HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 9
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 222/16, Beschluss v. 13.10.2016, HRRS 2017 Nr. 9
Auf die Revisionen der Angeklagten T., H., B. und G. wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 29. Februar 2016 im Strafausspruch unter Aufrechterhaltung der jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
- soweit es den Angeklagten T. betrifft, bezüglich der für die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 11 und 12 (Fälle II. 4. ab) der Urteilsgründe), 17 bis 21 (Fälle II. 6. ae) der Urteilsgründe) sowie 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe;
- soweit es den Angeklagten H. betrifft, bezüglich der für die Taten 35 bis 42 (Fälle II. 8. ah) der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe;
- soweit es den Angeklagten B. betrifft, bezüglich der für die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 11 und 12 (Fälle II. 4. ab) der Urteilsgründe), 13 bis 16 (Fälle II. 5. ad) der Urteilsgründe), 17 bis 21 (Fälle II. 6. ae) der Urteilsgründe), 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe) sowie 35 bis 42 (Fälle II. 8. ah) der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe;
- soweit es den Angeklagten G. betrifft, bezüglich der für die Taten 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe;
- soweit es den Mitangeklagten F. betrifft, bezüglich der für die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 13 bis 16 (Fälle II. 5. ad) der Urteilsgründe), 17 bis 21 (Fälle II. 6. ae) der Urteilsgründe), 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe) sowie 35 bis 37 (Fälle II. 8. ac) der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe;
- soweit es die Mitangeklagte S. betrifft, bezüglich der für die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 11 und 12 (Fälle II. 4. ab) der Urteilsgründe), 13 bis 15 (Fälle II. 5. ac) der Urteilsgründe) sowie 35 und 36 (Fälle II. 8. ab) der Urteilsgründe) verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Das Landgericht hat die Angeklagten und Mitangeklagten unter Freispruch im Übrigen verurteilt wie folgt:
- den Angeklagten T. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 32 Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren;
- den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 21 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren;
- den Angeklagten B. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 36 Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten;
- den Angeklagten G. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat;
- den Mitangeklagten F. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren sowie
- die Mitangeklagte S. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat.
Die Strafkammer hat daneben bezüglich der Angeklagten und Mitangeklagten den Verfall von Wertersatz in unterschiedlicher Höhe angeordnet sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Angeklagten T., H., B. und G. beanstanden mit ihren Revisionen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte T. rügt darüber hinaus auch das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge, auch soweit es die Mitangeklagten F. und S. betrifft, zum Strafausspruch den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts unbegründet.
I. 1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen begingen die Angeklagten in wechselnder Beteiligung in dem Zeitraum von Ende 2002 bis zum 18. August 2015 zahlreiche Betäubungsmittelstraftaten. Soweit sie dabei als Bandenmitglieder tätig wurden, hat die Strafkammer teilweise einen minder schweren Fall angenommen und die jeweilige Einzelstrafe aus dem Strafrahmen des § 30a Abs. 3 BtMG, gegebenenfalls gemildert nach §§ 27 StGB, 31 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB, entnommen. Den Strafrahmen des § 30a Abs. 3 StGB hat sie dabei in allen Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren angegeben. Dies ist für die bis zum 22. Juli 2009 beendeten Straftaten nach § 2 Abs. 3 StGB rechtsfehlerhaft; denn bis zu diesem Zeitpunkt betrug der Strafrahmen des § 30a Abs. 3 BtMG Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu lediglich fünf Jahren und war daher milder. Die derzeit geltende Fassung des § 30a Abs. 3 BtMG ist erst am 23. Juli 2009 in Kraft getreten.
Der Rechtsfehler betrifft die folgenden Einzelfälle:
- bezüglich des Angeklagten T. die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 11 und 12 (Fälle II. 4. ab) der Urteilsgründe), 17 bis 21 (Fälle II. 6. ae) der Urteilsgründe) sowie 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe);
- bezüglich des Angeklagten H. die Taten 35 bis 42 (Fälle II. 8. ah) der Urteilsgründe);
- bezüglich des Angeklagten B. die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 11 und 12 (Fälle II. 4. ab) der Urteilsgründe), 13 bis 16 (Fälle II. 5. ad) der Urteilsgründe), 17 bis 21 (Fälle II. 6. ae) der Urteilsgründe), 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe) sowie 35 bis 42 (Fälle II. 8. ah) der Urteilsgründe);
- bezüglich des Angeklagten G. die Taten 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe);
- bezüglich des Mitangeklagten F. die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 13 bis 16 (Fälle II. 5. ad) der Urteilsgründe), 17 bis 21 (Fälle II. 6. ae) der Urteilsgründe), 32 bis 34 (Fälle II. 7. ac) der Urteilsgründe) sowie 35 bis 37 (Fälle II. 8. ac) der Urteilsgründe);
- bezüglich der Mitangeklagten S. die Taten 7 (Fall II. 2. der Urteilsgründe), 11 und 12 (Fälle II. 4. ab) der Urteilsgründe), 13 bis 15 (Fälle II. 5. ac) der Urteilsgründe) sowie 35 und 36 (Fälle II. 8. ab) der Urteilsgründe).
In all diesen Fällen waren die Taten vor dem 23. Juli 2009 beendet. Die Plantage V. Straße in St. (Taten 35-56, Fälle II. 8. au) der Urteilsgründe) wurde nach den Feststellungen ab Mitte 2007 errichtet und rund sechs Jahre betrieben, wobei dort insgesamt 21, mithin pro Jahr drei bis vier Ernten realisiert wurden. Zu Gunsten der Angeklagten ist deshalb davon auszugehen, dass bis zum 22. Juli 2009 acht Taten beendet waren und die vor der Anschaffung einer Erntemaschine vorgenommenen Beihilfehandlungen der Mitangeklagten F. und S. sich auf die jeweils ersten dort begangenen Taten bezogen.
2. Mit Blick auf die erheblich unterschiedliche obere Grenze der jeweiligen Strafrahmen ist nicht auszuschließen, dass die Einzelstrafen, auf die das Landgericht für die vor der Gesetzesänderung begangenen Straftaten erkannt hat, auch in den Fällen der weiteren Milderung des Strafrahmens niedriger ausgefallen wären, hätte die Strafkammer den anzuwendenden geringeren Strafrahmen des § 30a Abs. 3 BtMG aF angenommen. Der Wegfall der Einzelstrafen in den genannten Fällen entzieht auch der jeweiligen Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.
3. Die teilweise Aufhebung des tatgerichtlichen Urteils war auf die Mitangeklagten F. und S. zu erstrecken, § 357 Satz 1 StPO. Die jeweils zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben.
II. Im Übrigen bemerkt der Senat zu der Revision des Angeklagten T. ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts: Soweit sich die Revisionsbegründung im Rahmen der Rüge nach § 261 StPO gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts als solche richtet, liegt ein materiellrechtlicher Rechtsfehler nicht vor. Entgegen dem Revisionsvorbringen sind insbesondere die Schlüsse, die die Strafkammer aus dem in die Hauptverhandlung eingeführten Gespräch zwischen dem Angeklagten T. und der Mitangeklagten S. gezogen hat, zumindest möglich. Daneben enthält das Urteil in diesem Zusammenhang keinen relevanten Widerspruch.
III. Nach alldem bedarf die Sache in dem aufgezeigten Umfang neuer Verhandlung und Entscheidung.
HRRS-Nummer: HRRS 2017 Nr. 9
Bearbeiter: Christian Becker