HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1304
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 2 StR 64/24, Beschluss v. 06.06.2024, HRRS 2024 Nr. 1304
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 21. September 2023, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln schuldig ist,
b) aufgehoben im gesamten Strafausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an den Strafrichter beim Amtsgericht Rüsselsheim zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen kaufte der Mitangeklagte V. K. Ende Juni oder Anfang Juli 2021 ca. 150 g Kokain von einem unbekannten Lieferanten. Er verkaufte dieses Rauschgift gewinnbringend in mehreren Einzelfällen (Caps mit jeweils 0,5 g Kokain und einem Wirkstoffgehalt von 46,99 % Kokainhydrochlorid) in Mengen von jeweils ein bis maximal drei Caps weiter. Im Auftrag des Mitangeklagten übergab der Angeklagte aus dieser Menge an verschiedenen Tagen an unterschiedliche Abnehmer in insgesamt neun Fällen ein bis drei Caps.
2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen neun selbständiger Fälle der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Die Gehilfenakte des Angeklagten bezogen sich auf eine einzige Haupttat des Mitangeklagten V. K. und stellten damit aufgrund der Akzessorietät der Teilnahme ein einheitliches Beihilfedelikt dar. Der Umstand, dass sich die Unterstützungsaktivitäten des Angeklagten auf unterschiedliche Veräußerungsgeschäfte des Haupttäters bezogen, spielt demgegenüber konkurrenzrechtlich keine Rolle, weil dessen Veräußerungsakte zu einer Bewertungseinheit verschmolzen sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2012 - 4 StR 99/12, juris Rn. 12; vom 6. April 2017 - 3 StR 5/17, juris Rn. 13; Beschlüsse vom 2. September 2008 - 5 StR 356/08, juris Rn. 5; vom 21. Januar 2014 - 1 StR 664/13, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 15; vom 8. Februar 2024 - 6 StR 600/23, NStZ-RR 2024, 175). Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts hat sich der Angeklagte nicht der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) schuldig gemacht. Denn den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass dem Angeklagten bekannt war, dass sich seine Gehilfenakte auf die Förderung des Verkaufs einer nicht geringen Menge von Betäubungsmitteln bezogen (vgl. zum Vorsatzerfordernis BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2000 - 2 StR 155/00, juris Rn. 5; Patzak, in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29a Rn. 122; vgl. auch allgemein zum doppelten Gehilfenvorsatz BGH, Beschluss vom 15. März 2022 - 2 StR 302/21, juris Rn. 11).
b) Da nicht zu erwarten ist, dass sich zum Vorstellungsbild des Angeklagten in einer neuen Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen treffen lassen, ändert der Senat den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
3. Die Abänderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der neun Einzelstrafen. Eine Aufrechterhaltung der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten als neue Einzelstrafe kam nicht in Betracht. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Tatgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung eine mildere Strafe zugemessen hätte.
4. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Da die Strafgewalt des Strafrichters für den verbleibenden Tatvorwurf ausreicht, macht der Senat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 3 StPO Gebrauch und verweist die Sache an das zuständige Amtsgericht Rüsselsheim - Strafrichter - zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2017 - 2 StR 395/16, juris Rn. 6 mwN).
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1304
Bearbeiter: Julia Heß/Karsten Gaede