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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1417

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede

Zitiervorschlag: BGH, StB 45/24, Beschluss v. 06.08.2024, HRRS 2024 Nr. 1417


BGH StB 45/24 - Beschluss vom 6. August 2024

Pflichtverteidigerbestellung (Eröffnung des Tatvorwurfs).

§ 141 Abs. 1 Satz 1 StPO

Entscheidungstenor

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 10. Juli 2024 wird verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

I.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 10. Juli 2024 einen Antrag des Beschwerdeführers auf Bestellung eines Pflichtverteidigers abgelehnt, weil gegen ihn ausweislich einer Mitteilung des Generalbundesanwalts dort kein Ermittlungsverfahren geführt werde. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde vom 17. Juli 2024. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, das Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die gemäß § 142 Abs. 7 Satz 1, § 304 Abs. 5 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 311 Abs. 2 StPO) sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Pflichtverteidigerbestellung zu Recht abgelehnt, weil gegen ihn nach Auskunft des Generalbundesanwalts dort kein Ermittlungsverfahren geführt wird.

Damit kommt die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht in Betracht. Denn diese setzt gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 StPO voraus, dass die betreffende Person Beschuldigter in einem Strafverfahren ist und die Strafverfolgungsbehörde ihr durch amtliche Mitteilung oder auf sonstige Art und Weise die Einleitung gegen sie gerichteter Ermittlungen zur Kenntnis gebracht hat. Vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie im Zeitraum noch nicht offen geführter Ermittlungen ist für eine Pflichtverteidigerbestellung kein Raum (vgl. BT-Drucks. 19/13829, S. 36 f.; BGH, Beschluss vom 9. Februar 2023 - StB 3/23, NStZ 2023, 686 Rn. 6; MüKoStPO/Kämpfer/Travers, 2. Aufl., § 141 Rn. 13; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 141 Rn. 3, 16). Dementsprechend sind Anträge auf Pflichtverteidigerbestellung, die bereits vor der amtlichen Bekanntgabe des Tatvorwurfs, etwa aufgrund von Vermutungen über die Einleitung eines Strafverfahrens, gestellt werden, unzulässig (vgl. BT-Drucks. 19/13829, S. 36; MüKoStPO/Kämpfer/Travers, 2. Aufl., § 141 Rn. 2; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 141 Rn. 3).

Der vom Antragsteller im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geltend gemachte Umstand, er sei von einem internen Prüfvorgang des Generalbundesanwalts betroffen („ARP-Verfahren“; vgl. zur Erfassung von Vorermittlungen, nicht aber Ermittlungsverfahren, im ARP-Register - Allgemeines Register für Staatsschutzstrafsachen - BGH, Beschluss vom 19. August 2020 - 6 BGs 95/20, juris Rn. 7) und besorge die Einleitung eines gegen ihn gerichteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens des Generalbundesanwalts, vermag daher selbst dann, wenn diese Annahmen zutreffend sein sollten, keinen Anspruch auf Pflichtverteidigerbestellung zu begründen.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1417

Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede