl“ hierauf „nur in wenigen Fällen Rücksicht“. „Dementsprechend war es weitgehend dem Zufall überlassen, ob und inwieweit das Anforderungsprofil der Kunden mit den ihnen nach Vertragsschluss übersandten Partnervorschlägen übereinstimmen würde.“ Darüber hinaus erklärten die Angeklagten „in einigen Fällen“ der Wahrheit zuwider, ein passender Partner werde bereits in der Kartei geführt.
Auf diese Weise kam es zwischen April 2009 und August 2012 zu insgesamt 120 „betrügerisch erlangten“ Vertragsabschlüssen; soweit diese von Z. vermittelt wurden, beanspruchte neben diesem auch der ihn anwerbende H. eine Provision.
2. Danach sind konkrete Täuschungshandlungen der Angeklagten im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB nicht belegt. Weder die Vorspiegelung einer nicht vorhandenen Leistungsfähigkeit des Angeklagten N. noch die seiner tatsächlich fehlenden Leistungsbereitschaft wird hinreichend deutlich. Dass die vom Angeklagten N. geführte Kartei mangels nennenswerten Umfangs oder einseitiger altersmäßiger oder regionaler Struktur schon keine Auswahlmöglichkeiten bot, ist nicht festgestellt. Ebenso wenig ist festgestellt, dass dieser zur Vermeidung eigenen Aufwands von näheren Nachforschungen in der Kartei von vornherein absehen wollte.
Im Übrigen beschränkte sich die Zusicherung der Angeklagten nach den Feststellungen grundsätzlich darauf, die Vorstellungen der Kunden würden bei der Auswahl der Vorschläge berücksichtigt. Allein hieraus kann der an der Vermittlung eines Partners Interessierte - entgegen der pauschalen Annahme des Landgerichts - nicht auch die Zusicherung ableiten, mindestens einer der übermittelten Vorschläge werde seinen Vorstellungen zur Gänze entsprechen.
So weist bereits der verwendete Formularvertrag darauf hin, dass ein Vermittlungserfolg unter Umständen Kompromissbereitschaft hinsichtlich geäußerter Wünsche erfordert. Soweit die Angeklagten darüber hinaus behaupteten, eine Person mit den gewünschten Eigenschaften werde bereits in der Kartei geführt, bleibt offen, in welchen der abgeurteilten Einzelfälle dies geschah.
HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 705
Bearbeiter: Christian Becker