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Bearbeiter: Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 234/01, Beschluss v. 18.07.2001, HRRS-Datenbank, Rn. X


BGH 3 StR 234/01 - Beschluß v. 18. Juli 2001 (LG Mönchengladbach)

Körperverletzung mit Todesfolge; Strafschärfung wegen besonderer Pflichtwidrigkeit (der Tathandlung mit unkontrollierbaren Folgen; Erhöhte Handlungsintensität); Nachtatverhalten und Verteidigungsverhalten; Mißhandlung einer Schutzbefohlenen

§ 227 StGB; § 46 StGB; § 225 StGB

Leitsatz des Bearbeiters

Es darf dem Täter nicht angelastet werden, daß er versucht, sich der Strafverfolgung zu entziehen (vgl. BGHR StGB § 46 II Nachtatverhalten 13, 17). Anders verhält es sich indessen, wenn der Täter dadurch neues Unrecht schafft oder er mit seinem Verhalten weitere Ziele verfolgt, die ein ungünstiges Licht auf ihn werfen (BGH NStZ-RR 1997, 99, 100 m.w.Nachw.).

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 15. Dezember 2000 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat

1. Das Landgericht hat bei der Verurteilung nach § 227 Abs. 1 StGB strafschärfend gewertet, daß der Angeklagte "aus nichtigem Anlaß ein wehrloses Kleinkind roh mißhandelt und mit dem wuchtigen Schlag, der zwangsläufig dessen Sturz verursachen mußte und vorhersehbar zu einem unkontrollierten, ungeschützten heftigen Aufprall gegen die in unmittelbarer Nähe des Kindes befindliche Türzarge oder Kommode führen konnte, eine naheliegend das Leben gefährdende Behandlung vorgenommen hat" (UA S. 26/27). Das begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Denn aus dem im Urteil dargestellten Zusammenhang ergibt sich, daß das Landgericht ersichtlich dem Angeklagten mit dieser Formulierung ein besonders hohes Maß an Pflichtwidrigkeit und eine über die bloße Tatbestandsverwirklichung der Körperverletzung mit Todesfolge deutlich hinausgehende, das Verhalten des Angeklagten in die Nähe des bedingten Tötungsvorsatzes rückende, erhöhte Handlungsintensität zur Last legen wollte.

2. Auch die strafschärfende Erwägung, daß der Angeklagte "aus eigensüchtigen Motiven, nämlich um sich nicht der Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen auszusetzen und um das Sorgerecht seiner Lebensgefährtin nicht zu gefährden, die zum Wohl des Kindes offensichtlich gebotene ärztliche Untersuchung und zumindest schmerzlindernde Behandlung unterlassen" hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zwar darf dem Täter nicht angelastet werden, daß er versucht, sich der Strafverfolgung zu entziehen (vgl. BGHR StGB § 46 II Nachtatverhalten 13, 17; BGH bei Detter NStZ 2000, 579). Anders verhält es sich indessen, wenn der Täter dadurch neues Unrecht schafft oder er mit seinem Verhalten weitere Ziele verfolgt, die ein ungünstiges Licht auf ihn werfen (BGH NStZ-RR 1997, 99, 100 m.w.Nachw.). Dadurch, daß der Angeklagte dem erkennbar schwer kopfverletzten Kleinkind zwei Wochen lang bis zu dessen Tod jede ärztliche Hilfe und Schmerzlinderung verweigert hat, hat er neues Unrecht - der Sache nach Mißhandlung einer Schutzbefohlenen in Form des böswilligen Vernachlässigens, jedenfalls aber eine weitere Körperverletzung durch Unterlassen - verwirklicht. Ein solches Verhalten würde, läge ein vorsätzliches Tötungsdelikt vor, die Prüfung eines Verdeckungsmordes nahelegen.

Bearbeiter: Karsten Gaede