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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 873

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 119/16, Beschluss v. 23.08.2016, HRRS 2016 Nr. 873


BGH 3 StR 119/16 - Beschluss vom 23. August 2016 (LG Bad Kreuznach)

Eigene Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts trotz neu hinzutretender Strafzumessungstatsachen.

§ 354 Abs. 1a StPO

Leitsatz des Bearbeiters

Der Vortrag neuer Tatsachen führt mit Blick auf ein mögliches Vorgehen des Revisionsgerichts nach § 354 Abs. 1a StPO lediglich dazu, dass das Revisionsgericht solche neuen Umstände bei seiner Entscheidung, ob die in dem angefochtenen Urteil verhängte Strafe angemessen ist, zu berücksichtigen hat. Kategorisch ausgeschlossen ist eine eigene Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts angesichts neuer Strafzumessungstatsachen hingegen nicht.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26. November 2015 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

Ob - wie der Angeklagte meint - das Landgericht niedrigere Strafen verhängt hätte, wenn es den langen zeitlichen Abstand zwischen den Taten und der Verurteilung in gleichem Maße berücksichtigt hätte, wie bei anderen Straftaten auch (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - 3 StR 342/15, NStZ 2016, 277), ist für die Frage, ob der Senat nach § 354 Abs. 1a StPO entscheiden kann, irrelevant, denn bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Revisionsgerichts; darauf, wie der Tatrichter entschieden hätte, kommt es nicht an (BT-Drucks. 15/3482 S. 22; BGH, Beschluss vom 22. August 2006 - 1 StR 293/06, BGHSt 51, 84, 86).

Dass der Angeklagte mit Schriftsatz vom 19. August 2016 hat vorbringen lassen, die „erhebliche Belastung der familiären Situation (…), insbesondere zu seiner Ehefrau (…)“ sei „mitursächlich für die erheblichen, nach Durchführung der Hauptverhandlung zwischenzeitlich eingetretenen psychischen Probleme des Angeklagten“, steht einer Entscheidung des Senats nach § 354 Abs. 1a StPO ebenfalls nicht entgegen. Der Vortrag neuer Tatsachen führt lediglich dazu, dass das Revisionsgericht solche neuen Umstände bei seiner Entscheidung, ob die in dem angefochtenen Urteil verhängte Strafe angemessen ist, zu berücksichtigen hat (BGH, Beschluss vom 11. August 2009 - 3 StR 175/09, JR 2011, 177, 179 f. mit zust. Anmerkung Peglau; vgl. auch BeckOK StPO/Wiedner, § 354 Rn. 79; LR/Franke, StPO, 26. Aufl. § 354 Rn. 55; aA Gaede, StV 2011, 139, 141; Dehne-Niemann, StV 2016, 601).

Auch unter Berücksichtigung der genannten Umstände erweisen sich die in dem angefochtenen Urteil verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtfreiheitsstrafe als angemessen.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 873

Bearbeiter: Christian Becker