Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 212/02, Beschluss v. 11.02.2003, HRRS-Datenbank, Rn. X
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 16. August 2001 wird
a) der ihn betreffende Schuldspruch dahin berichtigt, daß der Angeklagte des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Mord in sechs Fällen und versuchtem Mord in zwei Fällen schuldig ist,
b) die in den Urteilsgründen bei der Feststellung der besonderen Schuldschwere getroffene Anordnung einer Mindestverbüßungsdauer von 20 Jahren aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels sowie die den Nebenklägern dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion mit Todesfolge in Tateinheit mit sechsfachem Mord und zweifachem Mordversuch" zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und fest gestellt, daß seine Schuld im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB besonders schwer wiegt. Außerdem hat es ihn und den Mitangeklagten N. als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgelds an eine Nebenklägerin verurteilt. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
Der Schuldspruch wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion ist dahin zu berichtigen, daß der Zusatz "mit Todesfolge" entfällt. Zu Recht hat das Landgericht insoweit den zur Tatzeit geltenden § 311 StGB aF angewandt (§ 2 Abs. 1 StGB). Nach dieser Vorschrift verwirklichte der Täter, der durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen verursachte, im Unterschied zum heutigen Recht (vgl. § 308 Abs. 3 StGB) keinen Qualifikationstatbestand, sondern das Regelbeispiel eines besonders schweren Falles (§ 311 Abs. 2 und Abs. 3 StGB aF). Die Anwendung einer solchen Strafzumessungsvorschrift wird im Schuldspruch nicht erwähnt (st. Rspr., vgl. BGH NStZ 2002, 656).
Die Anordnung einer Mindestverbüßungsdauer von 20 Jahren in den Urteilsgründen hat keinen Bestand. Das erkennende Gericht hat die besondere Schuldschwere im Sinne von § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB festzustellen sowie die dafür erheblichen Tatsachen darzustellen und zu gewichten, um für das Vollstreckungsverfahren klare Vorgaben zu liefern (BVerfGE 86, 288, 315 ff.). Es hat sich jedoch jeglicher Feststellungen zur Verbüßungsdauer zu enthalten, weil für die nach §§ 57 a, 57 b StGB zu treffenden Entscheidungen ausschließlich die Strafvollstreckungskammer zuständig ist (§§ 462 a, 454 StPO). Die somit unzulässige Angabe einer Mindestverbüßungsdauer in den Urteilsgründen entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung; gleichwohl ist der Angeklagte durch den von dieser Festlegung ausgehenden Rechtsschein beschwert (BGH NStZ 1997, 277; BGH StV 2003, 17). Sie war deshalb auf seine Revision hin aufzuheben.
Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf die Revisionsrechtfertigung hin keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Bearbeiter: Ulf Buermeyer