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HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 875

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 575/14, Beschluss v. 21.05.2015, HRRS 2015 Nr. 875


BGH 3 StR 575/14 - Beschluss vom 21. Mai 2015 (OLG Frankfurt)

Nachträgliche Beschränkung der Strafverfolgung.

§ 154 StPO; § 154a StPO

Entscheidungstenor

Die Strafverfolgung wird mit Zustimmung des Generalbundesanwalts und der Nebenkläger gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO auf den Vorwurf des Völkermordes (§ 220a StGB in der vom 1. April 1987 bis zum 31. März 1998 geltenden Fassung) anlässlich des „Massakers von Kiziguro“ am 11. April 1994 (Ziffer II. 2. der Anklageschrift) beschränkt.

Gründe

Der Senat beschränkt die weitere Strafverfolgung auf den Vorwurf des Völkermordes anlässlich des „Massakers von Kiziguro“ und nimmt damit von dieser die dem Angeklagten mit der Anklageschrift zur Last gelegten einzelnen Tötungsdelikte bezüglich der Opfer dieses Massakers aus. Auf die Wirksamkeit der entsprechenden Verfahrensbeschränkung, die bereits das Oberlandesgericht während der erstinstanzlichen Hauptverhandlung - allerdings ohne Zustimmung der Nebenkläger - vorgenommen hat, kommt es deshalb nicht an.

Gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Nr. 2 StPO kann das mit der Sache befasste Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der betroffenen Nebenkläger in jeder Lage des Verfahrens einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, u.a. dann von der Strafverfolgung ausnehmen, wenn ein Urteil wegen dieser Gesetzesverletzungen in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn der Beschuldigte wegen der verbleibenden Gesetzesverletzungen eine Strafe zu erwarten hat, die zur Einwirkung auf ihn und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Generalbundesanwalt und die an dem Verfahren beteiligten Nebenkläger haben in der Hauptverhandlung vor dem Senat ihre Zustimmung zu der Verfahrensbeschränkung erklärt. Der Gang der Beweisaufnahme in der bisherigen Hauptverhandlung, die vom 18. Januar 2011 bis zum 18. Februar 2014 durchgeführt worden ist und damit mehr als drei Jahre angedauert hat, belegt, dass die Aufklärung der Geschehnisse, die sich im Jahre 1994 in Ruanda zutrugen, sich in hohem Maße zeitaufwändig gestaltet. Es ist deshalb - ohne dass dies näherer Darlegung bedarf - zu erwarten, dass nach der Teilaufhebung des Urteils des Oberlandesgerichts vom 18. Februar 2014 und der Zurückverweisung der Sache durch den Senat erneut eine langwierige Beweisaufnahme erforderlich wäre, wenn über den vom Oberlandesgericht bisher seinem Urteil zugrunde gelegten Verfahrensstoff hinaus die Verwirklichung weiterer Gesetzesverletzungen aufzuklären wäre. Dem Angeklagten droht, nachdem der Senat die Verneinung der mittäterschaftlichen Verwirklichung des Völkermordes durch das Oberlandesgericht als rechtsfehlerhaft gewertet hat, nach der erneut durchzuführenden Hauptverhandlung allein wegen dieses Delikts eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Demnach erscheint mit Blick auf die Zwecke, denen § 154a StPO dient, namentlich die Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, die Beschränkung der Kognitionspflicht trotz des hohen Gewichts, das auch die einzelnen Tötungsdelikte aufweisen, als angemessen. Hinzu kommt, dass die Entscheidung des Senats lediglich eine vorläufige Reduzierung des Verfahrensstoffs bewirkt. Gemäß § 154a Abs. 3 Satz 1 StPO kann das neue Tatgericht die durch diesen Beschluss von der Strafverfolgung ausgeschiedenen Gesetzesverletzungen jederzeit wieder in das Verfahren einbeziehen; nach § 154a Abs. 3 Satz 2 StPO ist es hierzu auf Antrag des Generalbundesanwalts sogar verpflichtet.

HRRS-Nummer: HRRS 2015 Nr. 875

Bearbeiter: Christian Becker