HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1186
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, StB 51/23, Beschluss v. 23.08.2023, HRRS 2023 Nr. 1186
Auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wird
1. der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Juli 2023 aufgehoben, soweit das Hauptverfahren
a) vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Bochum eröffnet sowie
b) im Übrigen aus Rechtgründen nicht eröffnet und die Anklage nicht zur Hauptverhandlung zugelassen worden ist;
2. die Anklage des Generalbundesanwalts vom 28. April 2023 auch hinsichtlich der „Tat zu Ziffer 1“ der Anklageschrift zur Hauptverhandlung zugelassen mit der Änderung, dass die Tat rechtlich abweichend als Sichbereiterklären zur schweren Brandstiftung, strafbar gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 2 Variante 1 StGB, gewertet wird;
3. das Hauptverfahren insgesamt vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eröffnet.
Der Generalbundesanwalt wirft dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Düsseldorf erhobenen Anklage vor, durch zwei rechtlich selbständige Handlungen (1.) am 16. November 2022 in D. versucht zu haben, einen anderen zur Begehung einer schweren Brandstiftung zu bestimmen (§ 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 StGB), und (2.) am 17. November 2022 in B. versucht zu haben, eine Brandstiftung zu begehen (§ 306 Abs. 1 Nr. 1, §§ 22, 23 StGB). Das Oberlandesgericht hat die Anklage lediglich in Bezug auf den zweiten Vorwurf zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Bochum eröffnet. Im Übrigen hat es das Hauptverfahren aus Rechtsgründen nicht eröffnet. Dagegen wendet sich der Generalbundesanwalt mit seiner sofortigen Beschwerde. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Mit der Anklageschrift wird dem Angeklagten zusammengefasst folgendes Geschehen hinsichtlich der „Tat zu Ziffer 1“ zur Last gelegt:
Der aus dem Iran stammende Angeklagte habe ein bekanntschaftliches Verhältnis zu einem iranischen Staatsangehörigen gepflegt. Dieser sei durch staatliche iranische Stellen instruiert worden und habe den Angeklagten am Mittag des 16. November 2022 telefonisch aufgefordert, am Folgetag gegen 23 Uhr einen Brandsatz auf eine noch näher zu bezeichnende Synagoge in der Nähe des Wohnorts des Angeklagten zu werfen. Dieser solle ihm bis 21 Uhr desselben Tages über seine Bereitschaft Bescheid geben. Der Angeklagte habe es so verstanden, dass es sich um die Synagoge in D. handele. Da er sich zunächst nicht zugetraut habe, den Anschlag allein auszuführen, habe er sich am Nachmittag des 16. November 2022 mit einem Dritten getroffen und ihn aufgefordert, am nächsten Tag gemeinsam einen Brandanschlag auf die Synagoge in D. zu verüben. Nach dem Treffen habe sich der Angeklagte gegen 19 Uhr gegenüber seinem Auftraggeber bereiterklärt, den Anschlag auszuführen. Der Dritte habe dem Angeklagten jedoch rund eine Stunde später mitgeteilt, sich an der Tat nicht beteiligen zu wollen, sich am nächsten Tag an die Polizei gewandt und dies dem Angeklagten dann gegen 17 Uhr eröffnet.
Am Morgen des 17. November 2022 habe der Auftraggeber dem Angeklagten per Videotelefonat die Synagoge in B. als Ziel des geplanten Anschlags benannt. Der Angeklagte habe keine andere Möglichkeit gesehen, als den Brandanschlag allein auszuführen. Er habe einen Brandsatz vorbereitet und am Abend das ihm bis dahin unbekannte Areal um die Synagoge erkundet. Da die Synagoge gut beleuchtet und erkennbar videoüberwacht gewesen sei, habe er aus Angst vor Entdeckung den ursprünglichen Plan aufgegeben, den mitgeführten „Molotow-Cocktail“ auf die Synagoge zu werfen.
Darauf folgt als weiterer Vorwurf („Tat zu Ziffer 2“), dass der Angeklagte den Brandsatz gegen die Fassade eines nahegelegenen Schulgebäudes geworfen habe.
