Bearbeiter: Rocco Beck
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 527/91, Beschluss v. 25.03.1992, HRRS-Datenbank, Rn. X
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 5. August 1991 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch wendet. Der Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung ist hingegen auf die Sachbeschwerde aufzuheben.
Die Anordnung der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht auf § 66 Abs. 1 StGB gestützt. Als Symptomtaten im Sinne von § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB hat es dabei Sexualstraftaten angesehen, die zu Verurteilungen des Angeklagten durch das Landgericht Köln und das australische Appellationsgericht für Strafsachen geführt hatten. Zu diesen Strafverfahren ist festgestellt worden:
1. Das Landgericht Köln hatte den Angeklagten am 29. Oktober 1981 wegen versuchter Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Nach Aufhebung dieses Urteils im Strafausspruch durch den Bundesgerichtshof am 30. April 1982 ist der Angeklagte am 7. Januar 1987 vom Landgericht Köln zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden.
2. Am 23. Februar 1984 hat das australische Appellationsgericht für Strafsachen den Angeklagten wegen im Februar 1982 und Anfang 1983 begangener Sexualstraftaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vierzehn Jahren verurteilt.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht erfüllt. Sicherungsverwahrung darf hiernach nur angeordnet werden, wenn die zur zweiten Vorverurteilung führenden Taten nach Rechtskraft der ersten Vorverurteilung begangen worden sind (BGHSt 35, 6, 12). Daß diese Voraussetzung für die im Februar 1982 begangene Tat nicht vorlag, ist evident. Der Erörterung bedarf nur die Frage, ob für die Anfang 1983 begangene Tat deshalb etwas anderes gilt, weil der Schuldspruch des landgerichtlichen Urteils vom 29. Oktober 1981 bereits am 30. April 1982 aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs von diesem Tage in Rechtskraft erwachsen war. Der Senat verneint diese Frage. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB ist nur gerechtfertigt, wenn der Täter vor Begehung der neuen Tat die Warnfunktion eines Strafurteils zweimal mißachtet hat (BGH a.a.O. m.w.N.). Dabei kommen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 StGB nur erhebliche Vorverurteilungen in Betracht, nämlich Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von mindestens einem Jahr. Die Warnfunktion einer Bestrafung ist daher untrennbar mit dem Strafausspruch verbunden, ihre Mißachtung kann erst in Betracht kommen, wenn die Höhe der Strafe rechtskräftig feststeht.
Externe Fundstellen: BGHSt 38, 258; NJW 1992, 1840; NStZ 1992, 328; StV 1992, 318
Bearbeiter: Rocco Beck