HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 595
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 ARs 446/24, Beschluss v. 26.02.2025, HRRS 2025 Nr. 595
1. Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts ? Jugendrichter ? Hagen vom 24. April 2024 wird aufgehoben.
2. Dieses Gericht ist für die Untersuchung und Entscheidung der Sache weiter zuständig.
Die Jugendrichter der Amtsgerichte Hagen und Germersheim streiten um die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung in einer Jugendstrafsache.
Die Staatsanwaltschaft Hagen hat gegen die Angeklagte am 2. Januar 2024 beim Amtsgericht - Jugendrichter - Hagen Anklage wegen Diebstahls erhoben. Die Jugendrichterin hat die Anklage mit Beschluss vom 12. März 2024 zur Hauptverhandlung zugelassen, das Hauptverfahren eröffnet und einen Hauptverhandlungstermin bestimmt. Nachdem die Angeklagte zu ihrer Mutter in den Bezirk des Amtsgerichts Germersheim gezogen ist, hat die Jugendrichterin den Hauptverhandlungstermin aufgehoben und mit Beschluss vom 24. April 2024 das Verfahren mit dem Hinweis auf den Wohnsitzwechsel gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 JGG an das Amtsgericht Germersheim abgegeben. Der Jugendrichter des Amtsgerichts Germersheim hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das Amtsgericht Hagen hat die Sache sodann mit Beschluss vom 12. November 2024 dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
1. Der Bundesgerichtshof ist als gemeinschaftliches oberes Gericht des Amtsgerichts Hagen (Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm) und des Amtsgerichts Germersheim (Bezirk des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken) für die Entscheidung gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG zuständig.
2. Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts Hagen vom 24. April 2024 ist aus mehreren Gründen aufzuheben. Für die Verhandlung und Entscheidung ist weiterhin die Jugendrichterin des Amtsgerichts Hagen zuständig.
Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Zuschrift vom 16. Dezember 2024 unter anderem ausgeführt:
„Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts Hagen vom 24. April 2024 lässt bereits nicht erkennen, ob sich die Jugendrichterin bewusst gewesen ist, dass eine Abgabeentscheidung gemäß § 42 Abs. 3 JGG im pflichtgemäßen Ermessen steht und deshalb einer sachlichen Begründung bedarf (vgl. Senat, Beschluss vom 4. August 2021 - 2 ARs 200/21). Der bloße Hinweis auf den Wohnsitzwechsel der Angeklagten war insoweit nicht ausreichend, denn er benennt nur die Voraussetzung, unter der das richterliche Ermessen eröffnet ist, ersetzt jedoch keine Auseinandersetzung mit dem Für und Wider einer Abgabe.
Im Übrigen ist eine Abgabe nach § 42 Abs. 3 JGG hier auch unzweckmäßig, denn sie ist aus verfahrensökonomischer Sicht nicht vertretbar. Die Jugendrichterin in Hagen hat bereits über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden und ist mit der Sache vertraut. Bei einer Abgabe müssten - worauf das Amtsgericht Germersheim zutreffend hinweist - im Rahmen der Beweisaufnahme Zeugen aus dem Raum Hagen aufwändig nach Germersheim anreisen, während eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Hagen nur für die [fast volljährige] Angeklagte selbst einen erhöhten Reiseaufwand zur Folge hätte, der ihr ohne Weiteres zugemutet werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2021 - 2 ARs 131/21, NStZ-RR 2021, 294 f.). […]“ Dem tritt der Senat bei.
HRRS-Nummer: HRRS 2025 Nr. 595
Bearbeiter: Felix Fischer/Karsten Gaede