HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 891
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 213/10, Urteil v. 02.09.2010, HRRS 2010 Nr. 891
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil das Landgerichts Hildesheim vom 26. Januar 2010 wird verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsberaubung sowie wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor dem Vollzug der Maßregel ein Jahr und neun Monate der Gesamtfreiheitsstrafe zu vollstrecken sind. Mit ihrer Revision, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten wird, beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie rügt insbesondere, das Landgericht habe im Fall II. 1. der Urteilsgründe rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen der § 221 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB verneint; jedenfalls könne der gesamte Strafausspruch keinen Bestand haben. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
Die Revision zeigt einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Gunsten oder zu Lasten (§ 301 StPO) des Angeklagten nicht auf. Die Feststellungen des Landgerichts beruhen auf einer nach den Maßstäben sachlichrechtlicher Überprüfung durch das Revisionsgericht (BGH, Urteil vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, NJW 2005, 2322, 2326) rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung. Die im Rahmen der rechtlichen Würdigung durch die Strafkammer vorgenommenen Wertungen lassen einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht erkennen. Die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts bieten ebenfalls keinen Anlass zur Beanstandung. Im Einzelnen gilt:
Die Feststellungen belegen entgegen der Auffassung der Revisionsführerin insbesondere im Fall II. 1. der Urteilsgründe weder die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands einer Aussetzung nach § 221 Abs. 1 Nr. 1 StGB noch diejenigen eines besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b StGB. Dies folgt bereits daraus, dass das Landgericht keine Überzeugung davon gewonnen hat, für das Opfer habe die erforderliche konkrete Gefahr (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 221 Rn. 15, § 250 Rn. 27, jew. mwN) des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bestanden. Die von der Strafkammer in diesem Zusammenhang - gestützt u. a. auf die Ausführungen eines rechtsmedizinischen Sachverständigen - gezogenen Schlüsse sind möglich und deshalb vom Revisionsgericht hinzunehmen. Für das Vorbringen der Revisionsführerin, die Strafkammer habe bei der Beurteilung dieser Frage lediglich den Zeitraum im Blick gehabt, in dem die Täter sich in dem Haus aufhielten, bieten die allein maßgebenden Urteilsgründe keinen ausreichenden Anhalt.
Es begegnet im Übrigen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht dem Angeklagten lediglich die Fesselung der Geschädigten mit dem Klebeband zugerechnet hat, die nach dem gemeinsamen Tatplan der drei Täter nur dazu dienen sollte, das Opfer des Raubüberfalls widerstandsunfähig zu machen. Dasselbe gilt für die Feststellung, die Faustschläge, die der Geschädigten von den zwei Mittätern in der Zeit zugefügt wurden, in welcher der Angeklagte das Haus nach Wertsachen durchsuchte, seien von dessen Vorsatz nicht umfasst gewesen. Hierauf gestützt hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen eines besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 sowie Nr. 3 Buchst. a StGB verneint.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten und der Angriffe der Revisionsführerin gegen die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug. Soweit die Revisionsführerin es als "unerträglich milde" erachtet, dass der Angeklagte möglicherweise nur ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe im Strafvollzug verbüßen muss, beruht dies auf der Wertung des Gesetzgebers, der in § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB ausdrücklich bestimmt hat, dass nach Vollzug einer Maßregel nach § 63 oder § 64 StGB die Vollstreckung eines Strafrests unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 StGB bereits zur Bewährung ausgesetzt werden kann, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist.
HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 891
Bearbeiter: Ulf Buermeyer