Die nach § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 2 Alternative 1, Nr. 3 Alternative 2 StPO insgesamt statthafte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 1980 - StB 32/80, BGHSt 29, 341, 342) sowie auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts ist begründet. Soweit das Oberlandesgericht die Anklage nicht zur Hauptverhandlung zugelassen hat, sind die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens vor diesem und in der Folge auch für die gemeinsame dortige Verhandlung des weiteren Tatvorwurfs gegeben. Indes ist die Tat rechtlich abweichend zu würdigen.
1. Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 2003 - StB 3/03, BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2 mwN; vom 29. November 2018 - StB 34/18, BGHSt 63, 288 Rn. 16). Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; damit wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit verlangt, als dies beim dringenden Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 oder § 126a StPO der Fall ist (vgl. BGH aaO). Erst recht ist zur Eröffnung des Hauptverfahrens nicht die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung erforderlich. Der Bundesgerichtshof hat als Beschwerdegericht das Wahrscheinlichkeitsurteil des Oberlandesgerichts und dessen rechtliche Bewertung in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu würdigen (BGH, Beschlüsse vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238 Rn. 24 ff.; vom 29. November 2018 - StB 34/18, BGHSt 63, 288 Rn. 16).
2. Hieran gemessen besteht eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung in Bezug auf den ersten Tatvorwurf. Soweit sich das dem Angeklagten zur Last gelegte Geschehen voraussichtlich erweisen lassen wird, ist dies rechtlich nicht als versuchte Anstiftung, sondern als - vom Anklagevorwurf erfasstes - Sichbereiterklären zur schweren Brandstiftung zu bewerten. Es ist nach derzeit maßgeblicher Verdachtslage nicht wahrscheinlich, dass der Angeklagte sein Vorhaben freiwillig aufgab und somit einer Verurteilung wegen eines Versuchs der Beteiligung ein Rücktritt davon (§ 31 Abs. 1 StGB) entgegensteht.
a) Neben den Unterhaltungen des Angeklagten mit dem von ihm angesprochenen Dritten ist die Kommunikation mit seinem im Iran ansässigen Auftraggeber und die insofern in Betracht kommende Strafbarkeit wegen eines Versuchs der Beteiligung an einer schweren Brandstiftung vom Anklagevorwurf im Sinne des § 264 StPO ebenfalls umfasst. Der Anklagesatz schildert das entsprechende Geschehen, das in sachlichem, motivatorischem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Bemühen stand, den Dritten als weiteren Beteiligten für die in Aussicht genommene Tat zu gewinnen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 30. April 2009 - 4 StR 60/09, BGHR StPO § 264 Abs. 1 Tatidentität 48 Rn. 5 f.).
b) Der in der Anklageschrift erhobene Tatvorwurf als solcher wird, wie auch vom Oberlandesgericht nicht in Abrede gestellt und durch die im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen aufgezeigte Beweislage belegt, in einer Hauptverhandlung hinreichend wahrscheinlich nachzuweisen sein. Auf dieser Grundlage ist das dem Angeklagten zur Last liegende Geschehen als Sichbereiterklären zur schweren Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB) - zum einen gegenüber dem Auftraggeber im Iran, zum anderen gegenüber dem Dritten - einzuordnen.
aa) Voraussetzung für ein Sichbereiterklären ist die ernstgemeinte, mit Bindungswillen gegenüber dem Adressaten abgegebene Kundgabe der eigenen Bereitschaft zur täterschaftlichen Verwirklichung eines Verbrechens. Dies kann entweder in Form der Annahme einer Aufforderung oder als aktives Erbieten geschehen (s. BGH, Beschluss vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96 Rn. 11 mwN). Im letzteren Fall gilt dies jedenfalls dann, wenn der Erbietende als präsumtiver Täter seinen Tatentschluss unter die Bedingung der Annahme seines Erbietens stellt (s. zu diesem „echten“ Erbieten in Abgrenzung zum bereits bei Kundgabe der Bereitschaft fest zur Tat Entschlossenen BGH, Beschlüsse vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96 Rn. 11; vom 17. Februar 2022 - 4 StR 282/21, NStZ 2022, 539 Rn. 8 mwN).
Neben dem Sichbereiterklären zu einem Verbrechen ist für eine Verurteilung wegen versuchter Anstiftung zur mittäterschaftlichen Begehung der nämlichen Tat kein Raum. Derjenige, der sich selbst zu einem Verbrechen bereiterklärt, kann mit Blick auf den Gesetzeswortlaut nicht auch wegen versuchter Anstiftung eines anderen zu derselben Tat verurteilt werden (s. BGH, Beschlüsse vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, BGHSt 62, 96 Rn. 15 ff.; vom 22. Dezember 1993 - 5 StR 705/93, BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Konkurrenzen 4).
bb) Demgemäß sind die Voraussetzungen eines Sichbereiterklärens nach dem durch Beweismittel hinreichend belegten Anklagevorwurf in zweierlei Hinsicht gegeben.
So erklärte der Angeklagte seine Bereitschaft zur gemeinsamen Tatbegehung - als Mittäter - gegenüber dem von ihm angesprochenen Dritten, indem er ihn aufforderte, gemeinsam am Folgetag einen Brandanschlag auf die Synagoge in D. zu verüben, und dazu den Plan unterbreitete, er selbst werde Benzin um das Gebäude vergießen, während der Dritte darauf einen Brandsatz werfen solle. Der Angeklagte hatte sein Vorhaben ernst gemeint und war zu einer Tatbegehung unabhängig von dem Dritten noch nicht fest entschlossen, da er - so auch der Anklagesatz - sich zunächst nicht zutraute, den Brandanschlag allein auszuführen. Demnach kommt daneben, wie dargelegt, eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung des Dritten nicht in Betracht.
Des Weiteren erklärte sich der Angeklagte im Anschluss gegenüber seinem Auftraggeber bereit, einen Brandanschlag auf eine von diesem näher zu bezeichnende Synagoge zu begehen. Hierin ist nach der gegenwärtigen Beweislage im Sinne eines hinreichenden Verdachtes ebenfalls ein Sichbereiterklären zu sehen. Darüber hinaus kommt grundsätzlich auch in Betracht, dass sich der Angeklagte mit seinem Hintermann zur schweren Brandstiftung sogar verabredet haben könnte (§ 306a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 2 Variante 3 StGB); dies ginge dem Sichbereiterklären vor (LK/Schünemann/Greco, StGB, 13. Aufl., § 30 Rn. 80, 96; vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. September 1999 - 5 StR 217/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 5; Urteil vom 19. März 1996 - 1 StR 497/95, NJW 1996, 2239, 2242; BT-Drucks. IV/650 S. 154). Dafür ist es allerdings erforderlich, dass die in Aussicht genommene Tat als Mittäter begangen werden soll (s. BGH, Beschlüsse vom 14. Juli 2021 - 3 StR 132/21, NStZ-RR 2021, 338, 339 f.; vom 21. November 2018 - 1 StR 506/18, NStZ 2019, 655 Rn. 5 mwN). Obschon gewisse Anhaltspunkte eine Einordnung des Auftraggebers als Mittäter möglich erscheinen lassen, führen sie insofern bislang nicht zu einem hinreichenden Verdacht.
c) Von dem Versuch der Beteiligung ist der Angeklagte aufgrund der derzeit maßgeblichen Beweislage nicht im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB zurückgetreten.
Für die Straflosigkeit muss der präsumtive Täter sein Vorhaben freiwillig aufgeben. Unabhängig von den Anforderungen an die Aufgabe eines Vorhabens im Einzelnen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16. März 2011 - 5 StR 581/10, BGHR StGB § 31 Abs. 1 Nr. 2 Aufgeben 1 Rn. 24 mwN) sah der Angeklagte jedenfalls nicht freiwillig von der Tat ab. Der gegenteiligen, der Bewertung in der Anklageschrift folgenden Würdigung des Oberlandesgerichts ist - in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht - nicht zu folgen, das Ermittlungsergebnis gebe keinen Anhalt, „dass die Angst vor Entdeckung ein solches Ausmaß hatte, dass die Freiwilligkeit des Rücktritts in Frage stünde“.
