HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 987
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 224/09, Urteil v. 13.08.2009, HRRS 2009 Nr. 987
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Januar 2009, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge;
b) im gesamten Strafausspruch und im Maßregelausspruch.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil, soweit es den Angeklagten K. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge;
b) im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II 3 der Urteilsgründe) und wegen "gewerbsmäßigen" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 30 Fällen (Fälle II 1 und 2 der Urteilsgründe) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.
Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der Sachrüge. In Einzelausführungen beanstandet sie den Schuldspruch wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln.
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den Schuldspruch zu Fall II 3 und - nach dem ausdrücklich formulierten Revisionsantrag - den Rechtsfolgenausspruch insgesamt. Sie ist der Auffassung, dass der Angeklagte im Fall II 3 wegen täterschaftlichen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu verurteilen gewesen wäre, beanstandet die dem Angeklagten zugebilligte Strafmilderung nach § 31 BtMG und rügt, dass das Landgericht nicht den Vorwegvollzug eines Teils der Freiheitsstrafe vor der Maßregel angeordnet sowie von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen hat.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg; die Revision des Angeklagten ist nur teilweise begründet.
I. Revision des Angeklagten
1. Der Schuldspruch im Fall II 3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Nach den Feststellungen konsumierte der drogenabhängige Angeklagte u. a. etwa 5 Gramm Kokain wöchentlich. Zur Finanzierung seines Bedarfs und zur Begleichung seiner Schulden bei den Lieferanten verkaufte er daneben Kokain in Einzelmengen von einer Konsumeinheit. Am 1. Mai 2008 übergaben ihm die zwei Händler, von denen er die Drogen bezog, 1.651,84 Gramm eines in mehrere Plastiktüten verpackten und zum Weiterverkauf bestimmten Kokaingemischs mit einem Wirkstoffgehalt von 38,2 %. Dieses sollte er kurzfristig auf seinem Gartengrundstück "bunkern"; nach 24 Stunden wollten es die Überbringer wieder abholen. Als Gegenleistung sollte der Angeklagte 25 Gramm des Gemischs erhalten. Noch vor der Abholung der Betäubungsmittel traf am Folgetag die Polizei auf dem Grundstück ein. Der Angeklagte beschäftigte sich zu diesem Zeitpunkt mit den auf der Terrasse liegenden Plastiktüten. In der Jackentasche trug er ein einhändig bedienbares Klappmesser mit ca. 8 Zentimeter Klingenlänge bei sich; in der Küche der Gartenlaube verwahrte er auf einem Schrank in einer Plastikschachtel einen mit 5 Kartuschen geladenen Schreckschussrevolver nebst weiterer Munition.
b) Diese Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen bewaffneten Sichverschaffens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG).
Das Sichverschaffen setzt wie der Erwerb voraus, dass der Täter die tatsächliche Verfügungsgewalt mit der Möglichkeit und dem Willen erlangt, über die Sache als eigene zu verfügen (Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 1113, 1055 m. w. N.). Danach hat sich der Angeklagte das verwahrte Kokain nicht verschafft. Nach dem Willen der Überbringer hat es dem Angeklagten nicht freigestanden, in irgendeiner Weise über das Kokain zu verfügen. Ebenso wenig hat er sich die Verfügungsgewalt hierüber aus eigenem Willensentschluss angemaßt. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausführt, ändert hieran auch der Umstand nichts, dass der Angeklagte aus der zu verwahrenden Gesamtmenge 25 g als Entlohnung erhalten sollte. Der Angeklagte ist weder ermächtigt gewesen, diese Teilmenge während der Verwahrzeit selbst auszusondern, noch hat er dies aus eigenem Entschluss getan.
Mit der Aufhebung des Schuldspruchs in diesem Fall entfällt die entsprechende Einzelstrafe sowie die Gesamtstrafe.
