HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 567
Bearbeiter: Christian Becker
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 94/15, Beschluss v. 14.04.2015, HRRS 2015 Nr. 567
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 3. Dezember 2014, soweit es ihn betrifft,
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und der räuberischen Erpressung schuldig ist;
mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
im gesamten Strafausspruch;
soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes [Tat II. 1) der Urteilsgründe] und wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung [Tat II. 2) der Urteilsgründe] zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Überprüfung des Urteils führt im Fall II. 1) der Urteilsgründe zu einer Änderung des Schuldspruchs. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung das äußere Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten maßgebend (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 27. April 1993 - 4 StR 149/93, BGHR StGB § 255 Konkurrenzen 3). Dies hat zur Folge, dass der Angeklagte hinsichtlich der festgestellten Tat, bei der der Geschädigte unter dem Eindruck der Schläge und des drohenden Auftretens des Angeklagten aus zwei Schubladen 12 Gramm Marihuana sowie ca. 120 € nahm und beides dem Angeklagten übergab, nicht des Raubes (§ 249 StGB), sondern der räuberischen Erpressung (§§ 253, 255 StGB) schuldig ist.
2. Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht die Möglichkeit einer Strafmilderung nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB nicht geprüft hat. Hierzu hätte nach den Urteilsgründen Anlass bestanden; denn danach machte der Angeklagte im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung Angaben zur Beteiligung des Mitangeklagten A. an der Tat II. 1) der Urteilsgründe und trug damit dazu bei, dass diese über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgeklärt werden konnte. Auf diesem Rechtsfehler beruht die Bemessung der jeweiligen Einzelstrafe für beide abgeurteilten, im Zusammenhang stehenden Taten; denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht den jeweils angenommenen Strafrahmen gemildert und/oder geringere Strafen verhängt hätte. Dies führt auch zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
3. Das Urteil hat schließlich keinen Bestand, soweit das Landgericht die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) nicht erörtert hat. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
"Der Angeklagte wurde 2009 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln und 2012 wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt (UA S. 4). Er hat sich als einen 'langjährigen Konsumenten von Marihuana' bezeichnet, der 'gerade in der Zeit nach der Entlassung durch seinen letzten Arbeitgeber verstärkt, zeitweise auch täglich, geraucht' habe (UA S. 4). Der Angeklagte teilte sein Fahrzeug mit dem Mitangeklagten A. ; 'dieser chauffierte den Angeklagten K. auch immer dann, wenn dieser Marihuana geraucht (hatte) und sich infolge dessen fahruntüchtig fühlte' (UA S. 6). Beide Taten beging der Angeklagte zum Nachteil seines Betäubungsmittellieferanten. Dabei ging es ihm auch um Marihuana als Tatbeute. Der zweiten Tat ging voraus, dass der Angeklagte 'wieder einmal nicht über ausreichend Geld verfügte' und deshalb den Entschluss fasste, den Zeugen G. erneut 'abzuziehen' (UA S. 8). Er hatte '2 oder 3 Tage zuvor den letzten Joint geraucht und wollte sich wieder Marihuana holen, ohne dafür zahlen zu müssen' (UA S. 8).
Vor diesem Hintergrund war die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt zu prüfen, da nicht auszuschließen ist, dass die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Einer Nachholung dieser Prüfung (unter Hinzuziehung eines Sachverständigen, § 246a Abs. 1 StPO) steht das Verschlechterungsverbot nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen hat (vgl. Gericke in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl., § 358 Rn. 23)."
Dem stimmt der Senat zu.
HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 567
Bearbeiter: Christian Becker