Das Merkmal der Freiwilligkeit, das in § 31 Abs. 1 StGB in gleicher Weise auszulegen ist wie in § 24 StGB, ist als subjektives Element aus der Sicht des Täters zu beurteilen. Ob dieser freiwillig zurücktrat, hängt nach ständiger Rechtsprechung davon ab, ob er noch „Herr seiner Entschlüsse“ blieb und ob er die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich hielt (BGH, Urteil vom 23. Juli 1992 - 4 StR 209/92, BGHR StGB § 31 Abs. 2 Tatbegehung 1; Beschluss vom 23. April 1998 - 4 StR 150/98, NStZ 1998, 510; vgl. auch BGH, Urteile vom 16. Februar 1993 - 5 StR 463/92, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 19; vom 7. Oktober 1982 - 1 StR 615/83, NJW 1984, 2169 f.). Die Tataufgabe kann unfreiwillig sein, wenn sich der Täter mit einer ihm, verglichen mit der Tatplanung, derart ungünstigen Risikoerhöhung konfrontiert sieht, dass er das mit der Tat verbundene Wagnis nunmehr als unvertretbar hoch einschätzt (vgl. für den Rücktritt von der versuchten Tat nach § 24 Abs. 1 StGB etwa BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 1992 - 3 StR 187/92, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16; vom 19. Dezember 2006 - 4 StR 537/06, NStZ 2007, 265, 266; Urteil vom 10. April 2019 - 1 StR 646/18, NStZ 2020, 81 Rn. 9 mwN; dagegen für einen differenzierenden Ansatz Thalheimer, Die Vorfeldstrafbarkeit nach §§ 30, 31 StGB, 2008, S. 196 ff.).
Soweit bei einem Rücktritt nach § 24 StGB darauf abgestellt wird, dass sich die Risikolage aus Sicht des Täters nach Tatbeziehungsweise Versuchsbeginn verändert hat (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 1992 - 3 StR 187/92, BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16; vom 19. Dezember 2006 - 4 StR 537/06, NStZ 2007, 265, 266; LK/Murmann, StGB, 13. Aufl., § 24 Rn. 289), ist bei einem Rücktritt nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB mangels entsprechenden Beginns als maßgeblicher Zeitpunkt die jeweilige Vorbereitungshandlung heranzuziehen. Mithin kommt es bei § 31 Abs. 1 Nr. 2 StGB darauf an, ob sich die Risikoeinschätzung des Täters nach dem Sichbereiterklären entscheidend modifizierte. Der dagegen im Schrifttum geltend gemachte, für eine weitergehende Annahme von Freiwilligkeit herangezogene Einwand, es gehe bei einem Vorbereitungstäter eher um eine kühle Abwägung als um zwingende Hindernisse (so Thalheimer, Die Vorfeldstrafbarkeit nach §§ 30, 31 StGB, 2008, S. 196 f.), ließe sich ebenso bei einem Rücktritt nach Versuchsbeginn wegen unerwarteter Risikoerhöhung erheben und ist kein Grund für eine abweichende Beurteilung. Der gegenteilige Lösungsansatz setzte die Voraussetzungen für das Tatbestandsmerkmal der Freiwilligkeit deutlich herab und nähme diesem weitgehend seine Bedeutung. Entscheidend bleibt folglich wie sonst auch, ob der Täter das Wagnis angesichts neu hervorgetretener Umstände als unvertretbar hoch einschätzt. Ungeachtet dessen sind verbleibende Zweifel an der Freiwilligkeit des Rücktritts grundsätzlich zu Gunsten des Täters zu lösen (s. BGH, Urteil vom 10. April 2019 - 1 StR 646/18, NStZ 2020, 81 Rn. 9 mwN).
