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HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 942

Bearbeiter: Christian Becker

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 316/14, Beschluss v. 20.08.2014, HRRS 2014 Nr. 942


BGH 3 StR 316/14 - Beschluss vom 20. August 2014 (LG Oldenburg)

Betrug (Fehlen einer tragfähigen Beweiswürdigung für die Annahme der Zahlungsunwilligkeit des Vertragspartners des Getäuschten).

§ 263 StGB; § 261 StPO

Entscheidungstenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. Dezember 2013 mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 23 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt, ihn im Übrigen freigesprochen, von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wegen bestehender Ansprüche von Verletzten abgesehen und den Wert des vom Angeklagten Erlangten mit 291.815,53 € bezeichnet. Gegen die Verurteilung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und auf Verfahrensbeanstandungen gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensrügen kommt es danach nicht mehr an.

1. Der Schuldspruch wegen Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) hat keinen Bestand.

a) Der unter einer Aliaspersonalie auftretende Angeklagte war bei der E. GmbH als "Einkäufer" angestellt. Um sich eine fortlaufende zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen, bestellte er von August bis Oktober 2010 in insgesamt 23 Fällen jeweils namens der GmbH für deren Betrieb nicht benötigte Materialien und Arbeitsmittel, entfernte diese nach der Anlieferung seiner vorgefassten Absicht entsprechend vom Betriebsgelände und verwertete sie sodann auf eigene Rechnung. Von der finanziellen Lage der GmbH, über deren Vermögen bereits am 25. November 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hatte der Angeklagte zwar keine Kenntnis; so rechnete er nicht damit, dass diese schon mangels Zahlungsfähigkeit nicht in der Lage sein würde, die Rechnungen der Lieferanten zu bezahlen. Jedoch täuschte er bei Abschluss der Verträge "vorsätzlich die Lieferanten - zumindest konkludent - darüber, dass weder die E. GmbH bzw. deren Verantwortliche noch er selbst bereit waren, die nach den Lieferungen fälligen Kaufpreise zu bezahlen". Wegen dieser fehlenden Zahlungsbereitschaft waren die Ansprüche der Lieferanten auch "wirtschaftlich nicht werthaltig".

b) Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei bei den Vertragsschlüssen namens der GmbH jeweils von deren fehlender Zahlungswilligkeit ausgegangen, entbehrt einer sie tragenden lückenlosen Beweiswürdigung.

Zwar wurden die bestellten Gegenstände von der GmbH nicht benötigt, auch waren die vereinbarten Preise teilweise überhöht. Auf welche Weise sich die GmbH (rechtlich begründeten) Zahlungsansprüchen der Lieferanten nach der Vorstellung des Angeklagten letztlich entzogen hätte oder hätte entziehen können, teilt das Landgericht jedoch nicht mit. Soweit es darauf verweist, dass der Angeklagte mit der Benutzung des Aliasnamens nicht nur seine persönliche Inanspruchnahme, sondern auch die Inanspruchnahme der GmbH habe erschweren wollen, überzeugt dies deshalb nicht, weil sein (nach den Feststellungen im Außenverhältnis berechtigtes) Handeln namens der GmbH für deren Verantwortliche gleichwohl offenkundig blieb. Zum innerbetrieblichen Gang der durch Bestellungen des Angeklagten veranlassten Rechnungen schweigt das Urteil ebenso wie zu etwaigen Willensäußerungen Verantwortlicher, aus denen der Angeklagte auf eine (der Rechtslage widersprechende) nachhaltige Zahlungsverweigerung hätte schließen können.

Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

2. Der neue Tatrichter wird auch die sich nach Sachlage aufdrängende nähere Klärung der Pflichtenstellung des Angeklagten innerhalb der E. GmbH nachzuholen und danach zu entscheiden haben, ob dessen Verhalten den Tatbestand der Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) erfüllt. Allein das Vertrauen darauf, die E. GmbH würde eine zu ihren Lasten begründete Forderung ohnehin nicht begleichen, ließe einen auf die Herbeiführung eines Vermögensnachteils gerichteten Vorsatz nicht entfallen, denn der Nachteil ist anhand der objektiven Vermögenslage zu ermitteln.

HRRS-Nummer: HRRS 2014 Nr. 942

Externe Fundstellen: NStZ-RR 2014, 341; StV 2015, 422

Bearbeiter: Christian Becker