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HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 182

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 163/15, Beschluss v. 10.12.2015, HRRS 2016 Nr. 182


BGH 3 StR 163/15 - Beschluss vom 10. Dezember 2015 (LG Düsseldorf)

Beruhensprüfung bei Verstoß gegen Mitteilungspflichten (verständigungsbezogenes Gespräch; Kausalität; keine Ergänzung um normative Gesichtspunkte; keine Verletzung der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit trotz verspäteter Unterrichtung; Recht auf ein faires Strafverfahren).

§ 243 Abs. 4 Satz 2 StPO; § 337 Abs. 1 StPO; Art. 6 EMRK

Leitsätze des Bearbeiters

1. Die maßgeblich auf die Kausalität abstellende Beruhensprüfung im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO ist entgegen der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch bei Verletzung von § 243 Abs. 4 StPO nicht um normative Gesichtspunkte zu ergänzen.

2. Das Schutzgut der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit wird nicht verletzt, wenn der Vorsitzende über ein verständigungsbezogenes Gespräch nicht unverzüglich, sondern nur verspätet ausreichend detailliert unterrichtet.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Juli 2014 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Zu der Rüge eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO bemerkt der Senat ergänzend:

Der Rechtsfehler, dass der Vorsitzende der Strafkammer den Angeklagten am 23. Oktober 2012 über den Inhalt des an diesem Tage geführten, auf eine Verständigung abzielenden Gesprächs nur unzureichend unterrichtet hatte, kann sich schon deshalb nicht zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben, weil die Strafkammer für den Fall seines frühzeitigen Geständnisses auf Grundlage des damaligen Erkenntnisstandes von seiner Stellung als Mittäter des Betruges ausgegangen war und für diesen Fall eine Strafrahmenvorstellung von drei Jahren bis drei Jahre sechs Monate geäußert hatte. Verurteilt wurde der Angeklagte nach umfangreicher Beweisaufnahme hingegen wegen Beihilfe zum Betrug, wobei die verhängte Freiheitsstrafe deutlich unter der am 23. Oktober 2012 geäußerten Straferwartung lag. Auch die zunächst nur unzureichende Unterrichtung der Öffentlichkeit über die am ersten Hauptverhandlungstag stattgefundenen Erörterungen nötigt nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils. Insoweit gilt:

Die maßgeblich auf die Kausalität abstellende Beruhensprüfung im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO ist - entgegen der Kammerrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 15. Januar 2015 - 2 BvR 878/14, NStZ 2015, 170; 2 BvR 2055/14, NStZ 2015, 172) - auch bei Verletzung von § 243 Abs. 4 StPO nicht um normative Gesichtspunkte zu ergänzen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - 3 StR 470/14, juris Rn. 21 ff.). Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre das Schutzgut der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit angesichts des konkreten Verfahrensablaufs schon nicht verletzt, weil der Vorsitzende über das Gespräch vom 23. Oktober 2012 in der Hauptverhandlung am 10. April 2014 ausreichend detailliert unterrichtete. Zwar ist die Mitteilung nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO in der Regel unverzüglich zu machen; dies betrifft indes lediglich die Unterrichtung des Angeklagten, weil dessen Information auf sein Prozessverhalten entscheidenden Einfluss haben kann. Die Öffentlichkeit hat hingegen keinen Anspruch auf eine unverzügliche Unterrichtung. Im Übrigen steht nach dem zweifelsfreien Inhalt des Gesprächs fest, dass eine rechtswidrige und informelle Verständigung zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war. Dass der Strafkammer an einer verständigungsbasierten Beendigung des Verfahrens gelegen war, hatte der Vorsitzende der Strafkammer noch am 23. Oktober 2012 in der Hauptverhandlung durch seine Erklärung, ein entsprechendes Rechtsgespräch sei erfolglos verlaufen, öffentlich gemacht.

HRRS-Nummer: HRRS 2016 Nr. 182

Bearbeiter: Christian Becker