2. Auf die Revision des Angeklagten aufzuheben sind darüber hinaus auch die Einzelstrafen, die das Landgericht für die 30 Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln festgesetzt hat (Fälle II 1 und 2).
a) Das Landgericht hat gewerbsmäßiges Handeln des Angeklagten festgestellt und ist daher von besonders schweren Fällen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG ausgegangen. Dessen Strafrahmen hat es nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ermäßigt, weil nicht auszuschließen sei, dass der Angeklagte zum Zeit punkt der Begehung der Taten in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war. Anschließend hat es "den vertypten Strafmilderungsgrund des § 31 BtMG angewandt". Aufgrund weiterer Erwägungen zur "Strafzumessung" gelangt es zu Freiheitsstrafen von jeweils sechs Monaten.
b) Danach ist zu besorgen, dass den Einzelstrafen eine fehlerhafte Strafrahmenwahl zugrunde liegt. Bejaht der Tatrichter einen besonders schweren Fall trotz des Vorliegens eines vertypten Strafmilderungsgrunds, so müssen seine Darlegungen dem Revisionsgericht grundsätzlich erkennbar machen, dass er sich bewusst ist, trotz Verwirklichung des Regelbeispieles wegen dieses Milderungsgrundes - allein oder in Zusammenhang mit anderen Umständen - entweder den besonders schweren Fall verneinen oder aber den Strafrahmen des besonders schweren Falls gemäß § 49 StGB mildern zu können (BGH NStZ 1990, 595; StV 1999, 490). Zureichende Erwägungen hierzu hat die Kammer nicht angestellt, obwohl dies angesichts zweier vertypter Milderungsgründe geboten war.
c) Auch ausgehend von einem besonders schweren Fall nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG ist die Bemessung der Einzelstrafen nicht ohne Rechtsfehler. §§ 31 BtMG, 49 Abs. 2 StGB erlauben es dem Gericht, ein erhöhtes Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß zurückzuführen. Dies gilt auch dann, wenn es den Strafrahmen bereits aus anderem Grund gemildert hat, etwa auf Grund des vorrangig zu prüfenden § 49 Abs. 1 StGB (Fischer, StGB 56. Aufl. § 49 Rdn. 5; § 50 Rdn. 7 m. w. N.). Von der Milderungsmöglichkeit des § 49 Abs. 2 StGB Gebrauch zu machen steht im Ermessen des Gerichts; es kann den vertypten Grund stattdessen auch als allgemeinen Strafmilderungsgrund berücksichtigen. In welcher Weise die Kammer ihr Ermessen ausgeübt hat, teilen die Urteilsgründe indes nicht mit. Es bleibt offen, ob sie das nach § 29 Abs. 3 BtMG, §§ 21, 49 Abs. 1 Nr. 3 StGB errechnete (erhöhte) Mindestmaß nochmals abgesenkt oder dieses beibehalten hat. Hierdurch ist der Angeklagte beschwert, denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht von einer erhöhten Strafrahmengrenze ausgegangen ist, ohne deren Absenken auf das gesetzliche Mindestmaß gemäß §§ 31 BtMG, 49 Abs. 2 StGB zu erwägen. Dies kann sich auf die Bemessung der Einzelstrafen ausgewirkt haben.
3. Schließlich hat auch der Maßregelausspruch keinen Bestand.
a) Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Das Landgericht hat zwar bei der Erörterung des Maßregelausspruchs festgestellt, der Angeklagte sei drogenabhängig; seine Sucht und der hiervon ausgehende Beschaffungsdruck seien ursächlich für die abzuurteilenden Taten gewesen. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den Darlegungen zu § 21 StGB. Danach konnte das Landgericht eine verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten wegen verbliebener Zweifel an einer Abhängigkeit und am Bestehen eines Beschaffungsdrucks lediglich nicht ausschließen.
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 Satz 1 StGB setzt indes die sichere Feststellung eines Hangs voraus, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Kann dieser Hang lediglich nicht ausgeschlossen werden, so ist für eine Unterbringung kein Raum (BGH NStZ-RR 2003, 106, 107). Die widersprüchlichen Feststellungen hierzu vermögen somit die Maßregelanordnung nicht zu tragen. 19 Wird die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zu Unrecht angeordnet, ist der Angeklagte hierdurch auch beschwert.
b) Überdies hat das Landgericht § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB nicht beachtet. Nach dieser Vorschrift soll das Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist; dabei ist dieser Teil der Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung über die Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung nach § 67 Abs. 5 Satz 1 StGB möglich ist. Auch durch die Nichtanwendung von § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB ist der Angeklagte beschwert, weil die von § 67 Abs. 1 StGB abweichende Vollstreckungsreihenfolge auch der Sicherung des Therapieerfolges dient und bei dessen Eintritt die Möglichkeit besteht, dass der Angeklagte unter Anrechnung der Unterbringungsdauer schon zum Halbstrafenzeitpunkt entlassen wird (BGH, Beschl. vom 21. August 2007 - 3 StR 263/07; vgl. Fischer aaO § 67 Rdn. 10).
4. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Dessen weitergehendes Rechtsmittel erweist sich daher als unbegründet.
II. Revision der Staatsanwaltschaft
1. Auch das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II 3, der zugehörigen Einzelstrafe und der Gesamtstrafe.
a) Rechtsfehlerfrei ist zwar die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich durch die Verwahrung des Teils des Kokaingemischs, den seine Auftraggeber nach Abholung der Betäubungsmittel selbst gewinnbringend veräußern wollten, lediglich der Beihilfe zu deren Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge schuldig gemacht.
Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts (BGHSt 51, 219, 221). Es bedarf einer wertenden Betrachtung aller von der Vorstellung der Beteiligten umfassten Umstände; wesentliche Kriterien können das eigene Interesse am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein (Fischer aaO vor § 25 Rdn. 4 m. w. N.). Bei der Einbindung in Umsatzgeschäfte kommt es darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (BGH aaO S. 222 f.). Nicht ausschlaggebend ist die Frage der Entlohnung. Kann der Beteiligte, wie etwa ein reiner Kurier, auf das eigentliche Umsatzgeschäft keinen Einfluss nehmen, so ist er Gehilfe, auch wenn er für seine Tätigkeit entlohnt wird (BGH aaO S. 223).
Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht die Tathandlung des Angeklagten insoweit zutreffend nur als Beihilfe bewertet. Die dem Angeklagten obliegende kurzfristige Verwahrung war im Rahmen des von seinen Auftraggebern geplanten Verkaufs der Kokainmenge erkennbar von untergeordneter Bedeutung. In die Verkäufe selbst sollte der Angeklagte nicht eingebunden sein, Lieferanten und Abnehmer blieben ihm unbekannt. Auch ein eigenes Interesse des Angeklagten an der Veräußerung des Kokains bestand nicht, da die ihm zugesagte Entlohnung nicht von einem Verkaufserfolg abhängen sollte. Seine Stellung kam der eines reinen Kuriers gleich.
b) Indes hat das Landgericht nicht bedacht, dass für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schon deren absatzorientierte Beschaffung genügt. Der Tatbestand ist bereits dann erfüllt, wenn der Täter einen Dritten ernsthaft verpflichtet hat, ihm die zur Veräußerung bestimmten Betäubungsmittel zu liefern (Weber aaO Rdn. 343, 331). Dies kann hier hinsichtlich der dem Angeklagten versprochenen 25 Gramm des Kokaingemischs der Fall sein. Dass sich der Angeklagte diese versprechen ließ, um sie ganz oder teilweise zu veräußern, liegt nach den Feststellungen nahe. Hiermit hätte sich das Landgericht auseinandersetzen müssen.
2. Ebenfalls auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben ist der Strafausspruch im Übrigen. Die Zubilligung der Strafmilderung nach § 31 Nr. 1 BtMG ist nicht frei von Rechtsfehlern, die den Angeklagten begünstigen.
Das Landgericht stellt fest, dass der Angeklagte die Zeugen H. und R. als Lieferanten des in den Fällen II 1 und 2 veräußerten und als Überbringer des im Fall II 3 verwahrten Kokains bezeichnet hat. Es hält diese Aussage insbesondere deshalb für glaubwürdig, weil beim Angeklagten kein Motiv erkennbar sei, die Zeugen zu Unrecht zu belasten. Selbst wenn Zweifel an der vollumfänglichen Richtigkeit der Darstellung des Angeklagten bestünden, ließen sich diese nicht zur sicheren Gewissheit der Strafkammer widerlegen.
Dies lässt besorgen, dass das Landgericht die rechtlichen Anforderungen an die Feststellung eines Aufklärungserfolgs im Sinne von § 31 Nr. 1 BtMG verkannt hat. Ein Aufklärungserfolg setzt voraus, dass die Strafverfolgungsbehörden auf Grund der Angaben des Angeklagten abgesicherte Erkenntnisse zu Tatgenossen und deren Tatbeiträgen gewonnen haben. Für die Frage, ob ein Aufklärungserfolg vorliegt, kommt es entscheidend auf die Überzeugung des Tatrichters in der Hauptverhandlung an; der Zweifelssatz ist nicht anzuwenden (BGH NStZ 2003, 162 m. w. N.). Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der belastenden Aussage ist es regelmäßig ein wesentlicher Gesichtspunkt, ob sich der Angeklagte hierdurch in seinem Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG entlasten wollte (vgl. Weber, BtMG 3. Aufl. § 31 Rdn. 142 m. w. N.).