Gemessen daran gab der Angeklagte nach der hier maßgeblichen Verdachtslage die geplante Tat nicht freiwillig auf. Nachdem er das ihm zuvor unbekannte Tatobjekt näher erkundet hatte, fürchtete er angesichts der konkreten Umstände vor Ort eine Entdeckung und sah deshalb von seinem Vorhaben in Bezug auf die Synagoge ab. Nach vorläufiger Würdigung erachtete er damit letztlich das Risiko mit Blick auf die ihm zuvor - im Zeitpunkt des Sichbereiterklärens - unbekannte Videoüberwachung und Beleuchtung als so groß, dass es ihm unvertretbar erschien (vgl. zu einer zuvor nicht bemerkten Videokamera BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - 5 StR 150/18, juris Rn. 3 aE). Hierfür spricht indiziell, dass er nicht von einem Brandanschlag insgesamt Abstand nahm, sondern ein benachbartes, rund 200 Meter entfernt liegendes Tatobjekt wählte, das gerade die dargelegten Sicherheitsvorkehrungen nicht aufwies. Ein anderer Grund, aus dem er nicht die Synagoge, sondern ein anderes Gebäude angriff, wird im angefochtenen Beschluss nicht benannt und ist auch darüber hinaus nicht ersichtlich.
d) Für die hier zu treffende Entscheidung kommt es nicht auf die in dem angefochtenen Beschluss und der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage an, ob im Falle eines strafbefreienden Rücktritts vom Sichbereiterklären eine Strafbarkeit wegen versuchter Anstiftung möglich ist (vgl. zur Subsidiarität beim Rücktritt vom Versuch einer verabredeten Tat BGH, Beschluss vom 11. März 1999 - 4 StR 56/99, BGHR StGB § 30 Abs. 2 Verabredung 4; Urteil vom 22. Juni 1960 - 2 StR 114/60, BGHSt 14, 378, 380); denn aus den dargelegten Gründen wird sich in einer Hauptverhandlung voraussichtlich erweisen lassen, dass der Angeklagte sein Vorhaben nicht freiwillig aufgab.
e) Das Sichbereiterklären in Bezug auf den Brandanschlag auf eine Synagoge steht in Tatmehrheit zu der anschließenden versuchten Brandstiftung betreffend eine Schule. Die gesamten Planungen bezogen sich, ausgehend von den Vorgaben des Auftraggebers, auf eine Synagoge. Dem Anklagevorwurf zufolge entschloss sich der Angeklagte erst, als er dieses Vorhaben aufgab, dazu, eine Schule in Brand zu setzen, parkte daraufhin seinen Pkw an deren Rückseite und warf sodann den Brandsatz. Danach besteht zwischen seinen Handlungen kein solch unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit, dass sich sein gesamtes Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise für einen Dritten als ein einheitlich zusammengefasstes Tun darstellt und die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (vgl. zu den Voraussetzungen BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 17 mwN). So fasste der Angeklagte einen neuen Tatentschluss in Bezug auf ein anderes Tatobjekt. Überdies besteht durch die zwischenzeitliche Fahrt mit dem Pkw eine Zäsur zwischen den verschiedenen Handlungen.
3. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Düsseldorf ergibt sich aus § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Variante 5 Buchst. a GVG, § 7 Abs. 1 StPO. Die Tat zu 1. ist mit Blick auf das in Aussicht genommene Tatobjekt und die Veranlassung aus dem Ausland geeignet, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen. Zudem kommt ihr eine besondere Bedeutung zu (vgl. näher zu den Maßstäben BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 250 f., 253 f.; zu Anschlägen auf Synagogen BGH, Beschlüsse vom 23. April 2020 - AK 9/20, juris Rn. 34 ff.; vom 13. Juni 2023 - StB 29/23, juris Rn. 18). Die danach gegebene Zuständigkeit erfasst auch den - durch den angefochtenen Beschluss vor dem Amtsgericht Bochum eröffneten - Tatvorwurf zu 2. Die Tatvorwürfe stehen in einem derart engen persönlichen und deliktsspezifisch-sachlichen Zusammenhang, dass eine getrennte Verfolgung und Aburteilung auch unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern als in hohem Maße sachwidrig erschiene (vgl. zur Annexkompetenz BGH, Beschlüsse vom 12. August 2021 - 3 StR 441/20, BGHSt 66, 226 Rn. 14; vom 20. September 2012 - 3 StR 314/12, juris Rn. 20; vom 13. Januar 2009 - AK 20/08, BGHSt 53, 128 Rn. 39; Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl., § 120 Rn. 1).
HRRS-Nummer: HRRS 2023 Nr. 1186
Bearbeiter: Fabian Afshar/Karsten Gaede