Damit, dass ein Bemühen um Strafmilderung Beweggrund des Angeklagten für die Belastung der Zeugen gewesen sein könnte, hat sich das Landgericht indes nicht auseinandergesetzt. Naheliegend wäre dies auch deshalb gewesen, weil die weiteren Darlegungen ohnehin auf Zweifel des Landgerichts an der Glaubhaftigkeit der Aussage schließen lassen. Solche Zweifel hätten auch schon für sich die Feststellung eines Aufklärungserfolgs ausgeschlossen.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt gemäß § 301 StPO weiter zur Aufhebung des Urteils im Ausspruch über die Maßregel, da die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt rechtsfehlerhaft ist (oben I. 3.).
Ihr Rechtsmittel erfasst - auch wenn es, wie der Vertreter der Bundesanwaltschaft in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausgeführt hat, auf das Fehlen einer Entscheidung zur Vollstreckungsreihenfolge beschränkt sein sollte - die Anordnung der Maßregel insgesamt; die Beschränkung auf die unterbliebene Entscheidung über die Reihenfolge der Vollstreckung gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB wäre nicht wirksam, da nach den tatrichterlichen Feststellungen schon Zweifel blieben, ob beim Angeklagten der Hang besteht, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 48).
4. Schließlich hat die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg, soweit das Landgericht von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen hat.
Das Landgericht hat dies damit begründet, dass der Wert des Erlangten im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist (§ 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB). Im Gegensatz dazu hat es an anderer Stelle im Urteil ausdrücklich festgestellt, dass beim Angeklagten eine erhebliche Summe Bargeld in szenetypischer Stückelung sichergestellt worden sei.
III. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Hinsichtlich der dem Angeklagten versprochenen Teilmenge aus dem verwahrten Kokaingemisch (oben II. 1. b) sind mehrere Fallgestaltungen denkbar.
a) Schiede insoweit nach den neuen Feststellungen ein Handeltreiben des Angeklagten aus, bliebe Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; die Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge stünde hiermit in Tateinheit. Eine Verurteilung allein wegen Beihilfe zum Handeltreiben würde den Unrechtsgehalt der Tat nicht erschöpfen, weil darin nicht zum Ausdruck käme, dass der Angeklagte die Verfügungsmacht über das Betäubungsmittel innehatte (Weber aaO § 29 Rdn. 1244 m. w. N.).
b) Hätte der Angeklagte mit einer Menge Handel getrieben, welche die Qualifikation des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht erreicht, träte zum Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nebst Beihilfe zum Betäubungsmittelhandel in nicht geringer Menge tateinheitlich ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 (i. V. m. Abs. 3 Satz 2 Nr. 1) BtMG hinzu. Hinter andere, nicht zum Verbrechen aufgestufte Begehungsformen tritt der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht zurück (Weber aaO § 29 a Rdn. 170 m. w. N.).
c) Hätte der Angeklagte dagegen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben, bestünde zwar Tateinheit mit einer Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da jeweils ein anderer Teil der Gesamtmenge betroffen wäre. Indes träte der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück; im Verhältnis zu anderen Begehungsformen, die ihrerseits Verbrechen sind, bleibt der Besitz Auffangtatbestand, weil er gegenüber den anderen Alternativen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geringeren Unrechtsgehalt aufweist (Weber aaO § 29 Rdn. 1249 f.; § 29 a Rdn. 172 jew. m. w. N.).
2. Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt ein Mitsichführen des Gegenstands, also dessen Griffnähe voraus. Wird der Gegenstand, wie hier der Schreckschussrevolver, in einem anderen Raum in einem Behältnis verwahrt, ist Griffnähe nicht ohne weiteres gegeben; es bedarf einer konkreten Darlegung der räumlichen Verhältnisse (BGH NStZ 2000, 433). Einen mitgeführten Gegenstand, der keine Schusswaffe ist, muss der Täter zur Verletzung von Personen bestimmt haben. Dies ist hinsichtlich des Klappmessers nicht festgestellt; bei einem Messer der beschriebenen Art liegt dies auch nicht so nahe, dass auf Ausführungen dazu verzichtet werden könnte (vgl. BGHSt 43, 266, 267 f.).
HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 987
Bearbeiter: Ulf Buermeyer